Unterbringung von Flüchtlingen in Köln problematisch
Studie der TH Köln untersucht Situation in den Erstaufnahmeeinrichtungen
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„In den Kölner Erstaufnahmeeinrichtungen werden viele Flüchtlinge zurzeit nicht menschenwürdig untergebracht.“ Diese Schlussfolgerung zieht Prof. Dr. Markus Ottersbach von der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften der TH Köln aus einer Studie zur Situation von Flüchtlingen in Köln, die er zusammen mit Petra Wiedemann 2016 durchgeführt hat. Unter anderem fordert Ottersbach die Stadt auf, zu bereits beschlossenen Mindeststandards zurückzukehren und mehr Ressourcen bereit zu stellen. Die Studie wurde gefördert durch das Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterentwicklung (FGW).
Auch der Umstand, dass in einigen Unterkünften Kinder, Jugendliche und Erwachsene in einer Halle untergebracht sind, widerspreche dem Jugendschutz. Zudem würden zurzeit rund 300 schulpflichtige Flüchtlinge keinen Unterricht erhalten – entweder weil ihre Daten nicht korrekt erfasst wurden oder weil es an Schulplätzen fehlt.
Nicht zu viele Flüchtlinge, sondern zu wenige Ressourcen
Ottersbach kritisiert auch die unzureichende Ausstattung der Erstaufnahmeeinrichtungen: "Alle unsere Interviewpartner berichteten, dass es nicht zu viele Flüchtlinge gibt, sondern zu wenige Ressourcen, um die Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen." So seien beispielsweise deutlich zu wenig Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter eingestellt. "Empfehlenswert ist ein Verhältnis von 40 bis 60 Klienten pro Betreuungsperson. Bei Traumatisierten oder Jugendlichen eher weniger. Faktisch liegen wir häufig bei einem Verhältnis von eins zu 150."
Die befragten Entscheidungsträger in der Kölner Flüchtlingsarbeit waren sich ebenfalls einig, dass die Situation unter den Flüchtlingen sowie zwischen den Flüchtlingen und der einheimischen Bevölkerung schwierig bleiben wird, solange nicht genügend Wohnungen zur Verfügung stehen. "Eine dezentrale Unterbringung in eigenen Wohnungen, die sowohl ein eigenverantwortliches Leben als auch Privatsphäre und Rückzugsräume ermöglichen, sind der Schlüssel für eine bessere Integration und ein harmonisches Zusammenleben. Viele unserer Gesprächspartner berichten, wie die Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften nach und nach ihren Mut und ihre Motivation verlieren. Das sollten wir nicht zulassen", betont der Professor vom Institut für interkulturelle Bildung und Entwicklung.
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"Turnhallen und Leichtbauhallen sind nur bedingt zur Erstversorgung angebracht. Zudem werden viele Flüchtlinge über mehrere Monate dort untergebracht, ohne jegliche Privatsphäre. Das ist nicht akzeptabel", sagt Ottersbach. Der Rat der Stadt Köln habe in den bereits im Jahr 2004 beschlossenen "Leitlinien für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen in Köln" unter anderem festgelegt, dass Flüchtlinge maximal drei Monate in Erstaufnahmeeinrichtungen verbringen sollten. "Diese und andere Vorgaben der Leitlinien müssen wieder eingelöst werden", fordert Ottersbach.
Lage für schutzbedürftige Flüchtlinge schwierig
Gerade für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge wie Kinder und Jugendliche, Schwangere, Menschen mit Behinderungen oder Traumatisierte sei diese Art der Unterbringung höchst problematisch. "Bewährte Methoden, um eine Traumatisierung festzustellen, werden in den Einrichtungen nicht konsequent angewendet. Darum leben traumatisierte Flüchtlinge mit anderen Flüchtlingen in Turnhallen oder umfunktionierten Baumärkten zusammen, was die psychischen Probleme noch verschärfen kann. Das ist für beide Seiten unzumutbar", so Ottersbach.
Deshalb müsse die Stadt mehr Sozialwohnungen bauen und so preisgünstigen Wohnraum bereitstellen – nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Geringverdiener. Ottersbach: "Natürlich stellt die aktuelle Situation eine Stadt wie Köln mit einem höchst angespannten Wohnungsmarkt vor große Herausforderungen. Aber die menschenunwürdigen Massenunterkünfte in Turnhallen und Baumärkten müssen geschlossen werden. Das sieht auch die Stadtverwaltung so; ich glaube aber, dass sie mehr machen könnte."
Forschungsdesign
Die Ergebnisse der Studie "Die Unterbringung von Flüchtlingen in nordrhein-westfälischen Kommunen" der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften der TH Köln wurden mit quantitativen und qualitativen Methoden erhoben. Zum einen wurden die Leitungen der Flüchtlingsheime und Unterbringungseinrichtungen schriftlich befragt. Von 82 Angeschriebenen nahmen rund ein Viertel an der Studie teil. Zum anderen wurden acht Experteninterviews mit Entscheidungsträgern durchgeführt, um einzelne Aspekte und Themenbereiche tiefgehend zu betrachten. "Im quantitativen Bereich haben wir relativ wenige Rückläufe bekommen, vermutlich aufgrund der hohen täglichen Arbeitsbelastung der Heimleitungen. Durch die Mischung der beiden Methoden können wir trotzdem wichtige Erkenntnisse für den Umgang mit Flüchtlingen in Köln ziehen", sagt Ottersbach.
Februar 2017