Stipendien: Darauf kommt es wirklich an

Bestnoten, ehrenamtlich engagiert, tadelloser Lebenslauf – da sehen sich viele Studierende chancenlos. Müssen sie aber nicht, meint Prof. Dr. Volker Mayer. Er berät an der Fachhochschule Köln bei der Bewerbung um einen Stipendienplatz und räumt dabei viele Bedenken aus dem Weg.

+Uni-Studenten sind keine Konkurrenten auf Stipendienplätze.

Die Stiftungen haben getrennte Quoten für Studierende von Universitäten und Fachhochschulen. Auch die Auswahlverfahren und Gutachter sind verschieden.

+Die Note alleine ist nicht das entscheidende Kriterium, ein Einserschnitt keine Bedingung.

Professor Volker Mayer: „Wer in der Hochschulzugangsberechtigung und bei den erworbenen Credits einen Schnitt von 2,0 hinbekommt, hat diese Hürde bereits gemeistert. Ein Drittel bis ein Viertel unserer Studierenden könnten sich also bereits bewerben“.

+Nicht ziellos bewerben.

Für eine Bewerbung sollte man sich Zeit nehmen. Und eine Stiftung suchen, die zu einem passt. www.stipendienlotse.de bietet eine Datenbank mit über 2.000 Stiftungen. www.stipendiumplus.de ist eine gemeinsame Seite der 13 großen Förderungswerke, wie zum Beispiel der Studienstiftung des deutschen Volkes. Jede Stiftung hat eine eigene Ausrichtung: zum Beispiel politisch, sozial oder kulturell. Deren Profil sollte zu den eigenen Interessen passen. Denn darauf wird im Bewerbungsverfahren großer Wert gelegt.

+Nicht immer so bescheiden!

Bei der Beurteilung des eigenen Lebenslaufs fallen Leistungen gerne mal unter den Tisch. Deshalb sollte man sich seine bisherigen Stationen in Ruhe durch den Kopf gehen lassen. Freunde und Familie sehen dabei oft mehr. Wer also von Natur aus zur Bescheidenheit neigt, sollte seinen Lebenslauf einmal mit einer vertrauten Person abgleichen.

+Der gestylte Lebenslauf ist nicht das Maß aller Dinge.

Im Gegenteil. Begabtenförderer wünschen sich interessante Persönlichkeiten. Professor Mayer. „Wenn einem Bewerber immer alles zugeflogen ist, er sich nie wirklich bemühen oder auch mal Misserfolge einstecken musste, frage ich mich als Prüfer: Was macht derjenige, wenn er mal scheitert? Kann er damit umgehen? Ein Studienabbrecher, der sich anschließend neu orientiert, zeigt Persönlichkeit. Die Frage ist immer nur: warum und was hat man daraus gemacht?“

+Im Bewerbungsschreiben muss man einen Zusammenhang zwischen dem eigenen Lebenslauf und der Ausrichtung der Stiftung herstellen können.

„‚Mein Profil passt zu Ihnen’ reicht nicht“, so Professor Mayer. „Ein bisschen konkreter sollte es schon sein. Am interessantesten ist es immer, wenn man Andeutungen und damit den Leser neugierig macht. Denn man muss sich noch etwas für das Bewerbungsgespräch aufheben. Dadurch kann man auch die Fragen der Prüfer etwas steuern.“

+"Fast jeder hat schon ehrenamtlich gearbeitet“, schätzt Professor Mayer.

Denn die Erwartungshaltung bei der Beurteilung ehrenamtlicher Tätigkeiten ist weniger hoch als viele denken: Klassen- oder Schulsprecher, Hausaufgabenbetreuung, ein Integrationsprojekt, Mitglied bei der Feuerwehr, im Musik- oder Karnevalverein. Wichtig ist, dass dieses Engagement nicht nur einmalig, sondern regelmäßig stattfindet oder stattgefunden hat. Denn: Das Ehrenamt kann auch schon eine Weile zurückliegen und muss nicht neben dem Studium ausgeführt werden. Professor Mayer: „Es geht nicht darum, die Welt zu verbessern oder eine preisverdächtige Leistung zu liefern, sondern einfach nur Aktivität zu zeigen. Es kommt vor allem darauf an, dass die Arbeit einen positiven Charakter hat und zeigt, dass diese Person auch über den Tellerrand hinaus blickt.“

+Die Stipendiendauer ist an die Regelstudienzeit gekoppelt. Dennoch sind ein bis zwei Semester Überziehungszeit immer möglich, wenn sie gut begründet sind.

Zwar besteht auch eine Berichtspflicht über die absolvierten Scheine und Klausuren, aber nur im Probejahr werden diese etwas strenger geprüft: Professor Mayer: „Die Stiftungen möchten natürlich vermeiden, dass die Stipendiaten bummeln. Auslandssemester und Praktika oder ein Studienprojekt, das besonders zeitintensiv war und andere Kurse verdrängt hat, werden immer akzeptiert.“

Oktober 2014

M
M