Starker Mittelbau: Mohamed Ait Tahar
Wenn der Physiker Mohamed Ait Tahar über sein Fachgebiet redet, lächelt er glücklich. Physik ist für das technische Verständnis in den Ingenieurwissenschaften sehr wichtig.
"Sie fördert das logische Denken. Physiker sind lernfähig und können als Quereinsteiger auch in anderen Bereichen erfolgreich sein. Gerade haben wir eine Physikerin als Bundeskanzlerin."
Seit 2002 ist Mohamed Ait Tahar am Institut für Physik des Campus Deutz. Zu Anfang hielt er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter Lehraufträge, mittlerweile ist er Lehrkraft für besondere Aufgaben (LfbA). Das Institut für Physik gehört gleich drei Fakultäten an: für Informations-, Medien- und Elektrotechnik, für Fahrzeugsysteme und Produktion und für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme. Studierende aus neun Bachelorstudiengängen durchlaufen das physikalische Praktikum von Mohamed Ait Tahar, zum Beispiel angehende Automatisierungs- und Produktionstechniker oder Rettungsingenieure.
Seit 2013 hält der 49-Jährige außerdem eigenverantwortlich eine Vorlesung, führt eine Übung und ein Praktikum durch im Fach Physik für die Fakultät für Fahrzeugsysteme und Produktion. Dazu hat der Fakultätsrat ihm die akademische Bezeichnung "Lecturer" verliehen. Anders als übliche LfbA nimmt ein Lecturer seine Lehraufgaben selbständig wahr und genießt hierbei die Freiheit der Lehre, die sonst nur den Professorinnen und Professoren vorbehalten ist. Im englischen Sprachraum ist die Bezeichnung gängig, die Bedeutung von Land zu Land aber unterschiedlich. Mittlerweile findet der Titel auch an deutschen Hochschulen Einzug. "Wenn ich früher eine Projekt- oder eine Bachelorarbeit betreut habe, habe ich immer einen berufenen Kollegen hinzugezogen, der im Notfall als Prüfer fungieren konnte." Jetzt ist Ait Tahar auch hier unabhängig.
Für die inhaltliche Abstimmung der physikalischen Praktika arbeitet er eng mit den Professorinnen und Professoren zusammen. Als der Lehrstoff Physik bei der Umstellung der Curricula von Diplom auf Bachelor gekürzt werden musste, enttäuschte das den gebürtigen Marokkaner. Denn ohne Experimente lassen sich physikalische Lehrinhalte nun mal schwer vermitteln. Doch bereits in der Schule würde kaum noch naturwissenschaftlich experimentiert, beklagt Ait Tahar. Diese fehlenden Grundlagen müssen dann im Studium aufgefangen werden. Dabei kämpfe man schon mit den Kapazitätsproblemen durch die doppelten Abiturjahrgänge.
Um dieses Ungleichgewicht auszubalancieren, hat er deshalb zusammen mit Studierenden aller drei Fakultäten das E-Learning-Programm FREI entwickelt. FREI steht für "Ferngesteuerte reale Experimente über das Internet", und genauso funktioniert es: Die Studentinnen und Studenten können von zu Hause aus reale Experimente durchführen, obwohl die Apparaturen am Campus Deutz stehen. "Als Ergänzung zu den praktischen Übungen im Labor können wir jetzt wieder die gleiche Anzahl an Übungen anbieten, wie früher für die Diplomstudiengänge." Die Nachfrage unter den Studierenden wächst: Im vergangenen Wintersemester haben bereits rund 360 Studierende das Programm genutzt.
Text: Monika Probst
August 2015