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Susanne Gotzen

Susanne Gotzen

Zentrum für Lehrentwicklung

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Praxisforschung – Empowerment von Jugendlichen mit Migrationshintergrund

Farrokhzad (Bild: TH Köln)

Forschen und damit gleichzeitig für die Lebenslagen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund sensibilisieren? Studierende der Sozialen Arbeit machten dies unter Anleitung von Frau Prof. Dr. Schahrzad Farrokhzad möglich. Dabei haben sie recherchiert, Interviews durchgeführt und ausgewertet.


Drei Fragen an Prof. Dr. Schahrzad Farrokhzad:

+Forschendes Lernen: Was ist der größte Unterschied zu anderen Veranstaltungen?

Das forschende Lernen ist ein sehr produktiver Prozess. Die Studierenden durchliefen in Kleingruppen einen kompletten Forschungsprozess – vom Forschungsdesign über Datenerhebungen, -auswertungen bis hin zur Forschungsberichterstattung. Sie entwickelten hierfür gewissermaßen „Mikroforschungsprojekte“ zu sehr spezifischen Themen – zum Beispiel zu Berufswahlprozessen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Die Studierenden konnten sich Themen in einem bestimmten Bereich, die sie selbst interessant fanden, heraussuchen und bearbeiten. Dadurch, dass sich die Studierenden mit dem Thema identifiziert haben, waren die Diskussionen stets fruchtbar und lebhaft.

Forschendes Lernen unterscheidet sich auch von anderen Veranstaltungen durch die intensive, kontinuierliche und bedarfsorientierte Beratungsleistung der Kleingruppen. Diese war notwendig und wichtig. Manche Studierende hatten zunächst großen Respekt vor der eigenständigen Umsetzung eines Forschungsprojektes. Hier galt es entsprechend, teilweise vorhandene Befürchtungen -auch bezüglich des Aufwandes- abzubauen und auch bisweilen flexible Lösungen zu finden. Als Lehrende muss man hierbei auch die eigenen Ressourcen gut einschätzen. Solch ein Projekt hätte ich beispielsweise nicht jedes Jahr auf’s Neue ausrichten können. Gleichzeitig empfinde ich solche Projekte sehr gewinnbringend – für alle Beteiligten – und denke, dass sich die Mühe ausgezahlt hat.

+Bringt Forschendes Lernen eher Persönlichkeitsbildung mit sich oder ist es eher das Erlernen von Skills für die Zukunft?

Mit Blick auf das Berufsbild der Sozialen Arbeit lässt sich sagen: im Seminar wurden sowohl im Bereich Persönlichkeitsbildung und einer damit verbundenen professionellen Haltung als auch instrumentelle Fähigkeiten erworben. Mit anderen Worten: Nach dem Seminar waren die Studierenden sowohl für soziale Diversität und soziale Ungleichheiten sensibilisiert als auch gut informiert über Grundlagen der Umsetzung des „Handwerks“ qualitativer Sozialforschung oder des Projektmanagements. Beides ist gleichermaßen für die Soziale Arbeit wichtig und lässt sich nicht voneinander entkoppeln.
Die Haltung beispielsweise hat einen sehr zentralen Stellenwert im Hinblick auf Beratungsangebote für Jugendliche. Daher ist mir wichtig, dass die Studierenden lernen, ihre Haltung kritisch zu hinterfragen, differenzierte und diskriminierungskritische Perspektiven einzunehmen und nicht in Stereotypen bzw. „Schubladen“ zu denken.

+Ich empfehle Forschendes Lernen, weil...

…die Studierenden unwahrscheinlich viel lernen, da sie einen Forschungsprozess einmal vollumfänglich durchlaufen.

… Forschungsberichte als Prüfungsleistung erstellt wurden, die nicht einfach in der „Schublade“ landeten. Vielmehr wurden sie an das am Seminar beteiligte Praxisprojekt „Me 4 you – Empowerment von Jugendlichen mit Migrationshintergrund“ weitergegeben und die Erkenntnisse der Studierenden zur Weiterentwicklung des Projekts genutzt. Der Effekt: auch wenn solche Projekte für die Studierenden stellenweise fordernd sein können, sind sie bereit die Mühe in Kauf zu nehmen. Denn sie wissen: sie arbeiten nicht nur für die eigene Note, sondern ihre Erkenntnisse werden von der Praxis genutzt und reflektiert.

… das Erstellen solcher Forschungsberichte eine gute Vorbereitung auf weitere wissenschaftliche Arbeiten wie Bachelor- oder Masterarbeiten sind. Die Studierenden entwickeln ihren wissenschaftlichen Arbeitsstil weiter und erweitern ihr Know How in der Umsetzung von Forschungsmethoden.

… solche Projekte zu beeindruckenden Forschungsergebnissen und fruchtbaren Diskussionen führen können – gerade auch, wenn die Seminargruppen bei der Reflexion solcher Seminarthemen sehr heterogen zusammengesetzt sind. Zudem habe ich selbst ebenfalls sehr viel mitgenommen und gelernt und nehme das mit für die Entwicklung neuer Seminarkonzepte.

Steckbrief


 

Titel der Veranstaltung

ProfiL 2- Praxisforschung: Empowerment von Jugendlichen mit Migrationshintergrund (WiSe 2014/15, SAB/M17B)

Studiengang BA Soziale Arbeit, Modul 17B (Interkulturelle Soziale Arbeit)
Semester WiSe 14/15, einsemestrig, 5./6. Semester
Anzahl Studierende 20
Creditpoints

6

Prüfungsform Portfolio, bestehend aus:
-Präsentation der Ergebnisse der Forschungsarbeit (Power Point Präsentation)
-schriftliche Dokumentation der Forschungsarbeit in Form eines Forschungsberichts (inkl. Erhebungsmethoden, Forschungsergebnisse, Verlauf und Management der Projektarbeit)

+Learning Outcomes

1. Die Studierenden sind in der Lage, die Lebenslagen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund und Handlungsmöglichkeiten der Sozialen Arbeit kritisch mit Blick auf Aufgaben der Sozialen Arbeit zu analysieren, in dem sie sich über Vorträge und Literatur Wissen dazu aneignen. Dieses Wissen reflektieren sie im Rahmen der schriftlichen Beschreibung des Forschungsstands in ihrem Forschungsbericht und in der Auswertung ihrer eigenen empirischen Forschungsergebnisse.

2. Durch die eigenständige Durchführung eines gesamten Prozesses qualitativer empirischer Sozialforschung – von der Anregung aus der Praxis hin zu Fragestellungen, Forschungsdesgins, Erhebungen, Auswertungen, Forschungsberichten und Feedback aus der Praxis – sind die Studierenden in der Lage, ihr Wissen über qualitative Sozialforschung praktisch anzuwenden, Forschungsdesigns qualifiziert zu entwerfen und wissenschaftlich fundiert ihre Forschungsergebnisse zu bewerten.

3. Durch einen Input zu Projektmanagementkompetenz und die Organisation eines Forschungsprozesses in einem Forschungsteam erwerben die Studierenden Projektmanagementkompetenzen – von der Ernennung von Teamleitungen über das Schnüren von Arbeitspaketen bis hin zur Organisation des gemeinschaftlichen schriftlichen Forschungsberichts. Diese Kompetenzen können sie später im Beruf nutzbringend einsetzen, wenn sie selbst Projekte leiten.

+Didaktisches Design

Das Seminar bestand aus drei Bausteinen: a) Präsenzzeiten, b) eigenständige Gruppenarbeit plus Coaching und c) interaktive Nutzung digitaler Medien. Die Mischung dieser konzeptionellen Elemente war ein wichtiges Erfolgsrezept, ebenso die kompetente Seminarbegleitung durch eine Tutorin. Auf Basis passgenauer und regelmäßiger Absprachen waren wir in der Lage, die Studierenden gemeinsam bedarfsgerecht in ihren Lernprozess zu begleiten und zu beraten.

Am Seminar war die Praxiseinrichtung „Begegnungen 2005“ aus Köln-Mühlheim beteiligt, die das Praxisprojekt „Me 4 you – Empowerment von Jugendlichen mit Migrationshintergrund“ (ein Mentor/innenprojekt) durchführte. Die Partnerorganisation war u.a. an der Projektkonzeption beteiligt und durch einen Gastvortrag eingebunden.

Die Studierenden haben in Kleingruppen die folgenden folgenden Themen bearbeitet: a) Wirkungsanalyse des Praxisprojekts „Me 4 you“ in enger Zusammenarbeit mit der Projektpartnerorganisation, b) Forschungsprojekte u.a. zum Thema „Berufswahlprozesse bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund“, „Freizeitgestaltung und Mediennutzung“ und „Umgang muslimischer Jugendlicher mit Islamophobie“, c) Good Practice-Recherche und konzeptionelle Analyse von anderen Mentor/innenprojekten in Deutschland. In allen Teilprojekten wurden sowohl Literatur analysiert als auch qualitative Interviews geführt und systematisch gemäß den Standards qualitativer Sozialforschung ausgewertet.

Weitere Informationen zum Praxisprojekt finden sich im folgenden Fachaufsatz:
Farrokhzad, Schahrzad/Hand, Saloua Oulad Mohammad (2016): Forschendes Lernen und Empowerment von Jugendlichen mit Migrationshintergrund – ein Lehrforschungsprojekt. In: Neues Handbuch Hochschullehre 74/2016, S. 81-102.

Juli 2018

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