Mit Empathie für die Zielgruppe erfolgreiches Online-Marketing gestalten
Anzeigen und Landingpages müssen aus der Sicht der Zielgruppe gestaltet werden. Das klingt zunächst einfach. Doch immer wieder entdeckt man Werbebotschaften, die eher die "Selbstwahrnehmung" eines Unternehmens wiedergeben. Die erfolgreiche Ausgestaltung von digitaler Werbung fordert Wissen auf mehreren Ebenen.
Dabei geht es vor allem um technische und psychologische Aspekte, aber auch um einen klaren Überblick auf die gesamte Kampagne. Wir sprechen mit Hellen Pitikaris darüber. In der Weiterbildung Online Kampagnen Manager*in ist sie unsere Dozentin für Anzeigengestaltung, Landingpages und Budgetplanung.
Liebe Hellen Pitikaris, stellen Sie sich doch bitte kurz vor.
Mein Name ist Hellen Pitikaris und ich bin als Head of Conversion Rate Optimisation & User Experience bei der Online-Marketing-Agentur morefire in Köln tätig.
Ursprünglich habe ich mal Kommunikationsdesign in der "verbotenen Stadt" (Düsseldorf 😉) studiert. Wie das in unserer Branche häufig so ist, kann ich gar nicht mehr genau sagen, wieso ich 2014 beschlossen habe, ins Online-Marketing zu gehen. Aber ich weiß, dass mich schon damals besonders die Messbarkeit von Online-Werbemaßnahmen – insbesondere im Gegensatz zur klassischen Printwerbung – sehr fasziniert hat. Und das tut sie auch heute noch! Angefangen habe ich als SEA-Managerin, wobei ich nebenberuflich das Studium der Wirtschaftspsychologie mit Schwerpunkt Markt- und Werbepsychologie absolviert habe. Auch deshalb hat sich mein Fokus mit der Zeit dann immer stärker auf das Thema Landingpages und User Experience insgesamt verlagert.
Vor einigen Jahren habe ich dann zusammen mit meinen großartigen Kolleg*innen begonnen, diesen Fachbereich in der Agentur aufzubauen.
Wie sieht denn Ihr Agenturalltag aus?
Neben den vielen administrativen und intern-strategischen Aufgaben, die man als Führungskraft täglich hat, liegt mein Fokus hauptsächlich darauf, zusammen mit meinem Team das bestmögliche Nutzungserlebnis für unsere Kund*innen (bzw. deren Zielgruppen) zu erschaffen und ihre Werbemaßnahmen (beispielsweise Paid-Kampagnen) erfolgreicher zu machen. Denn sämtlicher Traffic bringt in der Regel nichts, wenn die Seite, die dahinter liegt, nicht konvertiert.
Dabei ist kein Projekt wie das andere: Wir haben es mit den unterschiedlichsten Use Cases, Produkten, Zielen, Budgets und Pain Points zu tun. Das kann mitunter herausfordernd sein – aber so bleibt mein beruflicher Alltag immer spannend und abwechslungsreich. Was wir dann genau im Einzelnen angehen, ist immer abhängig vom jeweiligen Fall. Zum Teil sind wir einfach beratend tätig und unterstützen unsere Kund*innen dabei, mehr Conversion aus ihrem Traffic herauszuholen. Wir nehmen eine Status quo-Aufnahme ihrer Seiten vor und geben basierend darauf Handlungsempfehlungen zur Optimierung ab. Es gibt natürlich auch die Fälle, in denen wir Seitenkonzepte, Designs, Werbetexte und Programmierung liefern.
Mit jedem verlorenen Test lernen wir etwas mehr darüber, was für den akuten Fall, die Zielgruppe oder das Produkt nicht funktioniert und nähern uns so automatisch dem, was funktioniert, immer mehr an.
Die laufenden Optimierungsprojekte finde ich persönlich am spannendsten. Hier erstellen wir auf Basis einer vorangegangenen Analyse einen Testplan und übernehmen das kontinuierliche A/B-Testing an den Websites unserer Kund*innen. Wir werten diese Tests aus, gewinnen Erkenntnisse daraus und optimieren auf dieser Basis weiter. So nähern wir uns nachhaltig dem Optimum – wobei ich selbst natürlich auch immer wieder dazu lerne.
Insgesamt hat mein Agenturalltag sehr viel mit Kommunikation zu tun. Sei es mit meinem Team, mit interessierten Leads, der Kundschaft oder Kolleg*innen aus den anderen Abteilungen. Denn gerade, wenn Kund*innen bei uns noch weitere Dienstleistungen außerhalb von UX beauftragt haben, können wir so alle Maßnahmen gut aufeinander abstimmen und somit ein ganzheitliches Nutzungserlebnis erschaffen. Gerade diese Projekte sind natürlich für passionierte UXler wie mich ein Jackpot.
Wenn die Landingpage mal schnell mit einem Web-Baukasten zusammengeklickt wird, bleibt die strategische Vorarbeit häufig komplett auf der Strecke.
Sie unterrichten die Teilnehmer*innen u. a. im Modul "Landingpages". Web-Baukästen machen die Erstellung von Webseiten auch für Laien immer einfacher. Dabei bleibt die durchdachte "User Experience" oftmals auf der Strecke. Welche typischen Fehler werden denn gemacht?
Der grundsätzliche Fehler ist hier meist schon die Herangehensweise. Denn häufig geht es in diesen Fällen darum, "irgendwie eine Landingpage zu haben, um irgendwo drauf verlinken zu können“. Dabei bleibt die strategische Vorarbeit häufig komplett auf der Strecke. Auf diesen Seiten ist zumeist kein klares Ziel oder klarer Nutzerpfad auszumachen. Die Zielgruppe wird falsch oder gar nicht adressiert. Sie weiß nicht, was sie auf der jeweiligen Seite tun soll und vor allem, was sie davon hat, sich hier "durchzuwuseln", um beispielsweise eine Anfrage zu stellen.
Selbst wenn die erforderliche Vorarbeit geleistet wurde, sind diese Seiten häufig trotzdem stark aus der Innensicht erstellt. Es geht also lediglich darum "Was können wir" oder "Was bieten wir an" und nicht darum, wie den Usern weitergeholfen werden kann, beziehungsweise welcher Mehrwert ihnen geboten wird. Das zeigt sich dann vor allem an den Texten und dem verwendeten Bildmaterial. Auf den ersten Blick wird überhaupt nicht deutlich, worum es auf der Seite geht, weil diese einfach mit Inhalten befüllt wurde, die gerade verfügbar waren.
Hörenswert: 10 Praxistipps zur Conversion Rate Optimierung
Hellen Pitikaris im Gespräch mit Robin Heintze.
- jetzt reinhören! Podcast "The Art of Marketing" (digital kompakt, morefire)
Ein weiteres Problem ist, dass das Design in diesen Fällen meist einfach so übernommen wird. Heißt also, es werden Module zusammengeklickt, die irgendwie als "ganz hübsch“ oder "passend" angesehen werden. Das Design einer Landingpage hat allerdings in erster Linie eine ganz klare funktionale Aufgabe. Es geht darum, dass Nutzer*innen durch das Design implizit verstehen, wie sie die Seite zu lesen und zu bedienen haben. Daraus entsteht ein positives, konsistentes und vertrauenserweckendes Gefühl.
Zusätzlich besteht bei Baukästen natürlich immer die Gefahr, dass die Seite sehr verwechselbar ist, was natürlich dazu führt, dass kein Branding Effekt entsteht.
Dann gibt es auch noch einiges an SEO-Aspekten, sofern die Landingpage auch ranken soll, die bei der Erstellung mithilfe eines Web-Baukastens zu beachten sind. Ein Beispiel dafür wäre, dass hier häufig viel mehr Ballast (zum Beispiel diverse Plugins, nicht komprimierte Bilder usw.) mitgeladen wird, als beispielsweise bei statischen HTML-Seiten. Das wirkt sich dementsprechend negativ auf die Ladezeit aus und ist ein großes Problem für die User Experience der Seite. Generell ist es natürlich absolut legitim, mit Web-Baukästen zu arbeiten. Aber es muss klar sein, dass diese lediglich ein Instrument zur Umsetzung sind und keine Komplettlösung. Denn die inhaltliche Arbeit muss eben trotzdem gemacht werden.
Gerade bei der Gestaltung von Anzeigen spielt die angewandte Psychologie eine wichtige Rolle. Welches Wissen möchten Sie als gelernte Wirtschaftspsychologin den Teilnehmer*innen im Modul "Anzeigengestaltung" unbedingt vermitteln?
Tatsächlich spielt die Psychologie schon von vorneherein, also bei der Strategieerarbeitung eine wesentliche Rolle. Denn wir müssen unsere Zielgruppe auch aus emotionaler Sicht beleuchten, um zu verstehen, über welche Kanäle wir sie in welcher Phase der Kaufentscheidung mit welchem Targeting wie ansprechen sollten.
Dazu werden wir uns im Rahmen der Weiterbildung zunächst auch mit der Erstellung von Personas befassen, die uns dann unter anderem auch die Anzeigengestaltung massiv erleichtern. In diesem Modul geht es unter anderem darum, wie wir unsere konkrete Persona inhaltlich über unsere Anzeigen ansprechen. Dabei möchte ich auch die Konzepte der Aktivierung und Aufmerksamkeit beleuchten, da wir uns mit unseren Anzeigen ja immer in einem Kontext befinden, über den wir nur wenig Kontrolle haben. So können wir nur bedingt beeinflussen, in welcher Umgebung beziehungsweise auf welcher Platzierung unsere Anzeigen genau ausgespielt werden. Dementsprechend wichtig ist es mir zu vermitteln, wie wir mit unseren Anzeigen positiv aus der Masse herausstechen, unsere Zielgruppe passend zu ihrem aktuellen Bedürfnis ansprechen und überzeugen, auf unsere Landingpage zu kommen.
Welchen Ratschlag würden Sie (aus heutiger Sicht) Ihrem „jüngeren Ich“ zum Start in die Welt des Online-Marketings geben?
Ich würde meinem "jüngeren Ich“ vermitteln, dass auch scheinbare Misserfolge, wie beispielsweise Kampagnen, die nicht so laufen, wie beim Setup gedacht, oder verlorene A/B-Tests eigentlich sehr positiv sind. Denn mit jedem verlorenen Test lernen wir etwas mehr darüber, was für den akuten Fall/die Zielgruppe/das Produkt nicht funktioniert und nähern uns so automatisch dem, was funktioniert, immer mehr an.