Von Kaffee, Klima und Kochbananen – Praktikum an einer kubanischen Uni

Palmen auf Kuba (Bild: Yunet Schüller, Studentin am ITMK)

Yunet Schüller, Studentin der Mehrsprachigen Kommunikation, hat ihr obligatorisches Auslandssemester in Form eines viermonatigen Praktikums an der Universidad de Las Tunas, Kuba, absolviert. Wir haben sie interviewt:


Frau Schüller, wieso haben Sie sich für Kuba entschieden?

Ich habe mich für Kuba entschieden, weil es das Heimatland meiner Mutter ist und ich dadurch dort Familie und eine Unterkunft hatte. Des Weiteren waren mir die kulturellen Unterschiede bereits bekannt und ich wollte dem europäischen Winter einmal entkommen.

Geben Sie uns einen kurzen Überblick über die Fakultät, an der Sie angestellt waren?

An der Fakultät, an der ich war, wird der Studiengang "Fremdsprachen" mit pädagogischem Schwerpunkt unterrichtet, da es das Ziel des Studiums ist, die Studierenden darauf vorzubereiten, Lehrer für Fremdsprachen zu werden. Der Unterricht erfolgt in kleinen Klassen mit bis zu 20 Studenten und dauert 4 Jahre mit Englisch als Sprache und 5 Jahre, wenn man Französisch hinzunimmt.

Was waren Ihre Aufgaben als Praktikantin?

Ich war dafür zuständig, die Dozenten im Unterricht und bei der Prüfungsbewertung zu unterstützen sowie den Studenten bei der Vorbereitung auf Prüfungen zu helfen. Des Weiteren habe ich Präsentationen gehalten, unter anderem über die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Kuba, und im Waisenhaus Englisch-Nachhilfe gegeben im Rahmen des sozialen Projektes des Studiengangs. Den Studenten habe ich auf Nachfrage auch außerhalb der Unizeiten Nachhilfe gegeben oder bei Projekten geholfen.

Welche Kenntnisse, die Sie in Ihrem bisherigen Studium am ITMK erworben haben, konnten Sie während Ihres Praktikums anwenden/vertiefen?

Ich konnte meine Sprachenkenntnisse anwenden und vertiefen und wurde darin bestärkt, dass der Schwerpunkt Translation der richtige für mich ist, da ich viel übersetzen musste. Die Kurse Kompetenzerweiterung Spanisch haben mir sehr geholfen, da uns die Grundlagen und daher viel Grammatik beigebracht wurde.

Welche Kenntnisse haben Sie neu erworben?

Meine Sprachkenntnisse haben sich über die 4 Monate verbessert. Außerdem habe ich einen Einblick in das Arbeitsfeld von Lehrkräften bekommen. Durch die Arbeit mit den Studenten und Kindern im Waisenhaus habe ich ebenfalls pädagogische Kompetenzen erworben, beispielsweise bei der Unterstützung der Jugendlichen bei ihren Lernprozessen.

Wie war das Arbeitsklima und wie haben Sie den Umgang mit den Studierenden empfunden, nun da Sie selbst zur Abwechslung keine Kurse belegt, sondern zum Hochschulpersonal gehört haben?

Das Arbeitsklima war sehr entspannt und alle waren sehr freundlich und hilfsbereit. Die Studenten waren zunächst etwas schüchtern, da sie mich nicht kannten, aber sind schnell aufgetaut, da ich nicht viel älter war als sie. Ich wurde direkt geduzt und habe sogar einen Spitznamen bekommen. Das Hochschulpersonal hat mich mit offenen Armen empfangen und war immer zur Stelle, wenn ich eine Frage hatte oder Hilfe brauchte. Im Waisenhaus wurde ich jedoch gesiezt, da ich dort als eine Autoritätsperson gesehen wurde.

Wie hat sich das Thema Corona auf Ihre Arbeit ausgewirkt?

Durch Corona wurde die Anzahl der Studenten, die gleichzeitig in der Uni sein konnten, sehr eingeschränkt, sodass zum Teil nur ein Jahrgang pro Woche zur Uni kommen durfte. Bei dem kubanischen Klima Masken tragen zu müssen, war auch sehr mühsam und unangenehm. Außerdem hat sich Corona auch in anderen Bereichen des Lebens bemerkbar gemacht, sodass man ewiglange Schlangen vor allen Läden hatte und man Stunden vor einem Supermarkt anstehen musste, um Lebensmittel zu kaufen.

Hat Sie das Praktikum in Sachen Berufs-/Masterstudiengangswahl weitergebracht?

Zwar waren die Einblicke in das Arbeitsfeld sehr interessant, jedoch kann ich mir diese Arbeit in meiner beruflichen Zukunft nicht vorstellen, da ich nicht vorhabe in den pädagogischen Zweig einzusteigen.

Wie hat Ihnen der Ort/die Umgebung gefallen?

Mir hat der Ort sehr gefallen, da er für mich wie eine zweite Heimat ist. Die Natur und Kultur sind komplett anders als hier in Deutschland. Statt lauter Autos sieht man hier Fahrradtaxis und Pferdekutschen. Es herrscht eine durchgängige Temperatur von ca. 30°C. Man sieht viele Eidechsen und an jeder Ecke sind Palmen. Auch das Essen ist dort anders. Es wird hauptsächlich Reis gegessen und Kochbananen dürfen auch nicht fehlen.

Was sollte man in Las Tunas unbedingt gesehen oder erlebt haben und inwiefern waren Freizeitaktivitäten in Coronazeiten für Sie überhaupt möglich?

Für die Hälfte meiner Praktikumsdauer war aufgrund von Corona alles zu. Nach und nach haben dann Restaurants und Bars geöffnet. Man sollte auf jeden Fall, statt Taxi zu fahren, Pferdekutschen nehmen. Es gibt sehr viele Denkmäler der Revolution, da die Kubaner sehr patriotische Menschen sind. Man sollte auch je nach Saison die Früchte probieren, Guaven sind ganzjährig zu kaufen, Mangos und andere Früchte wie Mamonsillos nur zu bestimmten Zeiten. Las Tunas liegt mitten im Land, aber man braucht nur 2 Stunden zum Strand.

Gab es für Sie spürbare kulturelle Unterschiede?

Ja, Berufliches und Privates hängen zusammen, Kollegen sind nicht nur Kollegen, sondern auch Freunde. Die Kubaner reden in der Regel etwas lauter und gestikulieren viel, außerdem kennen und besuchen sie auch viel ihre Nachbarn. Sie sind allgemein sehr soziale Menschen. Es wird den ganzen Tag Kaffee getrunken und jedem, der vorbeikommt, wird einer angeboten. Man begrüßt sich mit einem Kuss auf die Wange. Des Weiteren ist der Familienbund viel enger. Ganz wichtig ist, dass die Kubaner unglaublich patriotische Menschen sind, es gibt nichts, worauf sie stolzer sind, als Kubaner zu sein. Es gibt wahrscheinlich noch weitere Unterschiede, die mir aber jetzt nicht bewusst sind, da ich von klein auf daran gewöhnt bin.

Wir freuen uns auch über eine kleine Anekdote:

Wenn man zwischen Sommer und Herbst Kuba besucht, muss man auf jeden Fall Mückenspray mitnehmen oder sich gut schützen, weil man sonst riskiert, das Denguefieber zu bekommen, und das kann ich aus eigener Erfahrung niemandem empfehlen. Außerdem sollte man sich mit der kubanischen Währung auseinandersetzen.

Ihr Fazit:

Rückblickend war meine Zeit auf Kuba sehr schön und ich kann jedem empfehlen nach Möglichkeit dort ein Auslandssemester zu machen, da man dort wertvolle Erfahrungen sammeln kann. Man sollte sich auch trauen, das Praktikum in einem weiter entfernten Land zu machen und nicht nur in Europa.

August 2022

M
M