„Ich sehe eine dynamische und sehr positive Entwicklung an der TH Köln“

Nach fast zwanzig Jahren als Vizepräsident für Forschung und Wissenstransfer geht Prof. Dr. Klaus Becker in Ruhestand. Wir haben mit ihm über seine Amtszeit, die größten Erfolge und künftige Herausforderungen gesprochen.
Herr Prof. Becker, Sie sind seit 2005 Mitglied der Hochschulleitung. Was ist Ihr Fazit?
Ich blicke mit großer Dankbarkeit und Zufriedenheit auf meine Amtszeit zurück, da ich eine dynamische und sehr positive Entwicklung sowohl an der TH Köln als auch bei den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Deutschland insgesamt erleben durfte. Unsere Hochschule hat nicht nur ihre Reputation als forschungsstarke Institution gefestigt, sondern auch eine Forschungskultur entwickelt, die es uns ermöglicht, im Wissenstransfer ständig neue Wege erfolgreich zu beschreiten.
Ein besonderer Erfolg und ein wissenschaftspolitischer Meilenstein war das Promotionsrecht für Professor*innen der HAW, das in unserem Bundesland über das Promotionskolleg für angewandte Forschung NRW 2022 eingeführt wurde. Dieser Schritt hat die anwendungsorientierte Forschung gestärkt und das Studium an HAWs noch attraktiver gemacht. Besonders freut mich, dass wir als TH Köln die erste erfolgreiche Promotion des Promotionskollegs NRW stellen konnten. Zudem unterstützt unser Graduiertenzentrum Wissenschaftler*innen in frühen Karrierestufen mit einem vielfältigen Angebot.
Die in den letzten zwanzig Jahren gesteigerte Forschungsaktivität unserer Hochschule zeigt sich in einer Vielzahl von Publikationen, deutlich höheren Drittmittelerlösen und der Zunahme der Anzahl an abgeschlossenen Promotionsverfahren. Diese positive Entwicklung wurde und wird unter anderem möglich gemacht durch profilbildende Initiativen wie das Lehr- und Forschungszentrum :metabolon, den Innovation Hub Bergisches RheinLand und das Projekt Co-Site in der Förderlinie Innovative Hochschule. Aber auch durch den professionellen Service im Referat Forschung und Wissenstransfer, die gestärkte Gründungskultur und das Gateway TH Köln. Ebenso wichtig war die Entwicklung und operative Umsetzung einer Strategie zum Umgang mit geistigem Eigentum. Heute ist die TH Köln eine starke Partnerin in der Region und liefert wesentliche Impulse für die regionale Entwicklung, indem sie beispielsweise mit Kommunen und Kreisen in vielfältigen Fragestellungen zusammenarbeitet.
Meine persönlich größte Herausforderung bestand darin, mehr als zwei Jahre lang neben dem Amt des Vizepräsidenten für Forschung und Wissenstransfer auch das Amt des geschäftsführenden Vizepräsidenten während der Vakanz im Präsidentenamt zu übernehmen. Dies gelang dank der ausgezeichneten und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den beiden anderen Mitgliedern des Präsidiums und der umfassenden Unterstützung aus der Hochschule.
Gibt es Bereiche, in denen Sie sich ein anderes Ergebnis gewünscht hätten?
Die erfolgreiche Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft ist ein fortlaufender Prozess mit Höhen und Tiefen. Vielfältige Initiativen wurden auf den Weg gebracht, allerdings erweist sich diese Verbindung manchmal als schwierig. Ein Beispiel ist die Innovationsallianz NRW, die auf eine intensive Zusammenarbeit zwischen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, Universitäten in NRW und regionalen Unternehmen abzielte. Trotz vielversprechender Ansätze wurde das angestrebte Maß an Kooperation nicht erreicht. Auch die Beteiligung der TH Köln an einer GmbH zur Stärkung der Zusammenarbeit mit externen Partnern auf privatwirtschaftlicher Basis brachte nicht den erhofften Erfolg. Diese Erfahrungen verdeutlichen, dass Wissenstransfer stets neu überdacht werden muss und Strategien kontinuierlich aktualisiert werden sollten. Wichtig ist, sich nicht entmutigen zu lassen und den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis stets im Blick zu behalten, um gesellschaftlichen Fortschritt zu fördern.
Wie sollte sich die Forschungspolitik Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren entwickeln?
Die TH Köln und die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften haben weiterhin ungenutztes Potenzial im Bereich Forschung und Wissenstransfer. Es mangelt insbesondere an Förderprogrammen für die angewandte Forschung ohne externe Partner. Daher sollte die Forschungspolitik in diesem Bereich weiterentwickelt werden, um die Möglichkeiten vollständig auszuschöpfen und innovative Projekte mit hohem wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Wert auf den Weg zu bringen. Ein verstärkter Fokus der Förderprogramme auf transdisziplinäre Ansätze ist ebenfalls notwendig, um aktuelle Herausforderungen effektiv zu adressieren. Dabei geht es sowohl um die interdisziplinäre Zusammenarbeit als auch die Integration von Akteur*innen aus Praxis und Zivilgesellschaft. Solche Initiativen können umfassende und tragfähige Lösungen schaffen, die wissenschaftliche Disziplinen, praktische Erfahrungen und gesellschaftliche Perspektiven zusammenbringen.
Welche Wünsche haben Sie für die zukünftige Entwicklung der Hochschule?
Ich hoffe sehr und gehe davon aus, dass die TH Köln weiterhin auf ihrem ambitionierten Weg voranschreiten wird, Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Zeit zu entwickeln und zur Weiterentwicklung unserer Gesellschaft beizutragen. Ich halte Reallabore, also die Kooperation zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft zum gegenseitigen Lernen und zur gemeinsamen Wissensgenerierung, für eine bedeutsame Methodik moderner Forschungskonzeption und wünsche mir sehr, dass unsere Hochschule in diesem Feld Vorreiterin sein kann – auch um die transformative Wissenschaft in der Praxis zu verkörpern. Des Weiteren sehe ich Potenziale für die TH Köln im Bereich der Forschung auf europäischer Ebene und auch in Richtung erkenntnisorientierter Forschung.
Was werden Sie vermissen und welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Ich werde die regelmäßige Zusammenarbeit mit vielen interessanten, kompetenten und engagierten Menschen in verschiedensten Konstellationen vermissen. Mein Plan für die Zukunft ist es, erst einmal keinen festen Plan zu haben.
März 2025