Interdisziplinär und regional
NaturwissenschaftlerInnen und IngenieurInnen – auf :metabolon kommen Forscherinnen und Forscher aus unterschiedlichen Fachdisziplinen zusammen. Gemeinsam haben sie vor allem die Stoffumwandlung auf ihrer Agenda.
Früher war sie einfach eine Mülldeponie. Heute ist das Entsorgungszentrum Leppe des Bergischen Abfallwirtschaftsverbands ein Forschungs- und Innovationszentrum für Stoffumwandlung und Umwelttechnologien. Neben einem Gewerbegebiet bietet :metabolon einen außerschulischen Lernort, verschiedene Freizeitmöglichkeiten, ein Energiekompetenzzentrum und gemeinsam mit der TH Köln ein Lehr- und Forschungszentrum. Hier arbeiten Professorinnen und Professoren aus den Bereichen Biologie, Chemie, Maschinenbau, Regelungstechnik, Verfahrenstechnik und Werkstoffkunde an Forschungsprojekten zur nachhaltigen Abfallwirtschaft. Dabei unterteilen sie sich in fünf Arbeitsgruppen, in denen sie sich mit der Stoffumwandlung, der Steuerungs- und Regelungstechnik und dem Schließen der Stoffkreisläufe befassen – auch in Kooperation mit anderen Hochschulen wie der RWTH Aachen und der FH Münster.
Der größte und vielseitigste Bereich ist die Stoffumwandlung. Hier setzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler drei Technologieansätze ein: die mechanische Aufbereitung, die biologische und chemische Prozesstechnik sowie die thermochemische Stoffwandlung.
Mechanische Aufbereitung
Bei der mechanischen Aufbereitung geht es um das Pelletieren, Mahlen, Zerkleinern und Sieben biogener Reststoffe. Aktuell arbeiten die Professoren Dr. Christiane Rieker und Dr. Wolfgang Kath-Petersen an einer qualitativen Untersuchung verschiedener Pellets auf Basis von Stroh, Holz und Laub. In ihren Versuchsanlagen sollen mittelfristig auch mineralische und Verbundstoffe getestet werden: Wie kann man beispielsweise Autoreifen, die unter anderem aus Kautschuk, Textil und Stahl bestehen, so aufbereiten, dass sie weiterverwertet werden können?
Biologisch-chemische Prozesstechnik
Ein anderer Bereich der Stoffumwandlung ist die biologisch-chemische Prozesstechnik der Prozesswasseraufbereitung, unter der Leitung von Prof. Dr. Astrid Rehorek. Ein Themenkomplex mit großem Entwicklungspotenzial: In so ziemlich allen Industriebereichen werden große Wassermengen benötigt. Auf die Produktion einer Jeans kommen bis zu 8.000 Liter Wasser, die mit Farbstoffen gemischt werden. In der Stahlindustrie gelangen Öle und Stahlelemente ins Abwasser, ähnlich verhält es sich in der kunststoffverarbeitenden Industrie. Die Arbeitsgruppe Rehorek beschäftigt sich unter anderem mit dem Abbau von Stickstoff aus Prozesswässern. Hier bieten sich nicht nur Bakterien, sondern auch Algen an, beispielsweise als neue Kohlenstoffträger. Umgewandelt durch thermochemische oder biologische Prozesse zu einem Synthesegas könnte man durch sie zum Beispiel wieder Grundstoffe für die chemische Industrie schaffen. Ein Forschungsbereich, der zukünftig ausgebaut werden soll.
Thermochemie
Auch bei der Thermochemie unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Malek werden verschiedene Anwendungsarten für biogene und abfallstämmige Reststoffe durchgespielt. Zum Beispiel können bisher in Pelletöfen für Ein- und Mehrfamilienhäuser nur Holzpellets als Heizquelle verbrannt werden. Andere biogene Pelletarten haben einen hohen Alkaligehalt und dadurch einen deutlich niedrigeren Schmelzpunkt, durch den die Öfen verschlacken würden. Malek analysiert, wie sie entsprechend umgestaltet werden können. In seiner Arbeitsgruppe werden auch Potenzialanalysen zu neuen Mobilitätskonzepten durchgeführt, aktuell setzen sich drei Masterstudierende damit auseinander: Sie untersuchen, wie Gas aus biogenen Reststoffen so aufbereitet werden kann, dass es als LNG, als Liquified Natural Gas, einen alternativen Antriebsstoff zur E-Mobilität bietet.
Prozessautomatisierung
Um die Prozesse der Stoffumwandlung effektiver zu gestalten und eine höhere Verfügbarkeit der Stoffe zu erzielen, beschäftigen sich die Professoren Dr. Michael Bongards und Dr. Christian Wolf mit der Prozessautomatisierung. Ein Anwendungsfall ist die Mülltrennung: Es lässt sich nicht verhindern, dass im heimischen Biomüll Abfälle landen, die in die Reststofftonne gehören. Diese wieder auszufiltern ist schwierig, aber notwendig, um einen funktionstüchtigen Bioreaktor zu gewährleisten. Bildgebende Verfahren und der Einsatz künstlicher Intelligenz können hier für eine intelligente Mess- und Regelungstechnik sorgen.
Nachhaltige Stoffkreisläufe
In der Arbeitsgruppe „Nachhaltige Stoffkreisläufe“ errechnet Prof. Dr. Bhandari die Ökobilanzen für Prozessketten der nachhaltigen Abfallwirtschaft mit der sogenannten Life-Cycle-Assessment-Methodik. Ob mechanische Arbeitsabläufe wie das Zerkleinern und Mahlen oder thermische wie die Pyrolyse – für jeden Prozess wird der biologische Fußabdruck bestimmt. Im nächsten Schritt soll die Arbeitsgruppe thematisch und nominell erweitert werden um ökonomische und soziologische Betrachtungsweisen, die die Auswirkungen des ganzheitlichen Kreislaufs auf die Gesellschaft abbilden. Ein Interesse von Seiten der Kolleginnen und Kollegen aus der Ökonomie und den Sozialwissenschaften wird ausdrücklich begrüßt.
Finanziert werden die Vorhaben überwiegend über das :metabolon-Projekt, gefördert vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW.
„Nachhaltiges Wirtschaften und zirkuläre Kreislaufwirtschaft” in der Lehre
Auch in der Lehre ist :metabolon interdisziplinär aufgestellt. Der Themenkomplex „Nachhaltiges Wirtschaften und zirkuläre Kreislaufwirtschaft” wird im Bachelorstudiengang Elektrotechnik und in den Masterstudiengängen Automation & IT sowie Wirtschaftsingenieurwesen vermittelt und bietet Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern die Möglichkeit zur Teilnahme an Forschungsprojekten für ihre Abschlussarbeiten. Ab dem Wintersemester 2021 ist außerdem die Vertiefungsrichtung Umwelttechnik in den Bachelorstudiengängen Wirtschaftsingenieurwesen und Maschinenbau geplant.
Februar 2020