Digitale Transformation durch die Corona-Pandemie

Pakete (Bild: Tevarak/iStockphoto.com)

Studierende des Masterstudiengangs Marktorientierte Unternehmensführung an der Fakultät für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften haben die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Hinblick auf die Digitalisierung in ausgewählten Branchen in Deutschland untersucht. Dafür haben sie Personen aus verschiedenen Bereichen befragt.

Insgesamt 280 Personen aus dem (Lebensmittel-)Einzelhandel sowie aus der Veranstaltungs- und der Gesundheitsbranche nahmen an Umfragen und Interviews der Masterstudierenden teil. Darin ging es um den Grad der Digitalisierung im Zuge der Corona-Pandemie. Von April bis Mai 2021 haben 21 Masterstudierende die Akteurinnen und Akteure aus den einzelnen Bereichen sowie Kundinnen und Kunden dazu befragt.

„In allen untersuchten Bereichen wurde ersichtlich, dass die Pandemie die Digitalisierung angestoßen und beschleunigt hat. Dies zeigt sich an einem Zuwachs der digitalen Angebote und den dahinterstehenden Prozessen“, sagt Prof. Dr. Peter Alexander Plein, der das Masterprojekt leitete. Bedingt durch die Pandemie veränderte sich auch die Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich vor allem mehr hybride Einkaufsmöglichkeiten wünschen.

Einzelhandel

Grafik Vertriebskanäle der 63 Einzelhändlerinnen und -händler, die an der Umfrage der Masterstudierenden aus dem Studiengang Marktorientierte Unternehmensführung teilnahmen. (Bild: Forschungsarbeit Modul Controlling/TH Köln)

63 Geschäfte des stationären Einzelhandels aus der Bundesrepublik, wie zum Beispiel Sportfachgeschäfte, Modeboutiquen und Schuhgeschäfte, haben an der Umfrage teilgenommen. Davon bieten 58 Prozent ihre Ware sowohl stationär als auch online und 39 Prozent ausschließlich stationär an. Große Einzelhandelsketten wurden ausgenommen. Den Einfluss der Corona-Pandemie auf den Grad der Digitalisierung ihres eigenen Geschäfts schätzten 60 Prozent der Händlerinnen und Händler als hoch bis sehr hoch ein. 70 Prozent fanden den Einsatz von digitalen Tools als Unterstützung zur Kundenbindung sinnvoll. Die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler sahen digitale Tools innerhalb der Zahlungsabwicklung als hilfreich an. Besonders fiel auf, dass 21 Prozent der Teilnehmenden während der Corona-Pandemie einen eigenen Online-Shop einrichteten und 25 Prozent für die Zukunft einen eigenen Onlineshop planen. 70 Prozent sahen jedoch mangelnde personelle Ressourcen mit technischem Know-how als Hindernis für digitale Angebote.

Zudem wurden 82 Kundinnen und Kunden im Einzelhandel befragt. 92 Prozent der Kundinnen und Kunden wünschten sich hybride Einkaufserlebnisse und möchten somit die Waren sowohl online als auch stationär erwerben können. Ein Beispiel dafür ist das Click&Collect-System, bei dem Kundinnen und Kunden Produkte online bestellen und diese anschließend im Geschäft abholen können. Die Notwendigkeit der Digitalisierung im stationären Einzelhandel wurde weiterhin dadurch bestärkt, dass der Einsatz digitaler Technologien und Services von den Konsumentinnen und Konsumenten als (sehr) notwendig empfunden wurde.

„Im Lebensmitteleinzelhandel bleibt der stationäre Einkauf nach wie vor durch das emotionale und soziale Erlebnis von unersetzbarer Bedeutung“, so Plein. Dies bestätigte die Befragung: Rund 80 Prozent der 106 Kundinnen und Kunden haben noch nie online Lebensmittel gekauft.

Veranstaltungsbranche

Es wurden 36 Unternehmen aus der Eventbranche befragt, darunter 17 aus dem Business-to-Business-Bereich (B2B) und elf aus dem Business-to-Customer-Bereich (B2C), sieben Unternehmen zählten sich zu beiden Bereichen. 86 Prozent im B2B-Bereich gaben an, dass ihre technische Infrastruktur flexibel genug sei, den digitalen Wandel zu verfolgen. 70 Prozent berichteten, über das nötige IT-Wissen zu verfügen. Neben der Einführung von Live-Streams wurde die Zeit während der Corona-Pandemie von einem Drittel der Unternehmen genutzt, um technische Voraussetzungen für das Besucher-Tracking zu schaffen.

55 Prozent der B2C-Unternehmen haben bereits vor Corona papierloses Ticketing eingeführt. Über eine Unternehmenswebsite verfügten alle elf Unternehmen vor der Pandemie. Gleiches gilt für ein Online-Bestellsystem für Veranstaltungsservices, über welches 82 Prozent verfügen. Neuerungen versprachen sich die Unternehmen hinsichtlich Live-Streams, beispielsweise über Social-Media-Kanäle, denn dies haben 27 Prozent der Unternehmen während der Pandemie eingeführt, weitere 27 Prozent planen es für die Zukunft. 18 Prozent der Unternehmen möchten den Besucherinnen und Besuchern zukünftig eine Veranstaltungs-App zur Verfügung stellen. Neun Prozent haben hierfür die Zeit während der Pandemie genutzt und diese eingeführt. Sowohl der B2B- als auch der B2C-Bereich waren sich einig, was die Zukunft von Veranstaltungen angeht: 83 Prozent aller Befragten aus der Eventbranche sprachen sich für eine Rückkehr zur analogen Form von Kulturveranstaltungen aus.

Gesundheitswesen

Im Zuge der durchgeführten Expertinnen- und Experteninterviews ist ersichtlich geworden, dass die Corona-Pandemie die Notwendigkeit der Digitalisierung im Gesundheitswesen in den Fokus gerückt hat. In den letzten anderthalb Jahren ist sowohl die Bereitschaft der Gesellschaft, digitale Anwendungen im medizinischen Kontext zu nutzen, als auch die der Politik, Investitionen zu tätigen, gestiegen. Beispiele für digitale Angebote im Medizinsektor sind die Telekonsultation, eine Sprechstunde mit einem Arzt über eine App, oder ein Telenotarzt, ein Notarzt, der digital hinzugezogen wird. „Aus Controlling-Sicht kann im Hinblick auf die digitale Rettungs- und Behandlungskette eine Zeiteinsparung für Ärztinnen und Ärzte sowie eine effiziente Nutzung der Behandlungskapazitäten verzeichnet werden“, so Plein. Die bisher umgesetzten Projekte in der Telemedizin waren jedoch in der Regel Insellösungen, die kaum Vernetzung aufwiesen und keine flächendeckende Versorgung gewährleisten konnten. Bürokratie, Datenschutzproblematiken und fehlende digitale Kompetenzen auf der Seite der Anwenderinnen und Anwender erschweren die Entwicklung in diesem Bereich.

Oktober 2021

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