Workshop: Das Politische in der OKJA

Der Vortrag baute zu Beginn auf dem Begriffsverständnis auf, dass der Gegenstand der politischen Bildung in der OKJA „das Politische“ ist. Leitend ist hierbei die Vorstellung, dass mit politischer Bildung in der OKJA nicht allein das Wissen über politische Systeme und deren Vermittlung gemeint ist (das aber durchaus auch sein kann), sondern vielmehr ein Verständnis über die Art und Weise wie Menschen im Alltag gemeinsam ihre öffentlichen Angelegenheiten regeln, aushandeln, austauschen und interessengeleitet ihre Themen stark machen. Die Befähigung zur Selbstbestimmung, zur gesellschaftlichen Mitverantwortung sowie zu sozialem Engagement wird derart verstanden als Kern der politischen Bildung gesehen. Die feldspezifischen Prinzipien, ihre inhärente Gelegenheitsstruktur (Setting non-formaler Bildung) sowie die  Professionalität von Fachkräften bilden den Möglichkeitsrahmen dafür. Im Vortrag wurde als Weiteres herausgearbeitet, dass der Begriff des Politischen für politische Bildung in der OKJA breit verstanden werden kann. Zum einen als ein Verstehen und Mitwirken an Regierungspolitik als auch gleichzeitig ein kritisch-emanzipatorisches Hinterfragen eben dieser und ein öffentliches Aushandeln gesellschaftlicher Themen. OKJA kann sich als Perspektive auf eine kritisch-politische Theorie des Alltags und der Alltäglichkeit beziehen und versteht den Alltag daher grundsätzlich als einen Aspekt des Politischen. Aus alltagstheoretischer Perspektive ist OKJA für Kinder und Jugendliche dann eine Institution, in der sich der Alltag und das Politische im Alltag vollziehen.

Das Politische lässt sich aus radikaldemokratischer Perspektive als Dissens, als Streit sowie das Konflikthafte im Alltag der OKJA als Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Verhältnissen verstehen. Das Politische in der OKJA markiert dann die Unterbrechungen sowie die unhintergehbaren Momente des Dissens und verweist damit auf die Konflikthaftigkeit des Alltäglichen im Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen (vgl. Chehata/ Harrach-Lasfaghi/Kusber 2022).

Workshop: Das Politische in der OKJA (Bild: Maurice Kusber)

Die 20 Teilnehmenden aus Praxis und Verwaltung der Kinder- und Jugendarbeit in Saarbrücken konnten sich mit der Unterstützung weiterer theoretischer Diskussionsfolien aus der Politischen Theorie in Kleingruppenarbeit intensiver mit dem Gegenstand des Politischen im Alltag der OKJA auseinandersetzen. Die Unterscheidung von „Politik“ und „dem Politischen“, wie sie sich in der Figur der politischen Differenz abbildet, bildete dabei einen Anknüpfungspunkt, um Demokratie als Konfliktfeld zu skizzieren. Bezugnehmend auf aktuell im Diskursfeld der Kinder- und Jugendarbeitstheorie stattfindende Suchbewegungen, wie Demokratie und das Politische abseits eines Verständnisses von konsensorientierter und formaler politischer Partizipation reformuliert verstanden werden können, bieten sich radikaldemokratische Ansätze an. Diese rufen eine kritische Befragung bestehender Ordnungen aus und orientieren sich an einem Verständnis von Demokratie als Kampfzone. 

In Gesprächen mit den Anwesenden vor Ort stellte sich als Konsens heraus, dass das Politische im Alltag der OKJA aus radikaldemokratischer Perspektive u.a. eng mit Momenten des Konfliktes im Alltag von Kindern und  Jugendlichen verknüpft ist. Die Aufgabe der OKJA kann dann darin gesehen werden, die Streitfähigkeit von Kindern und Jugendlichen als Handeln und kritische Praxis zu verstehen und dies gleichzeitig als Ermöglichung und Veränderung zu sehen.