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Marcel Hönighausen

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Wirkstoffe in der Schwerelosigkeit getestet

Das Forschungsteam im Flugzeug (Bild: DLR)

Bei der 43. Parabelflugkampagne des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wurden insgesamt 11 Experimente aus verschiedenen Bereichen getestet. Mit dabei war auch das zellbiologische Experiment „RUTH“, welches unter Beteiligung der TH Köln die Auswirkungen von Schwerelosigkeit auf Neuronale Netzwerke und Gehirnorganoide untersucht.

Bei der 43. DLR Parabelflugkampagne im September in Bordeaux, Frankreich, waren insgesamt elf Experimente aus den Bereichen Biologie, Physik, Technologie und Materialwissenschaften mit an Bord des Airbus A310 ZERO-G. An drei aufeinanderfolgenden Kampagnentagen konnten die Experimente in der Schwerelosigkeit getestet werden. Jedes Flugmanöver bestand aus 31 aufeinanderfolgenden Parabeln, die für jeweils etwa 22 Sekunden Schwerelosigkeit erzeugten. Insgesamt standen so bei einer Flugkampagne circa 35 Minuten Schwerelosigkeit – im Wechsel mit normaler und nahezu doppelter Erdbeschleunigung – zur Verfügung, die Forschende für ihre Experimente nutzen konnten.

Nils Drouvé Nils Drouvé aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. El Sheikh war im Rahmen seiner Promotion mit an Bord des Airbus A310 ZERO-G. (Bild: DLR)

Ein Projekt der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dieser Kampagne war das zellbiologische Experiment „RUTH“, welches Auswirkungen von Schwerelosigkeit auf Neuronale Netzwerke und Gehirnorganoide untersucht. Es handelt sich um ein Verbundprojekt der Universitätsklinik Bonn (AG Prof. Dr. Volker Busskamp), der TH Köln (AG Prof. Dr. Sherif El Sheikh), des GSI Helmholtzzentrum Darmstadt (AG Dr. Insa Schroeder) und der Abteilung Applied Aerospace Biology des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin (Dr. Christian Liemersdorf). Hintergrund der Studie ist, dass sich lange Aufenthalte in Schwerelosigkeit bei Astronautinnen und Astronauten negativ auf Gehirnstruktur und -funktion auswirken könnten. Dies könnte die kognitive und motorische Leistungsfähigkeit einschränken und die Sicherheit von Missionen gefährden. Welche physiologischen Mechanismen diesen Veränderungen zugrunde liegen, ist bislang nicht ausreichend untersucht. Um mögliche Gegenmaßnahmen zu erforschen, wird im Experiment RUTH daher der Einfluss der veränderten Schwerkraft auf die Entwicklung, Struktur und Funktion neuronaler Netzwerke untersucht.

Ich bin super glücklich, dass ich im Rahmen meiner Doktorarbeit sowohl beim Test der Höhenforschungsrakete in Kiruna als auch beim Parabelflug in Bordeaux dabei war. Es waren spannende Experimente und dass die Wissenschaft dahinter auch funktioniert, macht es umso schöner", so Drouvé.

Durch den experimentellen Einsatz der Multi-Elektroden-Array (MEA)-Technologie auf einem Parabelflug konnte erstmalig die elektrophysiologische Untersuchung einer einzelnen Zelle auf die Ebene eines gesamten neuronalen Netzwerks erweitert werden. Im Vorfeld konnte das MEA-System bereits auf verschiedenen Gravitations-Forschungsplattformen wie z.B. der DLR-Kurzarm- Zentrifuge, dem ZARM-Fallturm in Bremen und den DLR-Höhenforschungsraketen MAPHEUS-12, -13, und -14 in Kiruna (Schweden) eingesetzt werden. Zusammen mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Volker Busskamp wurde die spontane Aktivität der von künstlich modifizierten und kultivierten Stammzellen gebildeten neuronalen Netzwerke in Echtzeit untersucht. Die Daten zeigen, dass die Schwerkraft als Umweltstimulus Veränderungen in der neuronalen Aktivität auslöst. Außerdem reagierten die neuronalen Netze besonders auf akute Veränderungen der mechanischen Belastung (Hypergravitation) oder Entlastung (Mikrogravitation), die die neuronale Funktion erheblich beeinträchtigen. Mit eigens entwickelten und synthetisierten pharmakologischen Wirkstoffen  analysiert die Forschergruppe der TH Köln um Prof. Dr. Sherif el Sheikh zusätzlich akute und präventive Behandlungsmöglichkeiten, um den Auswirkungen von veränderten Schwerkraftbedingungen auf die neuronale Übertragung entgegenzuwirken.

Video: Nils Drouvé in der Schwerelosigkeit

In dem Teilprojekt MiHBO (MicroHeavy Brain Organoids) wurden aus menschlichen Stammzellen erzeugte Gehirnorganoide verwendet, die in der Arbeitsgruppe Schroeder (GSI Helmholtzzentrum, Darmstadt) routinemäßig als Modellsystem für das komplexe menschliche Gehirn genutzt werden. Während des Parabelflugs wurde getestet, ob in Hyper-und Mikrogravitationsphasen Proben dieser Organoide für aufwendige Analysen von Veränderungen der Gehirnstruktur genommen werden können. Dabei kam eine eigens für diesen Zweck entwickelte Hardware (Rocket Organoids in Space, ROMS) zum Einsatz, die bereits auf der Höhenforschungsrakete MAPHEUS-14 im Februar getestet und nun in verbesserter Form auch für einen größeren Probenumfang erfolgreich genutzt wurde. Die gewonnenen Proben werden wertvolle Hinweise zu Veränderungen der Entwicklung, Struktur und Funktion neuronaler Netzwerke in der Schwerelosigkeit liefern und zur Bewertung der kognitiven Leistungsfähigkeit von Astronauten beitragen. Darüber hinaus dienen sie zur Vorbereitung möglicher Studien auf der Internationalen Raumstation.

Oktober 2024

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