Wie Humor am Arbeitsplatz wirkt

„Firmenfeiern sind wie das letzte Abendmahl: immer zu wenig Weiber, das Essen ist schlecht und am Ende gibt‘s Ärger.“ Mit solchen Sprüchen versucht Abteilungsleiter Stromberg in der gleichnamigen Serie, die Stimmung in der fiktiven Capitol Versicherung hochzuhalten – ohne Erfolg. Wann gelingt Humor? Und wie kann er sich positiv auf die Zusammenarbeit auswirken?

Damit beschäftigen sich Prof. Dr. Carsten Knaut und Manuel Sohr vom Schmalenbach Institut für Wirtschaftswissenschaften.

Welche Rolle nimmt Humor am Arbeitsplatz ein?

Prof. Dr. Carsten Knaut: Humor ist eine Art von Ventil: Witze werden genutzt, um über Dinge zu sprechen, die eigentlich tabu sind. Deswegen verrät der Humor im Büro viel über das Miteinander, die Organisationskultur. In den letzten Jahrzehnten hat sich unsere Arbeitswelt in einigen Bereichen stark gewandelt. Einen großen Teil der Wirtschaftsleistung macht heute die sogenannte Wissensarbeit aus, die eine intensivere Kommunikation voraussetzt.

Manuel Sohr: Da Humor eine Dimension der Kommunikation ist, spielt Humor eine wichtige Rolle für die zwischenmenschlichen Beziehungen am Arbeitsplatz. Humor kann zum Beispiel die Arbeitszufriedenheit, Leistung und den Gruppenzusammenhalt positiv beeinflussen. Wenn Humor jedoch negativ wahrgenommen wird, kann er diese Aspekte auch negativ beeinflussen. Um das zu vermeiden, sollte Humor am Arbeitsplatz bestimmte Grenzen nicht überschreiten und nicht beleidigend, aggressiv oder abwertend gegenüber anderen Personen sein.

Porträtbild von Manuel Sohr Manuel Sohr (Bild: privat)

Wie kann das gelingen?

Sohr: Humor ist grundsätzlich sehr kontext- und situationsabhängig und die Wahrnehmung von Humor unterscheidet sich zwischen verschiedenen Personen. Hierdurch kann eine humorvolle Äußerung in einer bestimmten Gruppe sehr gut ankommen, während sie bei einer anderen Gruppe nicht die gewünschten Effekte erzielt. Da wir die persönlichen Grenzen und Befindlichkeiten anderer Personen nur eingeschränkt einschätzen können, ist eine gute zwischenmenschliche Beziehung zwischen den beteiligten Personen wichtig, um zu erkennen, welche Form von Humor adäquat ist. In dieser Herausforderung liegt die Stärke von selbstironischem Humor, da dieser den Sender der Humorbotschaft selbst in den Mittelpunkt stellt und somit das Risiko umgeht, dass der Humor auf Kosten anderer Personen geht.

Warum kann Selbstironie bei der Arbeit förderlich sein?

Knaut: Nutzt man Selbstironie in der Kommunikation, signalisiert dies nicht nur, dass man sich selbst gegenüber nachsichtig ist, sondern auch, dass man anderen gegenüber dieselbe Nachsicht zeigt. In der Folge fühlen wir uns sicherer und diese psychologische Sicherheit fördert nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch die Kreativität und Entscheidungsfreude.

Sohr: Der offene Umgang mit Fehlern ist in der heutigen Arbeitswelt ein wichtiger Erfolgsfaktor. Wir konnten in einer Untersuchung empirisch bestätigen, dass selbstironischer Humor von Führungskräften sowohl das Wohlbefinden als auch die psychologische Sicherheit von Mitarbeitenden positiv beeinflusst. Spannend ist, dass selbstironischer Humor nur dann positive Auswirkungen hat, wenn die Beziehungsqualität zwischen einer Führungskraft und Mitarbeitenden gut ist.

Wie hat sich die Arbeitswelt im Hinblick auf Humor in den vergangenen Jahren verändert?

Sohr: Die zunehmende Sensibilität für bestimmte Themen, die politische Polarisierung und auch die zunehmende Diversität haben die Verwendung von Humor im Arbeitsumfeld verändert. Insbesondere für Führungskräfte sind das wichtige Argumente, warum sie Humor als riskant empfinden und ihn vermeiden. Hierdurch werden Konversationen jedoch zunehmend sachlich und professionell, und Mitarbeitende lassen ihren Sinn für Humor zu Hause. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass es insbesondere bei Wissensarbeit ein gesundes Maß an Humor benötigt, um kollaborativ komplexe Probleme zu lösen.

Porträt Prof. Dr. Carsten Knaut (Bild: privat)

Beeinflusst Humor auch die Reflexionsfähigkeit?

Knaut: Welchen Humorstil wir entwickeln, hängt von vielen Faktoren ab. Unser Sinn für Humor ist das Ergebnis unserer sozio-emotionalen Entwicklung, von der Kindheit bis zum Erwachsenenalter, sowie unserer kognitiven Fähigkeiten. Darüber hinaus spielen unser Umfeld und unsere Lebensumstände eine große Rolle. Wenn wir unsicher sind, machen wir uns eher über andere lustig. Wenn wir aber selbstbewusst sind und akzeptieren, dass wir auch Fehler machen, tendieren wir dazu, uns über uns selbst lustig zu machen. Dieser positive, selbstreflektierende Humor (self-deprecating humor) fördert ein inklusives Miteinander.

Gibt es einen Unterschied im Stellenwert von Humor am Arbeitsplatz in Deutschland und anderen Ländern?

Sohr: Studien zeigen, dass es kulturelle Unterschiede insbesondere bei der Verwendung und Wahrnehmung von Humor gibt. Ein Beispiel ist, dass Humor von Führungskräften in autoritären Ländern nicht üblich ist. Der offene Umgang mit Fehlern durch eine Führungskraft und die Äußerung dieser durch selbstironischen Humor kann hier zum Beispiel als Schwäche wahrgenommen werden und die Autorität der Person verringern. Diese Unterschiede sorgen dafür, dass Forschungsergebnisse zu Humor nur eingeschränkt auf andere Kulturen übertragbar sind.

Knaut: Es gibt auch Unterschiede zwischen östlichen und westlichen Nationen, was die Wahrnehmung von Humor betrifft. Faszinierenderweise lässt sich jedoch in allen Kulturen ein Zusammenhang zwischen Humor und Wohlbefinden feststellen. Das macht die Forschung zum Humor einerseits spannend und gleichzeitig so wertvoll.

Februar 2024

Ein Beitrag von

Carolin Brühl

Hochschulreferat Kommunikation und Marketing


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