Wie das Risiko für Waldbrände minimiert werden kann
Vom Nationalforst Klamath im US-Bundesstaat Kalifornien bis in die Sächsische Schweiz: In vielen Ländern der Welt wüten aktuell heftige Waldbrände. Aber wie entstehen diese eigentlich? Und welche präventiven Maßnahmen können getroffen werden, um das Risiko zu reduzieren? Prof. Dr. Udo Nehren vom Institut für Technologie- und Ressourcenmanagement in den Tropen und Subtropen (ITT) im Interview.
Prof. Nehren, wie entstehen Waldbrände?
Da muss man unterscheiden zwischen natürlichen und anthropogenen, also menschgemachten, Faktoren, die je nach Region unterschiedlich häufig vorkommen. Natürliche Faktoren sind eine lang andauernde Trockenheit und hohe Temperaturen, die zu einer sogenannten Selbstentzündung führen. Das heißt, Material im Wald entzündet sich spontan selbst. Dafür werden allerdings sehr hohe Temperaturen und trockene Biomasse am Boden benötigt. Ein zweiter natürlicher Faktor sind Blitze. Darüber hinaus gibt es anthropogene Ursachen für Waldbrände. Die sind entweder auf Vorsatz – wie etwa Brandstiftung – oder auf Fahrlässigkeit, beispielsweise durch weggeworfene Zigaretten, Funken beim Grillen oder Feuerwerke, zurückzuführen. Für das Jahr 2019 weist das Umweltbundesamt für Deutschland 1360 Brände aus. Bei 51,5 Prozent davon blieb die Ursache unbekannt, während 18,6 Prozent auf Brandstiftung und 22,7 Prozent auf Fahrlässigkeit zurückzuführen waren. Ausschließlich natürliche Ursachen hatten lediglich 2,4 Prozent der Waldbrände, weitere 4,8 Prozent entstanden durch sonstige Einwirkungen, unter anderem durch Unfälle.
In welchen Regionen treten Waldbrände besonders häufig auf?
Waldbrände breiten sich unter hohen Temperaturen und Trockenheit aus, wenn eine große Menge an brennbarem Material, wie Holz oder Gras, vorhanden ist. Natürlicherweise ist dies in sommertrockenen mediterranen Gebieten, wie dem Mittelmeerraum, Kalifornien, Südafrika, Zentralchile, und bestimmten Regionen in Australien der Fall. Weiterhin sind Waldbrände charakteristisch für Savannen, Trockenwälder, Steppen und sommertrockene kontinentale Nadelwälder, wie wir sie Sibirien finden. In Europa ist der Mittelmeerraum, vor allem die Länder Griechenland, Italien, Spanien und Portugal, stark betroffen. Dort, und auch in anderen Regionen, gehören Feuer zur Ökologie dazu. Viele Pflanzen sind an diesen Orten entweder an zyklisch auftretende Feuer angepasst, verschaffen sich durch diese einen Konkurrenzvorteil, oder sie benötigen das Feuer sogar für ihre Ausbreitung. So gibt es in Australien zum Beispiel bestimmte Arten, die ihre verholzten Samenstände erst bei sehr hohen Temperaturen öffnen und sich daher nur nach Buschfeuern verbreiten können. In Deutschland gibt es natürlich auch Waldbrände, wie beispielsweise zuletzt in Brandenburg oder der Sächsischen Schweiz. Allerdings sind diese aufgrund des gemäßigten Klimas mit ganzjährigen Niederschlägen nicht so ausgeprägt und gehören auch nicht zyklisch zum Ökosystem, wie Brände in den mediterranen Regionen oder Savannen.
Nimmt das Waldbrandrisiko mit Blick auf den Klimawandel weltweit zu?
Global lässt sich die Frage nur schwer beantworten und bedarf vertiefender wissenschaftlicher Untersuchungen. Klar ist, dass der globale Temperaturanstieg ein für das Waldbrandrisiko förderlicher Faktor ist. Allerdings werden nicht alle Regionen der Erde durch den Temperaturanstieg zwangsläufig trockener, denn es kommt im Zuge des Klimawandels auch zu Veränderungen der Niederschlagverhältnisse, sodass manche Regionen auch feuchter werden können. Hierdurch kann das Waldbrandrisiko lokal sogar sinken. In Südeuropa zeigen Klimamodelle jedoch eine eindeutige Erhöhung des Waldbrandrisikos und auch im Südwesten und Osten Deutschlands müssen wir uns auf ein höheres Risiko einstellen.
Mit welchen präventiven Maßnahmen kann die Waldbrandgefahr reduziert werden?
Ähnlich wie beim Thema Hochwasser sind Gefahrenkarten, die Risikogebiete kennzeichnen, effektive Frühwarnsysteme und eine gute Kommunikationsstruktur immens wichtig. Auch Schneisen sind sinnvoll, damit keine größeren Flächen abbrennen und Löschteiche können der Feuerwehr die Arbeit erleichtern. Darüber hinaus muss sich das Wald- und Ökosystemmanagement den sich verändernden klimatischen Bedingungen anpassen. Besonders Nadelwälder sind hierzulande gefährdet, vor allem, wenn sie in Monokulturen auftreten. Die Kiefer hat zum Beispiel sehr lichte Baumkronen und lässt somit viel Sonne auf den Waldboden durch. Das Harz von Nadelbäumen ist zudem leicht entzündlich. Langfristig müssen daher unsere Wälder umgebaut werden. Das heißt, weg von Monokulturen und hin zu Mischwäldern. Das ist allerdings eine echte Mammutaufgabe, die Zeit kostet und bei der verschiedene Interessen gegeneinander abgewogen werden müssen.
Was meinen Sie damit?
Es gibt beim Thema Wald und Waldbrandprävention verschiedene Akteure mit unterschiedlichen Rollen und dementsprechend eben auch mit unterschiedlichen Interessen. Aus Sicht der Forstwirtschaft müssen vor allem Wälder produktiv sein, aus Sicht des Naturschutzes divers und aus Sicht der Gefahrenabwehr möglichst resilient und angepasst an den Klimawandel. Durch diese teils konträren Interessenlagen entstehen schon bei der Prävention Konflikte. Das sieht man sehr gut an der Debatte um Totholz. Aus Sicht des Naturschutzes ist es begrüßenswert, dass Totholz liegenbleibt, weil es ein wichtiges Element des Ökosystems ist und die Biodiversität fördert. Andererseits ist es aber aus Sicht der Waldbrandprävention ein gutes Brennmaterial. Hier bedarf es also einer interdisziplinären Zusammenarbeit, die aus meiner Sicht stärker forciert werden müsste.
August 2022