Kabelziehen mit der Maus
Wer elektronische Musik gemeinsam und synchron über Distanz machen will, kann ein neues Tool ausprobieren: Sebastian Brock, Absolvent im Masterstudiengang Medieninformatik, hat in seiner Abschlussarbeit „Websynth“ entwickelt, einen web-basierten Synthesizer, über den mehrere Musiker*innen in Echtzeit kollaborieren können.
Modular-Synthesizer haben bereits seit den 1960er Jahren die Entwicklung der modernen Musik maßgeblich mitgeprägt – nicht nur im Electro-Bereich. Es gibt Module zur Klangerzeugung (wie Oszillatoren und Rauschgeneratoren), Module zur Klangveränderung (Filter, Verstärker und Effekte) und solche zur Steuerung von Parametern anderer Module (zum Beispiel Sequenzer). Die verschiedenen Module werden über Patchkabel miteinander verbunden und können beliebig angeordnet und individualisiert werden. Das endgültige Signal wird über einen Lautsprecher aus- oder an ein Aufnahmegerät weitergegeben.
Websynth
Auch bei der web-basierten Version von Sebastian Brock zieht man mit der Maus Kabel von einem Modul zum nächsten. Im Unterschied zur analogen Version können mit Websynth mehrere Personen gleichzeitig arbeiten, ohne sich beim Kabelziehen oder an den Schaltern und Reglern mit den Händen in die Quere zu kommen. Über den Maus-Anzeiger sieht man die Aktionen der Kollaborateure. Und diese können über große Distanzen gemeinsam an einem Stück arbeiten. „Bei einem herkömmlichen Modular-Synthesizer ist das nahezu unmöglich, da kein Synthesizer im Aufbau einem anderen gleicht, sodass für die Zusammenarbeit stets ein örtlicher Bezug nötig ist“, sagt Sebastian Brock. Für ein gemeinsames Livekonzert sei Websynth aber weniger geeignet, da bei der Synchronisation immer eine leichte Latenz vorhanden ist. Das sei auch nicht das Ziel seiner Arbeit gewesen.
„Für Modular-Synthesizer habe ich mich tatsächlich schon mehrere Jahre interessiert, aber ich bin nie so richtig in das Thema eingestiegen. Leider ist der Bau dieses Instruments auch ein wenig teuer. Professor Christian Noss hat mich auf das Thema „Sound im Web“ angesprochen, woraus ich die Idee entwickelt habe, beide Themen zu verbinden. Durch die Vorteile des Webs hinsichtlich Kollaboration ist dieses Thema dann zusätzlich in den Fokus gerückt. Tatsächlich ist das ein neues und noch weitestgehend unerforschtes Anwendungsfeld.“
Sebastian Brock würde Websynth gerne weiterentwickeln, die Funktionalitäten erweitern und das System generell optimieren. „Ich habe noch einige Ideen für Module und Funktionalitäten, welche man hinzufügen könnte. Dafür hat mir in meiner Abschlussarbeit am Ende die Zeit nicht gereicht. Zusätzlich sind von Seiten der Prüfer sehr interessante Ansätze zum Thema Hardwareintegration gekommen, sodass man die virtuellen Module zum Beispiel durch einen realen Regler bedienen kann, welcher mit dem Computer verbunden ist.“
Für seine Masterarbeit erhielt der 22-jährige Wiehler die Gesamtnote 1,5. Betreut wurde er von den Professoren Christian Noss und Dr. Christian Faubel. Sebastian Brock hat bereits den Bachelorstudiengang Medieninformatik am Campus Gummersbach erfolgreich absolviert. Jetzt startet er als Web-Entwickler bei der Gummersbacher Web-Agentur „Kiwis&Brownies“.
Oktober 2024