Von Grumpy Cat bis zum Capybara: Welche Rolle Tiere im Influencer*innen-Marketing spielen
Mit Bildern und Videos von mürrisch aussehenden Katzen, Hundewelpen oder badenden Wasserschweinen, auch Capybaras genannt, können Influencer*innen in den sozialen Medien viel Geld verdienen. Prof. Dr. Amelie Duckwitz vom Institut für Informationswissenschaft spricht im Interview über das Phänomen des Petfluencer-Marketings und darüber, worauf Follower*innen bei tierischem Content achten sollten.
Prof. Duckwitz, was sind Petfluencer?
Petfluencer sind Tiere, die quasi den gleichen Job machen wie menschliche Influencer*innen: Mit ihrer Präsenz in den sozialen Medien bewerben sie Produkte, Services und Marken und verdienen damit Geld – beziehungsweise die Menschen, die hinter diesen Tieren stehen, verdienen damit Geld. Dazu laden diese besonders süße, coole oder lustige Bilder und Videos von ihren Tieren auf den einschlägigen sozialen Plattformen hoch, um sich eine Fangemeinde aufzubauen. Wenn das gelingt, werden die Tiere natürlich auch für bestimmte Marken und Branchen als Werbepartner relevant.
Tiere als Werbebotschafter – ist das ein Phänomen der sozialen Medien?
Tierisches Marketing gab es auch schon, bevor es die Bezeichnung Petfluencing dafür gab – man denke etwa an eine gewisse sehr berühmte lilafarbene Kuh. Die sozialen Medien haben aber sicherlich dafür gesorgt, dass sich die Marketingpotenziale von Tieren erhöht haben – allein schon deshalb, weil die Zielgruppen viel konzentrierter adressiert werden können. Ausgangspunkt für das Aufkommen der Petfluencer war die allgemeine Popularität von Katzenvideos und Aufnahmen anderer Haustiere. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Grumpy Cat – eine Katze, die durch ihren mürrisch anmutenden Gesichtsausdruck Bekanntheit erlangte, zu einem Internetphänomen wurde und seit 2013 eine eigene Marke ist. Das große Interesse an tierischem Content machen sich heute auch Influencer*innen zunutze und binden ihre Haustiere entweder auf ihren eigenen Kanälen mit ein oder inszenieren sie als Petfluencer mit eigenen Kanälen.
Für wen ist tierischer Content besonders interessant?
Wenn wir jetzt einmal von den klassischen Heimtieren ausgehen, dann gibt es zum einen schätzungsreise etwa 14 Millionen Katzen- und elf Millionen Hundebesitzer*innen in Deutschland, die sich für solche Inhalte potenziell begeistern lassen. Hinzu kommen Menschen, die gerne ein Haustier hätten, sich als Tierliebhaber*in verstehen, oder sich einfach nur daran erfreuen. Zum anderen setzt der Heimtiermarkt deutschlandweit jährlich mehrere Milliarden Euro mit Tiernahrung, Zubehör, Spielzeug und vielem mehr um – das heißt, es gibt zahlreiche Firmen und Akteur*innen aus dieser Branche, die sich für Petfluencer als mögliche Werbebotschafter interessieren.
Warum sind Bilder von Katzen und andere Tiervideos so populär?
Solche Inhalte decken ganz viele Motive der Mediennutzung ab – vor allem deshalb, weil sie relativ zuverlässig Emotionen auslösen. Dass Tiere einen positiven Einfluss auf Menschen haben, ist ja längst bekannt und das kann eben auch über Social Media funktionieren. Ein Beispiel dafür ist das Cute Marketing, also Werbung nach dem Kindchenschema. Tiere, die besonders süß inszeniert werden, können Glückshormone auslösen und im Idealfall für ein wohliges Empfinden bei Betrachter*innen sorgen. Ein anderes Motiv kann Eskapismus sein. Das Ansehen von Katzenbildern und anderen Inhalten dient dann als Ablenkung oder auch als reiner Zeitvertreib. Tierische Darstellungen können aber auch einfach nur unterhaltsam oder lustig sein. Ein weiterer Aspekt ist die Identifikation von Haustierbesitzer*innen oder Tierliebhaber*innen mit dem Gesehenen.
Welche Gefahren bringt das Petfluencer-Marketing mit sich und worauf sollte man als Follower*in achten?
Bei aller Begeisterung für Tiercontent muss man sich schon fragen, ob eine Vermenschlichung von Tieren – wenn sie beispielsweise Kostüme angezogen bekommen – überhaupt notwendig und richtig ist und dem Tierwohl entspricht. Da sollte man auf jeden Fall sehr genau hinsehen. Das gilt aber nicht nur für die Darstellungen der Tiere, sondern auch für die Inhalte, die transportiert werden. Wenn Haustiere beispielsweise vegetarisch oder vegan ernährt werden, obwohl sie eigentlich Karnivoren, also Fleischfresser, sind, dann kann das gesundheitsgefährdend sein. Hier muss man sich als Beobachter*in bewusstmachen, dass nicht alle Influencer*innen, die ihre Haustiere inszenieren, auch Expert*innen sind, deren Beispiel man folgen sollte. Bei wichtigen Fragen oder Unklarheiten sollte man sich daher eher an Züchter*innen oder entsprechende Vereine wenden.
Ebenfalls kritisch sollte man bei bestimmten Katzen- oder Hunderassen sein: Es gibt Züchtungen, wo aus rein ästhetischen Gründen gezielt eine Genmutation weitervererbt wird – zum Beispiel der Merle-Faktor, eine bestimmte Farbvariation des Fells bei Hunden. Solche Genmutationen können schwerwiegende gesundheitliche Risiken für die Tiere mit sich bringen. Auch deshalb sollte man sich immer auch bei entsprechenden Expert*innen informieren.
Dezember 2022