Prof. Dr. Stefan Altmeyer

Prof. Dr. Stefan Altmeyer

Informations-, Medien- und Elektrotechnik
Institut für Angewandte Optik und Elektronik (AOE)

Prof. Dr. Uwe Oberheide

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Informations-, Medien- und Elektrotechnik
Institut für Angewandte Optik und Elektronik (AOE)

Über den Nobelpreis für Physik im Bereich der Optischen Technologien

In diesem Jahr wurde der Nobelpreis für Physik im Bereich der Optischen Technologien vergeben. Prof. Dr. Stefan Altmeyer sowie Prof. Dr. Uwe Oberheide vom Institut für Angewandte Optik und Elektronik erklären, welchen Stellenwert die Lasertechnologien für die Optischen Technologien haben.

Drei WissenschaftlerInnen, Donna Strickland, Gerard Mourou und Arthur Ashkin, erhielten die Auszeichnung für Lasertechnologien, die Verstärkung ultrakurzer Laserpulse  und die sogenannte Optische Pinzette. Was konkret haben die Forscherinnen und Forscher entwickelt?
Prof. Dr. Uwe Oberheide: Das sind zwei verschiedene Themen, die an einander angrenzen. Bei dem einen geht es um eine neue Art von Lasern, sogenannte Ultrakurzpulslaser, die in der Medizin und Biotechnologie sehr gewinnbringend angewandt werden. Das zweite Thema: die sogenannte Optische Pinzette. Das ist ein auf Licht basierendes Manipulationssystem für Zellen und kleine Gegenstände. Mit der Optischen Pinzette lassen sich beispielsweise Stammzellen ohne Berührung bewegen oder DNA anfassen – was für die Biotechnologie sehr bedeutend ist. Beide Systeme werden häufig zusammen eingesetzt. Deswegen sind sie auch in einem Nobelpreis zusammen vergeben worden.

Wo wird die Lasertechnik heute schon eingesetzt?
Prof. Dr. Uwe Oberheide: Die ultrakurzen Laserpulse, auch Femtosekundenlaser genannt, sind beispielsweise in der Augenmedizin zu einem unersetzbaren Werkzeug im Bereich der Fehlsichtigkeitskorrekturen geworden. 130.000 Operationen werden seit 2003 jährlich mit dieser Technik in Deutschland durchgeführt, weltweit sind es sechs bis acht Millionen. In der Automobilindustrie werden Einspritzdüsen in modernen Verbrennungsmotoren mit Femtosekundenlasern bearbeitet. Auch in der Krebsforschung sowie in allen Bereichen der Genetik spielt diese Technologie eine große Rolle. Es ist also für unser Lebensumfeld eine absolut bedeutende Erfindung, die die Forscherin und die Forscher da gemacht haben. 

Wodurch zeichnen sich die ultrakurzen Laserpulse aus?
Prof. Dr. Uwe Oberheide: Das Bahnbrechende an den Laserpulsen ist, dass man sehr viel Energie in einem kleinen Volumen in einem kurzen Zeitraum konzentriert. Es handelt sich dabei um ein hochpräzises Materialbearbeitungsverfahren; die Laserpulse arbeiten wie ein Skalpell, weil sie Materialgewebe schneiden: Man kann sehr schnell das Gewebe lokal in dem Bereich von Tausendstel Millimetern zerreißen, bearbeiten oder verdampfen, ohne dass außerhalb dieser Stelle Gewebe geschädigt wird. Das Schöne ist, dass man mit den Femtosekunden-Laserpulsen nicht auf die Oberfläche von Material beschränkt ist, sondern im Innern arbeiten kann, ohne die Oberfläche zu beschädigen. Die Technik wird Sehendes Skalpell genannt: Man kann sie mit anderen optischen Technologien, mit denen man in das Material hineinschauen kann, kombinieren. Es ist also eine Bildgebung von dem Objekt, das man haben möchte, möglich. Mit dem Laserpuls kann man automatisch zum Zielgebiet hinführen.

Wie arbeiten Sie konkret mit dieser Entwicklung?
Prof. Dr. Uwe Oberheide: 2002 habe ich in Hannover an einem System für die Augenheilkunde gearbeitet, dessen Grundkonzept heute von der Firma Carl Zeiss genutzt wird. 2004 stand das erste Modell in Köln. Dort habe ich die Technik betreut. Heute arbeiten wir daran, im Bereich der Altersweitsichtigkeit Laserbearbeitungsverfahren für die Augenlinse, die im Alter immer härter wird, zu entwickeln. Mit dem Verfahren kann man sie mikrometergenau beeinflussen. Das war vorher so nicht möglich.

Inwiefern ist die Erfindung der Optischen Pinzette für die Wissenschaft relevant?
Prof. Dr. Stefan Altmeyer: 1967 entwickelte der Wissenschaftler Arthur Ashkin das Verfahren zum berührungslosen Halten, Bewegen und Manipulieren von kleinen Teilchen in Flüssigkeiten. Er stellte fest, dass im Fokuspunkt eines Laserstrahls haltende Kräfte auftreten. Wenn man einen Partikel genau in diesen Fokusbereich (die sogenannte optische Falle) bringt, wird er dort in einem kleinen Volumen mit einer bestimmten Kraft gehalten. Die Optische Pinzette hilft dabei, beispielsweise einzelne  Zellen oder auch Bestandteile einer Zelle berührungslos an eine gewünschte Position zu bringen oder aber genetisches Material von einer Zelle in andere Zellen zu überführen. Das ist in der Medizintechnik und Genetik heute ein Standardverfahren geworden.

Was erforschen Sie in diesem Zusammenhang an Ihrem Institut?
Prof. Dr. Stefan Altmeyer: Wir beschäftigen uns mit der Frage, wie hoch die Haltekraft ist, die der Partikel erfährt und wie groß die Positioniergenauigkeit ist. Um eine brauchbare  Technologie daraus zu machen, muss die Lichtverteilung präzise stimmen. Die Lichtmenge darf nicht zu groß sein, denn insbesondere biologische Partikel können bei zu viel Licht oder Wärme Schaden nehmen. Hier kommen diffraktive Optiken ins Spiel, das sind digitale Hologramme, die auf dem Computer berechnet werden. Sie werden in kleine Geräte, sogenannte Mikrodisplays eingeschrieben. Werden diese mit einem Laser beleuchtet, ergibt sich die gewünschte Lichtverteilung für die optische Falle. Damit können Biologinnen und Biologen beispielsweise Spermien sortieren oder Teile in einer Zelle manipulieren, ohne die jeweilige Zelle zu öffnen. Man kann mit den digitalen Hologrammen die erforderlichen Haltekräfte sehr genau einstellen und eine freie Positionierung vornehmen – so wie es für biologische Fragestellungen relevant ist.

Inwiefern sind diese Erkenntnisse für Ihre Lehre relevant?
Prof. Dr. Uwe Oberheide: Sie gehen an zwei Stellen in meine Lehrveranstaltungen ein. Zum einen vermittele ich, welchen Einfluss Licht auf bestimmte Materialien hat. Durch Licht kann beispielsweise Kunststoff brüchig werden. Bei den Laserprozessen schaut man sich kurzzeitige, in Sekundenbruchteilen stattfindende Prozesse an. Die Studierenden untersuchen diese Prozesse und wie man diese Eigenschaften für die Optik oder Materialwissenschaft nutzen kann.

Prof. Dr. Stefan Altmeyer: Am Institut für Angewandte Optik und Elektronik ist das Oberthema zunächst der physikalische Sachverhalt. Wir wollen die Studierenden in die Lage bringen zu verstehen, wie die Technologien funktionieren. Das eröffnet ihnen viele Möglichkeiten: Sie können laserchirurgische Eingriffe erarbeiten, Laseranlagen oder optische Pinzetten steuern. Es gibt verschiedene Industriezweige, die digitale Hologramme nutzen, beispielsweise im Bereich der Augmented-Reality-Brillen oder Head-up-Displays, die Bilder in Windschutzscheiben von Autos einspielen. Wir bilden in diesen Basistechnologien Studierende aus, so dass sie später in der Lage sind, aktiv auf solchen High-Tech-Gebieten zu arbeiten. 

Oktober 2018

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