Sportnachrichten aus Social-Media-Quellen - reicht das?
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Können Sportnachrichten nur aus Social-Media-Quellen generiert werden? Bieten die Tweets, Posts und "Selfies" in den sozialen Netzwerken von Sportlern und Fans echten Nachrichtenwert? Das Sport-Ressort des Studiengangs Online-Redakteure hat ein öffentliches Experiment unternommen.
Initiiert von der Internetredaktion der Sportschau beobachteten 12 Studenten beim WDR eine Woche lang die sozialen Netzwerke nach sportnachrichtlich relevanten Beiträgen – abseits von den offiziellen Verlautbarungen der Vereine und Nachrichtenagenturen. Die gefundenen Meldungen wurden kuratiert, redaktionell aufbereitet und auf sportschau.de veröffentlicht.
Profi-Fußballer sind sehr aktiv
Für die Studenten Jan Schlenker und David Kniel ist die redaktionelle Arbeit mit dem engen Fokus auf das Social Web neu. Quer durch alle Sparten sind SportlerInnen in Twitter, auf Facebook, Instagram und YouTube unterwegs. Vor allem die Profi-Fußballer sind sehr aktiv. Fast schon täglich stellen sie Reise- und Trainingsfotos ein, kommentieren ihre Spiele, rufen Fans zu Spieltipps auf. "Das ist ein ganz anderes Arbeiten. Die persönlichen Beiträge sind direkte Quellen, über die man weitere Informationen und Fakten recherchieren muss. Einige eignen sich auch tatsächlich als Aufhänger für eine Agenturmeldung", sagt Jan Schlenker. David Kniel gefällt die Möglichkeit, schnell einen persönlichen Kontakt zum Sportler herzustellen. "Das geht natürlich nicht bei einem Lionel Messi, aber weniger bekannte Sportler erreicht man so ganz gut und kann quasi ein Mini-Interview führen."
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Viel Kurioses und persönliche Geschichten
Doch bei vielen Beiträgen geht der Nachrichtenwert gegen Null. Eigen- und Schleichwerbung oder Hinweise auf Sponsoren sind nicht nur auf den offiziellen Vereinsseiten üblich, sondern auch bei den Profi-Kickern. Unterhaltsam ist die Arbeit trotzdem. Jan Schlenker und David Kniel fischen viel Kurioses und persönliche Geschichten aus dem Netz, die eine Webseite wie sportschau.de bunter und lebendiger machen können. Manchmal geht dabei ein dicker Fisch in die Fänge. Wie die Nachricht von Mats Hummels Bandausriss. Der BVB-Abwehrspieler veröffentlichte die Diagnose und seine Enttäuschung, den Rest der Hinrunde nicht mehr spielen zu können, bevor sein Verein selbst an die Öffentlichkeit ging. Für die Sportschau-Redaktion ein Top-Meldung, die sie noch vor den Nachrichtenagenturen veröffentlichen konnte. Deshalb hat Sportschau-Redakteur Oliver Hinz das Projekt angestoßen.
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Wiederholung geplant
"Eine Woche reicht für eine repräsentative Studie natürlich nicht aus", räumt er ein. Der Fußball dominiert aufgrund seiner medialen Präsenz auch in den sozialen Netzwerken, aber die Jahreszeit hat ebenfalls großen Einfluss: In vielen Sommer-Sportarten ist die Saison gerade vorbei, deutsche Wintersportler sind im Social Web weniger unterwegs. Hinz will das Projekt mit den Online-Redakteuren wiederholen, wenn möglich über einen längeren Zeitraum. "Dann könnten wir auch über die Qualität der Sport-Blogs eine verbindliche Aussage treffen." Er ist überzeugt, dass zusätzliche Nachrichten aus Social-Media-Quellen das Angebot auf sportschau.de bereichern.
Jetzt beginnt die Auswertung
Den Nachrichtenwert der gesammelten Beiträge nehmen jetzt Masterstudenten der Markt- und Medienforschung noch einmal genauer unter die Lupe. Dazu haben sie ein Bewertungssystem entwickelt. Neben der reinen Zahlenanalyse findet auch ein inhaltlicher Vergleich statt, um die Qualität der Meldungen mit dem klassischen Angebot der Sportschau vergleichen zu können.
Projektleiter Prof. Konrad Scherfer ist vom Engagement seiner Studierenden und ihrem sicheren Umgang mit Social-Media-Diensten beeindruckt: "Die Projektwoche hat gezeigt, dass auf Grundlage von Social-Media-Quellen sportjournalistisch gearbeitet werden kann. Eine gute Quellenlage gibt es im Social Web vor allem für den Profifußball. Auffällig war ein hoher Anteil an kuriosen und bunten Meldungen. Also wenn zum Beispiel Spieler des FC Bayern auf dem Weg zum Auswärtsspiel nach Moskau ein Selfie im Flugzeug machen. Aber wieso soll sich das Online-Angebot von sportschau.de hier nicht etwas abgucken?"
(Text: Monika Probst, 29.11.2013)
November 2013