KI-Sensoren im Rennsport

Von der Automatikschaltung bis zum Hybridantrieb - viele Innovationen aus dem Motorsport landen auf unseren Straßen. Die Weiterentwicklung hochautomatisierter Fahrzeuge hat auch das internationale Kooperationsprojekt ShapeFuture zum Ziel. Mit dabei: Zwei Doktoranden vom Campus Gummersbach, die sich dabei auf den Rennsport konzentrieren.

Über das Museum von Toyota Gazoo Racing Europe in Köln-Marsdorf erzählen Noah Pütz und Jens Brandt recht beeindruckt, denn hier steht ein ganzer Fuhrpark an alten und neuen Wagen, die der Rennstall vor allem im Langstreckenbereich entwickelt hat und die Geschichte technischer Entwicklungen dokumentieren.

Die Zusammenarbeit mit einem Rennsport-Team ist für die beiden Doktoranden reizvoll.  Gerade im Rennsport könne man durch das Prototyping schnell zu Erkenntnissen kommen, die sich dann in normale Serienfahrzeuge übertragen lassen: „Die Entwicklung einer KI kann durch dieses sogenannte fast-paced Environment rasante Geschwindigkeit aufnehmen. Eine Entwicklung kann so innerhalb von wenigen Wochen in einem Automobil laufen, statt wie bisher erst nach einigen Jahren,“ so Pütz.

Bereits bei ihren Abschlussarbeiten im Master Automation & IT haben Pütz und Brandt mit Toyota Gazoo Racing kooperieren können. Mit so überzeugenden Ergebnissen, dass der Rennstall beim ShapeFuture-Projekt die Zusammenarbeit mit der TH Köln fortsetzen wollte. ShapeFuture ist eine Initiative der Chips Joint Undertaking, die von der Europäischen Union ins Leben gerufen wurde, um Europas digitale und Halbleiter-Autonomie zu stärken. Das Projekt wird über drei Jahre mit insgesamt  10.500.000 Euro gefördert, davon entfallen 530.000 Euro an die TH Köln.

ShapeFuture zielt darauf ab, Innovationen im Bereich der elektronischen Komponenten und Systeme voranzutreiben, um die Entwicklung hochautomatisierter Fahrzeuge zu unterstützen. Konkret geht es um die Verbesserung und Validierung der im Projekt entwickelten KI-Softwaresensoren. Mit 42 Partnern aus 12 Ländern, darunter namhafte Automobilhersteller, Halbleiterunternehmen, Technologiepartner, Universitäten und Forschungseinrichtungen, verkörpert dieses Projekt eine kollaborative Herangehensweise an technologische Entwicklungen. Koordiniert wird die Initiative von der Infineon Technologies AG.

In Kooperation mit Toyota Gazoo Racing Europe liegt der Part der TH Köln auf der Entwicklung zuverlässiger, KI-basierter virtueller Sensoren für hochautomatisierte Fahrzeuge.

Ein virtueller Sensor ist Software, die genau den gleichen Output ergibt wie ein normaler Sensor (also ein Wert über Zeit). Der virtuelle Sensor misst diesen aber nicht, sondern schätzt den Wert basierend auf den Daten des „echten“ Sensors. Am Institut für Data Science, Engineering, and Analytics des Campus Gummersbach beschäftigen sich maßgeblich die beiden Doktoranden Noah Pütz und Jens Brandt mit dem Forschungsprojekt. Am Campus Gummersbach werden sie betreut von Prof. Dr. Thomas Bartz-Beielstein.

Unbalancierten Regressionsproblemen und Ausfälle

Noah Pütz untersucht das Verhalten von virtuellen Sensoren in sogenannten Edge-Case Szenarien. Die Herausforderung besteht darin, dass nur wenige Datenpunkte für das Training der KI vorhanden sind. Ein Beispiel: Der Slip Angel in einem PKW beschreibt wie stark ein Auto während der Fahrt driftet. Basierend darauf können Systeme im Auto das Fahren sicherer machen. Ein im Wagen eingebauter Slip-Angel Sensor kosten bis zu 50.000 Euro. Zu teuer, um ihn in jedes Serienfahrzeuge einzubauen. Daher werden die Daten aus einem Wagen als Datenbasis für skalierbare virtuelle Sensoren genommen. Der virtuelle Sensor soll den Wert für den Slip Angle schätzen, damit er später  auf verschiedene Fahrzeuge übertragen werden kann.

Diesen sogenannten unbalancierten Regressionsproblemen wird sich Noah Pütz in seiner Promotion widmen.

Jens Brandt möchte in seiner Forschungsarbeit virtuelle Sensor-Modelle so trainieren, dass sie robuster gegenüber Ausfällen sind. Während Menschen, wenn sie sich beispielsweise ein Auge verdecken, dennoch ihre Umgebung erkennen können, beispielsweise Gegenstände oder Personen, kommt eine KI mit dieser Situation aktuell nicht zurecht.

Forschungsreise nach Kalifornien

„Wir konzipieren einen Algorithmus, setzen anschließend Experimente auf und definieren unsere Testszenarien. Dabei wollen wir hausfinden, ob unser Modell auch in einem realen Fahrszenarien mit realen Herausforderungen verlässlich funktionieren“, erklären die Doktoranden ihren Arbeitsalltag, der überwiegend am Rechner stattfindet.

In den kommenden Monaten geht es aber raus aus dem Büro und ab in der Flieger nach Kalifornien auf Forschungsexkursion: Pütz und Brandt werden das Center for Automotive Research an der Stanford University besuchen, das Toyota Research Institute (TRI)  in Palo Alto und abschließend auf der Rennstrecke Thunderhill Raceway Park mit TRI regelmäßig Experimente durchführen.

September 2024

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Ein Beitrag von

Monika Probst
Campus Gummersbach


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