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Notfallversorgung für Kulturgüter nach Flut

Das Hochwasser in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Juli 2021 hat auch vor Kunst keinen Halt gemacht und so wurden viele kulturelle Güter in Museen und Archiven beschädigt. Das Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft (CICS) half direkt nach der Erstbergung, die Objekte vor dem Verfall zu retten.

Erste Hilfe für durchtränkte und verschlammte Archivalien: Ein gesamter Planschrank des Ruhr Museums Essen mit acht Schubladen, in denen sich rund 150 Pläne und Fotografien befanden, stand komplett unter Wasser. „Schlamm wird sehr schnell fest wie Zement, das ist ein Problem. Deswegen war es wichtig, dass wir schnell handeln. In unserer Wässerungswanne haben wir den Schlamm mit Wasser abgespült“, erzählt Papierrestauratorin Marlen Börngen, M.A., wissenschaftliche Mitarbeiterin am CICS im Bereich Konservierung und Restaurierung von Schriftgut, Grafik, Fotografie und Buchmalerei.

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen sowie Studierenden hat sie die Erstversorgung übernommen. Anschließend wurden die gereinigten Archivalien in gut durchlüftete Trockenregale gelegt. Die Erstversorgung dauerte drei Tage, die Archivalien konnten bereits wieder nach Essen transportiert werden.

Gefriertruhe stoppte Zerfall

Das Museum „Haus der Schützen“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler war ebenfalls betroffen. Mehrere Protokoll- und Kassenbücher, die zum Teil aus dem 19. Jahrhundert stammen, waren völlig durchnässt und verschlammt. Mitarbeiter und Diplom-Papierrestaurator des Instituts Bert Jacek holte die Bücher unmittelbar ab, entfernte den groben Schlamm und fror sie zunächst bei sich zu Hause ein, bevor er sie am nächsten Tag zur TH Köln brachte. „Das Einfrieren war hier die wichtigste Sofortmaßnahme, um Zeit zu gewinnen. Denn durch die Feuchtigkeit bilden sich Bakterien und Schimmelpilze, die das Papier zersetzen. Mit dem Einfrieren wird so erstmal der Zerfall gestoppt“, sagt Börngen.

Die Bücher müssen zum Einfrieren separiert in Folie eingewickelt werden, damit sie nicht aneinanderhaften. „Die Dauer des Verbleibs in der Truhe ist unerheblich, Hauptsache das Wasser gefriert. Das schonende Auftauen findet anschließend in der Vakuumgefriertrocknungsanlage statt, die das gefrorene Wasser, das Eis, direkt in den gasförmigen Zustand überführt, der flüssige Zustand wird dabei ausgelassen“, so Börngen. Wie lange die Trocknung dauert, hängt von der Größe der Kammer und der Dicke der Bücher ab. Die dünneren Bücher waren nach circa sieben Tage trocken.

Die Erstversorgung war aber nur der erste Schritt. Die eigentliche Restaurierung erfolgt noch und ist abhängig vom Grad der Zerstörung. Wie sich der Prozess gestaltet, hängt zum Beispiel vom Einbandmaterial ab. Einige der Bücher und Pläne bleiben zur Restaurierung an der TH Köln, bei der auch Studierende im Rahmen von Lehrprojekten einbezogen werden.

Beratung bei Gemälden

Anders sah es bei den Gemälden aus dem Museum Ahrweiler aus. Diese konnten nicht eingefroren werden. „Das komplexe Materialgefüge von Farbschichten und Bildträgern, beispielsweise Textil oder Holz, reagiert anders auf Feuchtigkeitseinwirkungen als Papier. Das Gefrieren verändert die Struktur und kann zu Dehnungen oder Schrumpfungen führen. Malschichten sind zudem unterschiedlich beschaffen und frostempfindlich, sie können spröde werden und springen“, sagt Prof. Dr. Gunnar Heydenreich vom Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft. Er hat mit einer Gruppe von Studierenden bei der Erstbergung von rund 20 Gemälden beratend unterstützt. Aufgrund der Feuchtigkeitseinwirkung, der enormen Schlammkruste und Schimmelbildung mussten die Gemälde direkt bearbeitet werden. Mittlerweile wurden zahlreiche geschädigte Werke unter anderem in die Restaurierungsabteilung vom Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe transportiert, das deren Erstversorgung auf weitere Restaurierungswerkstätten koordiniert.

August 2021

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