Mit wenig Schlupf zu besseren Straßenbelägen
In seiner Dissertation zum Thema „Entwicklung eines Assistenzsystems zur Schlupfregelung eines Radfertigers“ hat sich Marius Nono Tamo mit der Optimierung der Maschineneinstellungen von Straßenfertigern beschäftigt, um die Einbauqualität zu verbessern. Die kooperative Promotion wurde von Prof. Dr. Alfred Ulrich von der TH Köln und Prof. Dr. Henning Meyer von der TU Berlin betreut.
Herr Nono Tamo, wie erklären Sie Ihr Thema Ihren Nachbar*innen?
Im Straßenbau ist der Straßenfertiger für den Einbau des Belags verantwortlich, das heißt mit ihm werden Schotter und Asphalt verlegt. Ein qualitativ hochwertig eingebauter Belag verlängert die Lebensdauer der Straße und trägt zum Fahrkomfort sowie zur Fahrsicherheit bei. Entscheidend für die Einbauqualität sind Parameter wie Einbaudicke und –breite, Querprofil, Längsebenheit und Verdichtungsgrad. Um diese Anforderungen zu erfüllen, müssen insbesondere die richtigen Maschineneinstellungen am Straßenfertiger zum richtigen Zeitpunkt vorgenommen werden – zum Beispiel hinsichtlich der Einbaugeschwindigkeit, die zwischen zwei und sechs m/min liegt und gleichmäßig sein muss. Eine starke Schwankung der Einbaugeschwindigkeit verschlechtert die Einbauqualität. So etwas wird in der Regel durch Schlupf an den Fahrwerken verursacht. Schlupf ist das Verhältnis der Umfangsgeschwindigkeit des angetriebenen Rades und der tatsächlichen Fahrgeschwindigkeit (absolute Fahrgeschwindigkeit). In meiner Dissertation habe ich mich damit beschäftigt, was die Ursache für diesen Schlupf sein kann, welche Parameter davon betroffen sind und wie das Problem vorausschauend gelöst werden kann.
Was haben Sie herausgefunden?
Im Rahmen von experimentellen Untersuchungen habe ich den Einfluss der Veränderung der Höhe des Einbaumaterials (Materialvorlagenhöhe) vor dem Arbeitswerkzeug (der Einbaubohle) analysiert. Mit zunehmender Materialvorlagenhöhe nimmt der Versetzungswiderstand zu und somit der Radschlupf, wodurch die Einbaugeschwindigkeit schwankt. Unter Versetzungswiderstand versteht man die Widerstandskraft, die durch das vor dem Arbeitswerkzeug liegende und mit ihm geschobene Einbaumaterial hervorgerufen wird. Darüber hinaus wurde anhand eines Simulationsmodells des Fertigers gezeigt, wie eine plötzliche Änderung der Untergrundverhältnisse bei einem sehr hohen Versetzungswiderstand zu einem sofort größeren Schlupf und damit zu Geschwindigkeitsschwankungen führen kann.
In weiteren Untersuchungen an einem eigenen Prüfstand habe ich mittels Simulationen herausgefunden, dass eine Verringerung der Einbaugeschwindigkeit zu einer Erhöhung der Einbaudicke und damit zu einer Veränderung der Belagsebenheit in Längsrichtung, führte. Dies bedeutete eine Verschlechterung der Einbauqualität. Als Lösung wurde ein Zugkraftmanagement konzipiert, mit dessen Hilfe der Radschlupf durch vorausschauende Regelung der Materialvorlagenhöhe in einem kleinen Bereich beibehalten werden soll.
Was begeistert Sie an Ihrem Thema?
Eine normgerechte Einbauqualität der Asphaltstraße kann nur durch genaue Kenntnis der Wechselwirkung zwischen Baumaschine und Baustoff erzielt werden. Das zeigt, wie wichtig in diesem Bereich die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist zwischen Maschinenbau- und Bauingenieur*innen wie dem Bauingenieur Dieter Schwenninger, ehemaliger Angestellter beim Straßenfertigerhersteller Joseph Vögele AG, mit dem ich im Rahmen einer Kooperation an meinen Versuchen gearbeitet habe. Hinzu kommen Elektroingenieur*innen, die aufgrund des aktuellen Trends zur Elektrifizierung von Baumaschinen ebenfalls einen großen Beitrag leisten.
Wie kann es mit Ihren Ergebnissen weitergehen?
Die praktische Umsetzung eines Teils der Ergebnisse erfolgte bereits durch die Joseph Vögele AG. Die vier Regelkreise der Materiallogistik im Fertiger (Kratzkettenförderer und Verteilerschnecken) wurden zur exakten Abstimmung der Materialzufuhr gekoppelt, um eine optimale Materialvorlage zu gewährleisten. Auf der theoretischen Ebene bilden die Ergebnisse eine gute Grundlage, um weitere Untersuchungen zu den Einbauprozessen und der Vielzahl von Arbeitsfunktionen von Straßenfertigern durchführen zu können. Für die Prozessautomatisierung sind umfassende Informationen über die Abstimmung von Einbaugeschwindigkeit, Frequenzen der Verdichtungsaggregate und Baustoffeigenschaften erforderlich. Der im Rahmen meiner Dissertation entwickelte Prüfstand kann dank der Vorteile von reproduzierbaren Einbausituationen dabei helfen, dieses Ziel zu erreichen.
Dezember 2024