Mehr Reichweite für Elektroautos durch den Range Extender
Noch immer bleibt die Zahl der verkauften Elektroautos hinter den Zielen der Bundesregierung zurück. Verhindert die Angst vor dem Liegenbleiben den Kauf? Die Autoindustrie setzt auf größere Batterien und mehr Reichweite. Ein Irrweg findet Prof. Dr. Rainer Haas und entwickelt mit seinem Team daher einen „Reichweitenverlängerer“ als Zweitakter – der erste komplett selbst gebaute Motor der TH Köln.
„Elektroautos hatten 2020 im Durchschnitt eine Reichweite von 375 Kilometern. Die dafür notwendige Batterie wiegt 500 Kilogramm und ist durch ihr Gewicht für rund 13 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich. Dabei ist eine solch hohe Reichweite im Regelfall gar nicht nötig, denn die Deutschen legen im Schnitt pro Tag nur eine Strecke von gut 30 Kilometern zurück“, skizziert Prof. Haas, Leiter des Labors für Fahrzeugantriebe, das Problem.
Enegie sparen und Ressourcen schonen
Er plädiert für Elektrofahrzeuge mit einer Reichweite von rund 100 Kilometern – die dafür nötige Batterie verursacht durch ihr Gewicht nur noch drei bis vier Prozent des Energieverbrauchs. Soll die Fahrt einmal länger dauern, könnten Range Extender zum Einsatz kommen: Kleine Verbrennungsmotoren, die Generatoren für den Elektromotor antreiben. „Ein solches Konzept spart nicht nur Energie, sondern schont auch Ressourcen, die für die Batterieproduktion benötigt werden“, so Haas.
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Ein Range Extender als Zweitakter: Der erste komplett selbst gebaute Motor der TH Köln. (Bild: Heike Fischer / TH Köln)
Bis auf den Kolben wurden alle Teile des Motors im Labor für Fahrzeugantriebe konstruiert und gebaut. (Bild: Heike Fischer / TH Köln)
Seit Anfang 2018 arbeitet sein Team daran, einen Range Extender in Form eines Zweitakters zu bauen – inzwischen steht der zweite Prototyp mit 3 bis 3,5 Kilowatt Leistung in der Werkstatt. Wie schon bei der ersten Variante, die im vergangenen Jahr entwickelt wurde, sind fast alle Teile selbst konstruiert, dimensioniert und gebaut worden. Eine neue Wasserkühlung ermöglicht Langzeittests über mehrere Stunden. Ein neues Ansaugsystem mit an der TH Köln 3D-gedruckten Teilen wurde strömungsoptimiert und sorgt für optimale Gemischbildung bei geringem Bauteilgewicht.
Besseres Verhältnis von Gewicht und Leistung
Aber warum ein Zweitakter, wo doch serienmäßige Range Extender Viertaktmotoren sind? „Zweitakter sind deutlich leichter als Viertakter, so dass unser Modell ein besseres Verhältnis von Gewicht und Leistung aufweist. Zudem ist er im optimalen Betriebspunkt günstiger im Verbrauch“, so Haas. Am optimalen Betriebspunkt arbeitet das Team gerade, denn dann benötigt der Zweitakter nur relativ wenig Schmiermittel – ansonsten ein Manko dieser Bauform.
Das im Verhältnis geringe Gewicht ist nicht nur positiv für den Verbrauch des Autos, sondern kommt auch bei einem weiteren Projektziel zum Tragen: Der Motor und der von ihm angetriebene Generator sollen als plug-and-play-System konstruiert werden. So könnten die Autofahrer den Range Extender während ihrer Alltagsfahrten zuhause lassen und Gewicht sparen. Vor längeren Reisen kann das Bauteil einfach eingesetzt werden und die Reichweite um 80 bis 90 Prozent verlängern.
Dabei ist der Motor nicht unbedingt auf klassischen Kraftstoff angewiesen: Mit E90 läuft er bereits reibungslos, die Verwendung von Bio-Ethanol wird zurzeit optimiert. Und auch ein Testlauf mit synthetischem Kraftstoff ist geplant. Zudem soll geprüft werden, wie weit man den Schmiermittelbedarf im realen Betrieb herunterfahren kann, um so weniger Emissionen auszustoßen. „Wenn man bei der Schmierung den Grenzbereich austesten will, muss man diese solange reduzieren, bis der Motor kaputt geht“, so Haas. Daher wird er mit seinem Team in absehbarer Zeit die dritte Variante des Motors bauen. Zusammen mit dem Generator soll das Gesamtpaket um 20 bis 30 Prozent leichter und die Betriebsfestigkeit erhöht werden.
März 2021