Mehr Geschäfte, mehr Verkehrsaufkommen?

Isabelle Dembach (Bild: privat)

Neue Einzelhandelsgeschäfte führen an ihren Standorten zu einem höheren Verkehrsaufkommen. Welche Rolle verkehrsreduzierende Effekte dabei spielen, hat Dr. Isabelle Dembach in ihrer Dissertation untersucht. Ihre Arbeit wurde betreut von Prof. Dr. Volker Stölting von der Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik sowie von Prof. Dr. Bert Leerkamp von der Bergischen Universität Wuppertal.

Wie erklären Sie Ihr Thema „Verkehrsaufkommensschätzung und verkehrliche Effekte von Einzelhandelsstandorten“ Ihren Nachbar*innen?

Wenn neue Bauvorhaben im Einzelhandel geplant werden, gehört dazu in der Regel auch eine verkehrliche Begutachtung. Diese schätzt ab, wie sich das Verkehrsaufkommen durch das Projekt ändern wird und welche Auswirkungen dies auf Lärm- und Schadstoffemissionen, die Leistungsfähigkeit der Strecke oder die Dimensionierung der Parkplätze hat. Dabei werden zwei Faktoren im Abschätzungsverfahren berücksichtigt, die das (Neu-)Verkehrsaufkommen reduzieren: Zum einen besuchen an Standorten mit mehreren Geschäften einige Personen nicht nur eine Einrichtung, sondern „koppeln“ unterschiedliche Nutzungen miteinander. Zum anderen gibt es Personen, die ihren bereits bestehenden Weg für einen Besuch in dem geplanten Geschäft unterbrechen und somit keinen Neuverkehr erzeugen.

Wie hoch diese verkehrsreduzierenden Faktoren ausfallen, wird in der einschlägigen Literatur sehr unterschiedlich beurteilt. Daher war das Ziel der Arbeit, Abhängigkeiten zu identifizieren und somit den Einfluss verschiedener Parameter wie etwa Alter und Geschlecht, Einkaufshäufigkeit, die Lage des Einzelhandelsstandorts oder das gewählte Verkehrsmittel auf die verkehrsreduzierenden Faktoren zu konkretisieren.

Was haben Sie herausgefunden?

Zunächst zeigte eine umfassende internationale Literaturrecherche, dass es viele Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede im Abschätzungsprozess von Verkehrsaufkommen gibt und zu verkehrsreduzierenden Effekten nur sehr wenige belastbare Daten vorliegen. Dies bestätigte mir, dass ein Forschungsbedarf im Hinblick in diesem Feld besteht. In meiner Dissertation habe ich dann einen Typisierungsansatz für sogenannte Koppelstandorte im Lebensmitteleinzelhandel entwickelt – also Standorte, an denen sich mehrere Geschäfte befinden und Menschen mehrere Nutzungen verbinden bzw. koppeln. Aus einer Reihe von Parametern konnte ich einige signifikante Einflussgrößen nachweisen, die auf die verkehrsreduzierenden Faktoren wirken. Dazu gehören insbesondere die Anzahl der Geschäfte an einem Standort, die Art der Nutzung oder die Lage des Einzelhandelsstandorts. Dadurch lässt sich die Genauigkeit der verkehrsreduzierenden Faktoren im Rahmen der Verkehrsprognose erhöhen.

Was begeistert Sie an Ihrem Thema?

Die Abschätzung von Verkehrsaufkommen spielt in der Verkehrsplanung eine zentrale Rolle, da ökologische, soziale und ökonomische Ressourcen durch korrekte Prognosen eingespart werden können. Dennoch sind in diesem Themenfeld die Zusammenhänge und Abhängigkeiten der diversen Parameter noch nicht weiter erforscht, da damit unter anderem ein sehr hoher Erhebungsaufwand verbunden ist.

Zudem finde ich das Thema mit Blick auf die Verkehrswende und die Veränderungen im Lebensmitteleinzelhandel sehr spannend. Mit der Verkehrswende wird eine Neuordnung der Verkehrsflüsse und ein stetiger Wandel der Mobilität forciert. Auch im Einzelhandel kam es in der jüngeren Vergangenheit zu einigen Innovationen wie der Online-Bestellung oder dem Liefer- und Abholservice. In welcher Weise die damit verbundenen Veränderungen im Mobilitätsverhalten bei der Prognostizierung von Verkehr berücksichtigt werden, finde ich sehr interessant.   

Wie kann es mit Ihren Ergebnissen weitergehen?

Die Ergebnisse der Dissertation bilden eine fundierte Basis für weitere Forschungsprojekte in diesem Themenfeld. Mit Hilfe von ergänzenden Erhebungen können die Resultate mit der entwickelten Methodik weiter erforscht und validiert werden. Zudem ist es möglich, die Herangehensweise und die Ergebnisse auf andere spezifische Forschungsbedarfe im Kontext der Verkehrsaufkommensschätzung zu übertragen.

Die Promotion von Dr. Isabelle Dembach wurde gefördert über das Mathilde-von-Mevissen-Programm der TH Köln, mit dem der Anteil von Promovendinnen an der TH Köln vorzugsweise in den MINT-Fächern erhöht werden soll. Wissenschaftlerinnen wird mit dieser gleichstellungsfördernden Maßnahme die Möglichkeit geboten, innerhalb eines Forschungsprojekts zu promovieren und hochschuldidaktische Erfahrungen zu erwerben.

Juli 2024

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Ein Beitrag von

Christian Sander

Team Presse und Öffentlichkeitsarbeit


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