Hurrikan im Labor
Der neue Windkanal am Campus Gummersbach der TH Köln ist eine herausragende Investition in anwendungsbezogene Lehre und Forschung
Windgeschwindigkeiten von bis 200 Stundenkilometer kann der neue Windkanal im Labor für Strömungslehre erzeugen, das entspricht in der Natur einem Hurrikan. Das maßgefertigte Gerät nimmt mit der stattlichen Länge von 8,50 Meter, 2 Meter Breite und einer Höhe von 3,4 Metern den Großteil des Strömungslabors am Campus Gummersbach der TH Köln ein. Laborleiter Prof. Dr. Denis Anders ist stolz auf die Neuanschaffung, die rund 500.000 Euro gekostet hat, zum Großteil finanziert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW.
Einsatz für anschauliche Lehre
Der Windkanal wird überwiegend für die Lehre eingesetzt, die Studierenden lernen in Kleingruppen, wie man Strömungen visualisieren, präzise vermessen und experimentell untersuchen kann. Mit Hilfe des Windkanals werden die Wechselwirkungen zwischen einem umströmten Objekt und dem eigentlichen Strömungsmedium unter Laborbedingungen erfahrbar. Dabei lassen sich die induzierte Krafteinwirkung, die elektrische Ladungsänderung und die Temperaturänderung infolge des konvektiven Wärmeübergangs sehr genau erfassen. Für die Untersuchung der im Windkanal zu beobachtenden Strömungsphänomene stehen modernste berührungslose, optische Messverfahren zur Verfügung. So kann man lokale Strömungsgeschwindigkeiten und entstehende Wirbelstrukturen mit zwei Methoden untersuchen: zum einen mit der mehrdimensionalen Laser-Doppler-Anemometrie (LDA), einem optischen Messverfahren zur punktuellen Bestimmung von Geschwindigkeitskomponenten, zum anderen mit der Particle Image Velocimetry (PIV), einem Verfahren zur Bestimmung von Geschwindigkeitsfeldern.
Die eigentlichen Objekte für die Messungen sind dabei sehr vielfältig: Windrotoren, Tragflügel, Heckspoiler, Drohnen, aber auch Gebäudemodelle. An der Messung von Elementen der Gebäudehülle (wie z.B. Photovoltaik-Anlagen) arbeitet zum Beispiel Prof. Dr. Claudia Ziller vom Campus Deutz der TH Köln. Prof. Dr. Marcel Walkowiak vom Institut für Allgemeinen Maschinenbau untersucht hingegen die Fluid-Struktur-Interaktion von neuartigen Leichtbaustrukturen. In einem aktuellen Forschungsprojekt von Prof. Sebastian Kraft aus dem Institute for Optical Technologies (IOT) wird der Windkanal verwendet, um die Schleppwirbelbildung startender Flugzeuge zu imitieren. Natürlich steht der Windkanal auch anderen Professor/innen der TH sowohl für den Einsatz in der Lehre als auch für Forschungsprojekte zur Verfügung.
Reale Messung besser als Computersimulation
Laut Prof. Dr. Anders ist der Windkanal ein wesentliches Werkzeug der experimentellen Strömungsmechanik und damit „auch in Zeiten von Hochleistungscomputern für Lehre und Forschung unerlässlich.“ Prof. Dr. Anders ist sich sicher: „Die Computersimulation CFD (Computational Fluid Dynamics) kann wegen des hochkomplexen Verhaltens von Luftströmungen an Objekten die reale Messung im Windkanal nicht ersetzen und benötigt diese für Modellvalidierungen.“
Außer in Lehre und Forschung wird der Windkanal auch für den Wissenstransfer in Schülerlaboren und Abschlussarbeiten eingesetzt.
September 2021