Heike Buntenkötter und Beate Jantzer: Eine der ersten Regenbogenfamilien Kölns
Ein Kind mit zwei Müttern oder Vätern? Heute ist das nicht wirklich etwas Besonderes mehr. Als Heike Buntenkötter und Beate Jantzer, Absolventinnen des Studiengangs Soziale Arbeit, Mitte der 1990er Jahre beschlossen, eine Familie zu gründen, waren sie praktisch Pionierinnen: Vorbilder gab es nicht und die rechtliche Situation war ein luftleerer Raum.
Doch der Kinderwunsch überwog alle Bedenken, und 1997 wurden sie stolze Mütter einer Tochter.
Begegnet sind sich die beiden im ersten Semester am Ubierring, Grund- und Hauptstudium absolvierten sie gemeinsam. „Das Umfeld am damaligen Fachbereich Sozialarbeit war Mitte der 1980er Jahre noch geprägt von Alt-68ern. Es herrschte ein entspanntes Klima und ein großes Verständnis für gesellschaftliche Veränderungen“, erzählen die beiden. Dennoch dauerte es drei Jahre, bis sie sich getraut haben, als Paar zusammenzukommen. Für Heike Buntenkötter war die Beziehung zu Beate Jantzer ihr Coming-Out, der erste Spaziergang händchenhaltend die Kölner Ringe entlang kostete einige Überwindung. Zwei Jahre später zogen die beiden im Agnesviertel zusammen.
Beate Jantzer hatte nach dem Abitur im Rahmen der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienst zwei Jahre in den USA und in London verbracht, wo sie „ein freieres Leben kennengelernt hat“, wie sie es nennt: Regenbogenfamilien – in Deutschland noch völlig unbekannt – waren dort schon fast selbstverständlich. Und so offenbarte sie ihrer Partnerin den Wunsch nach einem Kind. Die musste erst einmal schlucken und sich mit diesem Lebensentwurf anfreunden. Dass Beate Jantzer das Kind austragen würde, war ausgemacht, die künstliche Befruchtung nahmen die beiden in Holland vor. Als Beate Jantzers Bauch immer dicker wurde, sorgte das für erstaunte Blicke im Umfeld. Die Reaktionen auf die Schwangerschaft waren durchaus gemischt, auch in der Lesben- und Schwulenszene: „Wir haben fast schon zu viel Aufmerksamkeit bekommen, und neben viel Applaus gab es aber auch Neid, Wut und Beschimpfungen“, sagen die beiden.
Als die kleine Svenja dann auf der Welt war, gehörte sie zu den ersten drei Kindern in Regenbogenfamilien in Köln – und damit waren sie Vorkämpferinnen für ein Recht, von dem Menschen in früheren Generationen nur träumen konnten. In den Alltag lebte sich das Paar schnell ein: Baby versorgen, Arzttermine, Kindergarten, weiterhin arbeiten – sie meisterten alle Herausforderungen, vor denen alle jungen Eltern stehen. Aber natürlich war die Situation eine besondere, vor allem für Heike Buntenkötter. Sie musste sich erst in ihre Rolle einfinden. Zunächst hatte sie sich als „Co-Mutter“ bezeichnet, doch diesen Status empfand sich schnell als falsch. „Warum Co – nein, Svenja hat zwei richtige Mütter!“, sagt sie heute. Auch Svenja musste im Kindergarten mit neugierigen Blicken und Kommentaren umgehen. So gab es neben den vielen herzlichen Reaktionen eine „subtile Form der Ausgrenzung“, wie die beiden ihre Lebenswirklichkeit damals beschreiben – vielleicht der Preis, den viele Pionier*innen zahlen müssen.
Ein echtes Problem war aber die gesetzliche Situation, denn Heike Buntenkötter stand in keinerlei rechtlichen Beziehung zu ihrer Tochter: Erbe, Unterhalt im Trennungsfall, Kinderkrankheitstage – vieles war schlichtweg nicht geregelt. „Die Bestimmungen hinkten den sozialen Gegebenheiten hinterher“, sagen die beiden. Auch die 2004 eingeführte Möglichkeit der Verpartnerung empfanden die beiden als „faules Ei“. Erst als die rechtliche Gleichstellung von homosexuellen und heterosexuellen Paaren eingeklagt war, war der Weg frei für die Verpartnerung. Nun konnte Heike Buntenkötter ihre inzwischen 16jährige Svenja adoptieren und war auch vor dem Gesetz eine anerkannte Mutter für ihre Tochter. Dieser formale Akt löste viele inneren Spannungen und Unsicherheiten und war für die ganze Familie sehr emotional. Inzwischen gibt es mehrere Hundert gleichgeschlechtliche Eltern in Köln. Heike Buntenkötter und Beate Jantzer haben dazu beigetragen, dass dieses Lebensmodell heute einen rechtssicheren Status erreicht hat; eine explizit politische Agenda hatten sie zunächst gar nicht. „Wir waren getragen von dem Selbstbewusstsein, das zu tun, was wir wollen, und nicht das, was von uns erwartet wird“, sagen die beiden rückblickend. Sie können stolz auf das Erreichte sein. Und natürlich auf ihre Tochter, die kürzlich ihr Studium abgeschlossen hat.
Dezember 2024