Podiumsdiskussion: Zwischen Meinung und Fakten
Wie findet Meinungsbildung in der ausdifferenzierten, modernen Mediengesellschaft statt? Wie spiegeln sich Meinungen in sozialem Verhalten? Und welche Instrumente der Beteiligung braucht eine demokratische Gesellschaft? Diese Fragen stellte Michael Köhler (Deutschlandradio) seinen Gästen bei einer Podiumsdiskussion, die die TH Köln im Mai 2021 anlässlich der Bücherverbrennung 1933 veranstaltete.
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WDR3 hat die Veranstaltung aufgezeichnet. Sie kann über die Mediathek nachgehört werden.
„Die TH Köln wird in diesem Jahr 50 Jahre alt. Und wer Geburtstag hat, der schaut auch zurück. Unseren Blick lenkt dies unter anderem auf das Bodendenkmal vor unserem Hauptgebäude, wo 1933 Studierende mit Unterstützung ihrer Professoren Bücher verbrannt haben. Die Botschaft ist ganz klar gewesen: Deine Meinung wollen wir nicht zur Kenntnis nehmen. Und damit sind wir mitten im Thema der Selektion von Meinung und dem Verbannen von Unerwünschten“, sagte Prof. Dr. Stefan Herzig, Präsident der TH Köln, zur Einleitung.
Neben Prof. Herzig diskutierten auf dem Podium:
- Prof. Dr. Christine Horz-Ishak (TH Köln)
- Cordula von Wysocki (Chefredakteurin der Kölnischen Rundschau)
- Prof. Dr. Ulrich von Alemann (Universität Düsseldorf)
- Dr. Adam Hahn (Universität zu Köln / University of Bath).
Bildergalerie
Anlässlich der Bücherverbrennung 1933 lud die TH Köln zu einer Podiumsdiskussion unter dem Titel "Und die Mehrheit schweigt?" ein. (Bild: Costa Belibasakis/TH Köln)
Prof. Dr. Stefan Herzig: „Wir in der Hochschule müssen diese Auseinandersetzungsprozesse leben. Auch wenn sie weh tun können – speziell, wenn Meinungen und auch Einschätzungen vorliegen, die nicht angenehm sind. Wir müssen die Aufgabe auf uns nehmen, den Diskurs zielführend zu gestalten.“ (Bild: Costa Belibasakis/TH Köln)
Prof. Dr. Christine Horz-Ishak: „Wissenschaft ist langsam und die neuen Medien sind quasi Realtime. Es ist ein Problem, das zu vermitteln. Diese Geschwindigkeit hat ja auch eine kulturformierende Kraft. Da eröffnet sich ein großes Spannungsfeld: diese ,langsame‘ Wissenschaft und das, was in den sozialen Netzwerken passiert.“ (Bild: Costa Belibasakis/TH Köln)
Cordula von Wysocki: "Wir achten darauf, dass der Meinungskorridor nicht zu eng wird. Wir wollen die Breite abbilden und die Meinungsvielfalt. Wir müssen dabei aber sehr wachsam sein und schauen, dass dies nicht gegen presserechtlichen Grundlagen geht." (Bild: Costa Belibasakis/TH Köln)
Prof. Dr. Ulrich von Alemann: "Der Philosoph Gadamer hat mal gesagt: Eine richtige, vernünftige Debatte ist es nur dann, wenn ich davon ausgehe, dass die andere Seite auch wenigstens ein bisschen recht haben könne. Nur dann kann ich produktiv debattieren – und das sollten wir mehr pflegen.“ (Bild: Costa Belibasakis/TH Köln)
Dr. Adam Hahn: "Man muss Leuten eine Sensibilität dafür beibringen, dass wir vorbehalten in jede Diskussion gehen. Wenn ich also auf Facebook bin, dann werde ich eher die Dinge glauben, die mir meine Meinung bestätigen. Wenn ich dafür ein Bewusstsein habe, dann kann ich schon kritischer Facebook lesen." (Bild: Costa Belibasakis/TH Köln)
Moderiert wurde die Veranstaltung von Michael Köhler vom Deutschlandradio. (Bild: Costa Belibasakis/TH Köln)
Vor dem Hauptgebäude der Hochschule in der Kölner Südstadt befindet sich ein 2018 fertig gestelltes Denkmal. 95 Namen von Autorinnen und Autoren sind in die Bodenplatten eingraviert, deren Werke an diesem Ort am 17. Mai 1933 verbrannt wurden. Wolfgang Niedecken, Frontmann der Band BAP, berichtete in einem einführenden Video zur Diskussion, welche Bedeutung das Bodendenkmal für ihn hat: „Es ist kein auffälliges Denkmal, sondern eines, wo man erst nach und nach kapiert, warum dort diese Namen stehen. Und nach und nach begreift man, was für eine Ungeheuerlichkeit diese Bücherverbrennung war.“
WDR 3 hat die Podiumsdiskussion aufgezeichnet und in der Sendung „WDR 3 Forum“ ausgestrahlt.
Zur Sendung in der Mediathek
Mai 2021