Dokumentation: Forum Inklusive Bildung - Fragen
Den Auftakt-Vortrag „Orientierungen für die inklusive (Kindheits)pädagogik“ hielten am 27.10.2021 Oksana Schulz (TH Köln) und Sarah Hödtke (HS Niederrhein) über die Ergebnisse des Forschungsprojekts „ProMinKa – Professionalisierung für die Migrationsgesellschaft in inklusionsorientierten Kitas“.
Die erste Veranstaltung der Reihe „Ermutigungen“ steht unter dem Schlagwort "Fragen". Und das wundert mich, weil für mich vieles beantwortet wurde.
Den Auftakt-Vortrag „Orientierungen für die inklusive (Kindheits)pädagogik“ hielten am 27.10.2021 Oksana Schulz (TH Köln) und Sarah Hödtke (HS Niederrhein) über die Ergebnisse des Forschungsprojekts „ProMinKa – Professionalisierung für die Migrationsgesellschaft in inklusionsorientierten Kitas“. Das Projekt wurde in Kindertagesstätten der AWO Ruhr-Mitte 2017 bis 2021 durchgeführt, von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW gefördert und von der TH Köln und der HS Niederrhein wissenschaftlich begleitet. Ziel des Projekts war es, Unterstützungen für die Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern und Familien mit Migrationshintergrund zu finden und zu gewährleisten.
Im Vortrag zoomten die Sprecher:innen von der Makro- über die Meso- zur Mikroebene und reflektierten die Gegebenheiten, die die Forscher:innen während ihren Arbeiten vorfanden unter den Gesichtspunkten einer inklusionsorientierten Pädagogik. Auf eine Gesellschaftsanalyse, die die unsere als eine Leistungs- und Migrationsgesellschaft darstellte, und der UN-Behindertenrechtskonvention gerecht werden sollte, folgt ein Blick auf die Mesoebene.
Insbesondere hier werden die komplexen Prozesse sichtbar, die sich mit Differenz-Markierungen, Zuschreibungen und Etikettierungen im Bildungssystem auftun. Zum einen wäre das Etikettierungs- Ressourcen-Dilemma zu benennen. Im Moment werden Bildungseinrichtungen, die inklusiv arbeiten möchten, nur mit auf einzelne Kinder bezogenen medizinische Diagnosen Ressourcen zusätzliche Ressourcen erteilt. Zum anderen werden über die Etikettierung Zuschreibungsprozesse in Gang gesetzt, die defizitorientierte Bilder reproduzieren und Differenzlinien aufrechterhalten, die im Sinne einer inklusionsorientierten Kindheitspädagogik abgebaut werden möchten. Die Notwendigkeit zu Diagnosen und Zuschreibungen werden von den Sprecher:innen in dem Erwartungsdruck von Schulen an Eltern und Kinder verortet. Interessant waren zudem die Zusammenhänge von migrantisierten Eltern und ihren Kindern und medizinischen Diagnosen sowie die Gefahr der Unsichtbarkeit dieser Betroffenen aufgrund von fehlender Vernetzung und Selbstorganisationsgruppen. Weitere besprochene Punkte waren professionsbezogener Natur und thematisierten den erweiterten Aufgabenkreis von Fachkräften in Kitas und die zeitgleiche Kompetenzabsprache seitens anderer Disziplinen.
Auf der Mikroebene werden die Interaktionen im pädagogischen Alltag fokussiert. Diese sind von Ambivalenzen geprägt und zeigen große Spannungsfelder auf. Im Hinblick auf die bevorstehende Einschulung nimmt der Gestaltungsspielraum ab. Das Wohl der Gruppe und das der einzelnen Kinder muss abgewogen werden, Elternarbeit stellt für viele Fachkräfte eine Belastung dar. Letzteres zeigt auch strukturelle Rassismen, wie die Frage, wie eine Sprachbarriere eigentlich konstruiert ist. Auch die angesprochene Einteilung in gute und schlechte Eltern zeugt von Rassismen, die der Reflexion bedürften.
Der Vortrag mündet in Folgerungen für die Qualität von inklusionsorientierter Arbeit in Kitas. Auf der strukturellen Ebene wird von den Vortragenden die Wichtigkeit der Transparenz zwischen Kitas, Trägern und Kooperationspartnern genannt. Dazu kommen auf der Trägerebene Konzeptionen und die Ernennung von Beauftragten, die sich speziell um Fragen und Belange der Inklusion kümmern. Die Weiterentwicklung und Stärkung der Frühpädagogik als eine sich ihrer selbst bewusste Profession, in der die pädagogischen Fachkräfte neben einer vertieften Sensibilität für Kinder auch die Elternexpertise schätzen und sich von anderen Disziplinen und Expertisen abzugrenzen gestatten, wurde als Aufgabe für Hochschulen herausgearbeitet. Dies appelliert auch uns als Zuhörende in Praxisfeldern und Hochschule.
Zu Beginn dieses Textes schrieb ich, dass der Vortrag für mich viele Fragen klärte, und das tat er. Es war ein informativer und inspirierender Vortrag, der anschaulich präsentiert wurde und es war eine Freude, zuzuhören. Die einzige Frage, die sich mir nun stellt, ist die nach den Hindernissen. Die Ergebnisse und Erkenntnisse von ProMinKa können hoffentlich einen Beitrag zum Abbau der im Projekt identifizierten Hindernisse und Barrieren leisten.
Wintersemester 2021/22
BASA M8 – Forum Inklusive Bildung
Lilly König
Januar 2021