Fräsprozesse effizienter und nachhaltiger gestalten
Mit Hilfe von Hochfrequenzfrässpindeln werden in der industriellen Fertigung unterschiedliche Werkstoffe wie Aluminium oder Kunststoff bearbeitet. Beim Fräsprozess dehnt sich die Spindel aufgrund der thermischen Belastung allerdings aus, was die Bearbeitung ungenau macht. Damit der Prozess präzise bleibt, muss die Temperatur im System konstant bleiben.
Im Projekt „SmartSpindle“ entwickeln das Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik der TH Köln sowie die mechatron GmbH daher ein intelligentes und selbstlernendes Steuerungssystem. Dieses soll die Spindel vorausschauend kühlen oder beheizen, so dass sich temperaturbedingte Ausdehnungen auf ein Minimum reduzieren.
„Hochfrequenzfrässpindeln werden in vielen Bereichen eingesetzt. Mit ihnen werden zum Beispiel die Randkonturen von optischen Kunststoffen für Brillen, Zahnersatzmodelle oder Aluminiumgehäuse für Smartphones und Tastaturen geformt. All diese Anwendungsfälle verlangen ein hohes Maß an Präzision, das bei Ausdehnung der Frässpindel durch thermische Belastung nicht mehr gegeben ist“, sagt Prof. Dr. Jörg Luderich vom Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik der TH Köln. „Da bisherige Lösungen für dieses Problem entweder nicht effektiv genug oder zu teuer und klimaschädlich sind, entwickeln wir ein neuartiges, optimiertes System zur Temperaturstabilisierung.“
Bildergalerie
Eine Hochfrequenzfrässpindel (Bildmitte) am Prüfstand. Rechts an der Spindel ist das im Vorgängerprojekt „CoolSpindle“ entwickelte Kühlsystem angebracht. Dieses leitet die Wärme über Wärmerohre aus der Spindel in den Kühlkörper (siehe unten rechts) ab. Die im Kühlkörper gespeicherte Wärme wird über einen Axiallüfter an die Umgebungsluft abgeführt. (Bild: Heike Fischer/TH Köln)
Das Vorhaben knüpft dabei an die Ergebnisse des ebenfalls von Prof. Dr. Luderich geleiteten und in Kooperation mit der mechatron GmbH durchgeführten Forschungsprojektes „CoolSpindle“ an. „Bei dem dabei entwickelten Kühlkonzept wird die erzeugte Wärme von Wärmerohren aus der Spindel herausgeleitet, um über einen integrierten Kühlkörper an die Umgebungsluft abgeführt zu werden. Im Vergleich zu den derzeit überwiegend genutzten flüssigkeitsgekühlten Systemen kann dadurch rund 30 Prozent Energie eingespart werden, da keine kosten- und energieintensiven Bestandteile wie Kühlaggregate mehr benötigt werden. Zudem kann auf klimaschädliche Kältemittel verzichtet werden“, so Luderich.
Schnelle und präzise Reaktion bei thermischer Belastung
In „SmartSpindle“ soll die im Vorgängerprojekt entstandene Technologie weiterentwickelt werden, wie Lucas Jonath, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik erklärt: „Das in ,CoolSpindle‘ verwendete System ermöglicht es, den Wärmefluss umzukehren und somit nicht nur zu kühlen, sondern auch zu heizen. So kann die Frässpindel auch bei kurzen Unterbrechungen des Fertigungsprozesses betriebsbereit gehalten werden. Wir werden das bestehende Konzept in einem ersten Schritt mit Heizelementen und Temperatursensoren erweitern, so dass ein regelbares System entsteht, das vorausschauend und situationsgerecht kühlt oder heizt.“
Download
Die Pressemitteilung vom 25. Januar 2022 als PDF lesen.
In einem weiteren Schritt soll eine KI-Anwendung entwickelt werden. „Diese wird so konzipiert, dass sie sehr schnell auf Änderungen reagiert, aber auch optimale Heiz- und Kühlzyklen für sich wiederholende oder ähnliche Bearbeitungsaufgaben selbständig erlernen und stetig optimieren kann. Dadurch sollen die thermischen Dehnungen während der kritischen Phasen der Bearbeitung stets konstant bleiben“, so Jonath. Dies ermögliche höhere Genauigkeiten im Fertigungsprozess sowie eine erhöhte Lebensdauer der Maschinenmodule.
Das Forschungsprojekt „SmartSpindle – Entwicklung eines intelligenten, selbstlernenden Steuerungssystems für Hochfrequenz-Frässpindeln“ wird an der TH Köln unter der Leitung von Prof. Dr. Jörg Luderich durchgeführt. Projektpartner ist die mechatron GmbH. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) über zwei Jahre gefördert.
Januar 2022