FOUNT²: Neu entwickelte Drohne im Mittelpunkt der Verschüttetensuche nach einem Erdbeben
Im Rahmen des Forschungsprojekts FOUNT² testet die TH Köln eine neu entwickelte Drohne zur Ortung von Verschütteten bei einer Einsatzübung in Mosbach.
Am 16. Juni 2019 hat das Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr (IRG) der TH Köln im Rahmen des Verbundforschungsprojekts „Fliegendes Lokalisierungssystem für die Rettung und Bergung von Verschütteten“ (FOUNT²) eine neu entwickelte Drohne für die Verschüttetensuche in einem simulierten Realeinsatz auf dem Gelände des Training Center Retten und Helfen (TCRH) in Mosbach (Baden-Württemberg) getestet.
Video von der Abschlussübung
Simuliert wurde der Teileinsturz zweier Wohngebäude in Folge eines Erdbebens. Durch den Einsturz wurden elf Personen verschüttet, eingeschlossen bzw. verletzt. Diese Personen, welche von Notfalldarstellerinnen und -darstellern des Bayerischen Roten Kreuzes (Kreisverband Würzburg) simuliert wurden, mussten im Verlauf der Übung von den beteiligten Einsatzkräften des Landesverbands Baden-Württemberg des Technischen Hilfswerks (Ortsverbände Backnang und Ludwigsburg), des Gemeinsamen Einsatzverbandes des Deutschen Rettungshundevereins e. V. (Teams aus Weilrode, Kelheim, Kissing und Hofheim) sowie des Deutschen Roten Kreuzes (Ortsverein Mosbach) geortet, gerettet und versorgt werden. Insgesamt nahmen an der Übung rund 110 Personen teil.
Hauptziel der Übung war es, die Einbindung der im Projekt FOUNT² neu entwickelten Drohne in den Einsatzablauf bei der Verschüttetensuche zu evaluieren. Weiterhin wurde auch ein Konzept zur personellen Ausgestaltung einer FOUNT²-Spezialeinheit getestet.
Zur Datenerfassung wurden während der Einsatzübung neben Videoaufnahmen und Technik zur Erfassung der Positionen der Einsatzkräfte auch Studierende des Studiengangs Rettungsingenieurwesen der TH Köln als Übungsbeobachterinnen und -beobachter eingesetzt. Die Studierenden dokumentierten, wie die vom FOUNT²-System zur Verfügung gestellten Informationen von den Einsatzkräften interpretiert und genutzt wurden. Studierende mit entsprechender Ausbildung wurden darüber hinaus als Führungskräfte eingesetzt.
Dieses Vorgehen des IRG ermöglicht es, Studierende aktiv an aktuellen Forschungsprojekten mitwirken zu lassen und diesen einen Einblick in die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen Hochschulen sowie Industriepartnern zu ermöglichen. Weiterhin können die im Studium erworbenen Fähigkeiten in der Praxis angewandt und vertieft werden.
Die in der Übung erhobenen Informationen werden in den nächsten Wochen durch das IRG wissenschaftlich ausgewertet und fließen in die Weiterentwicklung des Systems ein.
Hintergrund zu FOUNT²
Bauwerkseinstürze werden von verschiedenen Faktoren verursacht, sei es durch Gasexplosionen, Brandereignisse oder Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Starkregenereignisse. Die Auswirkungen eines Grundbruchs zeigte eindrücklich der Einsturz des Kölner Stadtarchivs am 3. März 2009. Um bei solchen Ereignissen die Personenschäden so gering wie möglich zu halten, ist eine schnelle Ortung der verschütteten Personen von besonderer Bedeutung. Die entstandenen, teils instabilen Trümmerstrukturen erschweren dabei die schnelle und gezielte Suche nach Verschütteten. Weiterhin bergen sie für die Rettungskräfte u. a. die Gefahr, durch herabfallende Trümmerteile oder Folgeeinstürze ebenfalls verschüttet zu werden.
Unter der Koordination von Herrn Prof. Dr. Leonhard Reindl von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg entwickeln die TH Köln und die Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) mit weiteren Projektpartnern bis Oktober 2019 daher eine leistungsstarke, unbemannt fliegende Plattform, welche Rettungskräfte bei ihrer Suche nach Überlebenden entlasten soll. Dabei wird durch die Drohne ein integriertes Bioradar zur Detektion von Lebenszeichen (Atembewegung des Brustkorbs) auf den Trümmerstrukturen eingestürzter Gebäude positioniert. Dieses Vorgehen ermöglicht es den Rettungsmannschaften, gezielt Überlebende lokalisieren zu können – unter zeitgleicher Reduzierung des Risikos für die Rettungsmannschaften, selbst verschüttet oder verletzt zu werden. Werden Überlebende lokalisiert, können Retter zielgerichtet an den Bergungsort herangeführt werden.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt FOUNT² im Rahmen des Themenfeldes „Innovative Rettungs- und Sicherheitssysteme“ im Rahmenprogramm „Forschung für die zivile Sicherheit 2012 – 2017“ der Bundesregierung. Die Förderung des Gesamtprojekts beträgt 1,9 Millionen Euro, davon erhält die TH Köln eine Förderung in Höhe von 440.000 Euro.
Das Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr der TH Köln ist im Projekt FOUNT² unter anderem für die Ermittlung der funktionalen, technischen und einsatztaktischen Anforderungen, für die Einbindung in bestehende Einsatzkonzepte sowie die Anwenderschulung zuständig. Außerdem evaluiert und validiert das Institut die Projektergebnisse durch Labor- und Realübungen anhand dafür entwickelter Sicherheitsszenarien. Ziel ist es, eine hohe Praxistauglichkeit des neuen FOUNT²-Systems zu gewährleisten und damit zur Verbesserung der Gefahrenabwehr bei Gebäudeeinstürzen beizutragen. Die Leitung bzw. das Management des Teilprojekts des IRG obliegen Herrn Prof. Dr.-Ing. Ompe Aimé Mudimu bzw. Herrn Sebastian Schmitz.
In dem Projekt arbeiten die TH Köln, die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg mit dem Institut für Mikrosystemtechnik, Professur für Elektrische Mess- und Prüfverfahren und dem Institut für Informatik, Professur für Autonome Intelligente Systeme, die Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg (OTH Regensburg), die MEDER CommTech GmbH (Singen), die HerSi Electronic Development GmbH & Co. KG (Regensburg), die contagt GmbH (Mannheim) und der Reco Service Robert Schmidkonz (Nittenau) zusammen.
Assoziierte Partner sind das Institut für Notfallmedizin (IfN) der Berufsfeuerwehr Köln, der Deutsche Rettungshundeverein DRV e.V. (Waldmünchen), Feuerwehr und Katastrophenschutz der Stadt Mannheim sowie das Technische Hilfswerk.
Juni 2019