Neue Wirkstoffe gegen Altersgebrechlichkeit
Stefan Peters wird sich während seiner Promotion mit der Synthese und Charakterisierung neuer Wirkstoffe gegen Altersgebrechlichkeit beschäftigen.
In Zeiten des demographischen Wandels nimmt die Anzahl komplexer Alterserscheinungen, wie z.B. der Gebrechlichkeit, stetig weiter zu. Dabei ist die Gebrechlichkeit selbst keine Erkrankung, sondern vielmehr ein komplexer Verbund von Symptomen, die aus dem natürlichen Alterungsprozess folgen. Der durch den natürlichen Alterungsprozess verursachte Muskelabbau resultiert unter anderem in einer Abnahme der Mobilität sowie einer generellen Instabilität, gepaart mit Stand- und Gangunsicherheiten der Betroffenen. Es kommt häufiger zu Stürzen und weiteren orthopädischen Komplikationen, die zu einem erhöhten Bedarf an medizinischen und pflegerischen Maßnahmen führen. Oft endet die Altersgebrechlichkeit in Bettlägerigkeit.
„Durch meine Forschung erhoffen wir uns, die Altersgebrechlichkeit zu bekämpfen, indem wir neue Wirkstoffe synthetisieren und charakterisieren, die dem Symptom des Muskelabbaus entgegenwirken. Der kontinuierliche Muskelabbau älterer Menschen sorgt für eine zunehmende Immobilität. Mangelnde Mobilität und Bewegung wiederum verstärken den Muskelabbau weiter. Es kommt zu Stürzen und Knochenbrüchen der Patienten, die mit langen Genesungszeiten, Ruhezeiten und damit Zeiten weiterer Bewegungsarmut verbunden sind. Ein Teufelskreis. Diesem von vorne herein ein Ende zu setzen, würde die Lebensqualität der Betroffenen deutlich steigern“, sagt Stefan Peters, Promovierender des Forschungsinstituts InnovAGe (Innovative Arzneistoffe für die alternde Gesellschaft) der TH Köln. Der junge Wissenschaftler und sein Betreuer Prof. Dr. Sherif El Sheikh von der Fakultät Angewandte Naturwissenschaften verfolgen mit diesem Thema innovative, ehrgeizige und vor allem gesellschaftsrelevante Ziele.
Bislang gibt es keine verfügbaren Arzneimittel, die einem Muskelabbau selektiv und direkt entgegenwirken können, ohne schwerwiegende hormonelle Nebenwirkungen mit sich zu bringen. Eine Therapie erfolgt derzeit über die Mobilisierung der Patienten mittels Physiotherapie und vermehrter sportlicher Betätigung. Der Bedarf an neuen Wirkstoffen gegen Altersgebrechlichkeit ist dennoch sehr hoch.
Bei der Synthese von neuen Wirkstoffen wird Stefan Peters vor allem auf deren Selektivität ein Augenmerk legen: „Die Entwicklung von selektiven Wirkstoffen ist sehr wichtig, damit man genau die gewünschten Stellschrauben im Körper verändert, um die gewünschte Wirkung zu erzielen“. Um dies zu erreichen, wird der Doktorand zunächst auf rationale Wirkstofffindung zurückgreifen. „Durch Modellierung und computergestützte Chemie ist es möglich, sich im Vorfeld ein gutes Bild über selektive Substanzen zu verschaffen, welche dann im Labor synthetisiert werden können“, sagt der junge Wissenschaftler. Bei der rationalen Wirkstofffindung wird die Kristallstruktur des Targets genutzt, um optimale Interaktionen mit den möglichen Wirkstoffen zu identifizieren. Die Synthese dieser Stoffe ergibt dann eine Substanzbibliothek, deren Funktionalität und Wirkung darauf folgend in Bindungs-Assays überprüft werden kann.
„Das spannende an diesem Projekt ist für mich die Möglichkeit, an einem gesellschaftlich relevanten Thema zu arbeiten und dies in einem kleinen Maßstab analog zur ‚Big Pharma‘ umzusetzen. Hier im Forschungsinstitut InnovAGe und an der TH Köln ist es mir möglich, ausgehend von der Kristallstruktur des Targets über rationale Wirkstofffindung eine Substanzbibliothek zu synthetisieren und diese dann auch noch in einem eigenen Primärassay zu überprüfen. Ich kann von Beginn an bis zum ersten in vitro Assay alles selbst machen. Das begeistert mich“, sagt Stefan Peters über sein Projekt.
Prof. Dr. Sherif El Sheikh ergänzt hierzu über seinen Schützling: "Ein solch komplexes Projekt zu bearbeiten, das eine Verknüpfung von medizinischer Chemie, Strukturbiologie, Assay-Entwicklung, Molecular Modeling und dem Verständnis biochemischer Prozesse erfordert, ist eine große Herausforderung. Stefan Peters zeigt bereits jetzt, dass er aufgrund seines Studiums der pharmazeutischen Chemie (B.Sc.) und Drug Discovery and Development (M.Sc.) an der TH Köln alle Fähigkeiten besitzt, diese Herausforderung zu meistern."
Januar 2019