Das Interview führte:

Marcel Hönighausen

Team Presse und Öffentlichkeitsarbeit

Erneuerbare Energien im Fokus: Geothermie

Dampf, der aus natürlichen heißen Quellen aufsteigt (Bild: TH Köln)

Energie aus der Tiefe: Geothermie ist eine wichtige erneuerbare Energiequelle. Der Begriff meint die in der Erdkruste gespeicherte thermische Energie und deren ingenieurtechnische Nutzung. Prof. Dr. Klaus J. Lambers vom Cologne Institute for Renewable Energy (CIRE) spricht im Interview über Funktionsweise und Perspektiven der Technologie sowie darüber, wie diese an der Hochschule behandelt wird.

Energie durch Geothermie – wie geht das?

Unter dem Begriff Geothermie werden zwei unterschiedliche Themengebiete vereint. Zum einen die Tiefengeothermie mit Bohrtiefen von mehreren tausend Metern und Temperaturen, die durchaus über 100 Grad Celsius liegen können. So etwas ist global gesehen für wenige Regionen mit einer sogenannten geothermischen Anomalie wie zum Beispiel für Island interessant, für die deutsche Energiewende würde ich die Nutzung der Tiefengeothermie jedoch als nicht relevant erachten. Des Weiteren wird unter Geothermie auch die Nutzung von Umweltwärme bezeichnet. Im Sommer nimmt die Erdoberfläche thermische Energie aus der Luft auf. Im Winter wird diese eingespeicherte Umweltwärme dem Boden in Tiefen von meist weniger als 150 Metern bei Temperaturen zwischen 0 und 10 Celsius entzogen und mittels einer Wärmepumpe auf Komforttemperatur gebracht.

Porträtfoto von Prof. Dr. Klaus J. Lambers Prof. Dr. Klaus J. Lambers vom Cologne Institute for Renewable Energy (CIRE) (Bild: privat)

Wie wird dieses Thema in Lehre und Studium vermittelt?

Das zieht sich durchs ganze Studium der Erneuerbaren Energien. Im zweiten Bachelorsemester werden die Grundlagen gelernt. Diese sind zum einen Anlagen- und Anwendungstechnik, zum anderen aber auch die physikalischen Grundlagen der Thermodynamik und der Wärmeübertragung. Im fünften Semester wird die Nutzung von Umweltwärme mittels Wärmepumpe vertieft. Zudem lernen die Studierenden, die Komponenten einer Wärmepumpe mittels EDV-gestützten Berechnungsverfahren zu dimensionieren. Im Masterstudiengang Erneuerbare Energien werden komplexere Anlagen der Geo- und Solarthermie mathematisch modelliert. Mittels dieser Modelle wird deren Verhalten über ein Jahr am PC simuliert, um von verschiedenen Systemvarianten die beste auszuwählen.

Was leistet die Hochschule in der Forschung in diesem Bereich?

Es laufen einige Forschungsarbeiten zu dem Thema. Zumeist geht es um die Integration von Wärmepumpen in komplexe Systeme. Wärmepumpen benötigen für den Betrieb elektrischen Strom. Dieser wird unserer Gesellschaft in Zukunft vor allem kostengünstig zur Verfügung stehen, wenn Sonne und Wind gegeben sind. Eine Wärmepumpe kann den elektrischen Strom in diesen Zeiten nutzen, um einen Speicher mit Wärme bei Zieltemperatur zu beladen. Die Speicherdimensionierung setzt die thermodynamische Simulation des Wärmepumpensystems sowie eine Simulation der sonnen- und windbasierten Stromerzeugung voraus.

Wie sieht die Zukunft der Geothermie aus?

Wie an den politischen Diskussionen der letzten Wochen zu erkennen ist, hat die Nutzung von Umweltwärme aus Boden und Luft, insbesondere für die Versorgung von Wohnungen mit Heizwärme und Warmwasser, bereits heute und noch mehr zukünftig eine große Relevanz. Wohnhäuser können zum Beispiel mittels Geothermiebohrungen unter Garagenauffahrten auf Heizung mittels Wärmepumpe umgestellt werden. Für den dichteren Siedlungsbau bieten sich Wärmenetze an, die Riegel von Reihenhäusern, Wohnblocks oder Quartiere mit Wärme aus zentralen Anlagen versorgen. Derartige Wärmenetze haben den energiewirtschaftlichen Vorteil, dass sie häufig die Integration von thermischen Speichern zur Wärmebereitstellung in Zeiten mit wenig Wind und Sonne begünstigen.

April 2023

Das Interview führte:

Marcel Hönighausen

Team Presse und Öffentlichkeitsarbeit


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