Eingebunden im Netzwerk europäischer Biogasforscher
Anlagen, in denen Mikroorganismen organisches Material unter Luftabschluss zu Biogas vergären, sind auf dem Vormarsch: In Deutschland existieren davon bereits mehr als 7.500. Es wäre aber falsch, daraus zu schließen, dass die Technologie ausgereift ist.
Beispielsweise konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Gummersbach Environmental Computing Center (GECO>C) um Prof. Dr. Michael Bongards, zugleich Vorstandsmitglied des Forschungsinstituts STEPS, bestehende Anlagen bereits so verbessern, dass deren Jahresproduktion an Biogas um bis zu 20 Prozent stieg. "Entscheidend dafür war die ständige messtechnische Überwachung des Gärprozesses in der Anlage und die dadurch mögliche zeitnah optimierte Prozessregelung", sagt Dr. Christian Wolf vom GECO>C. Die Wissenschaftler haben in die jeweilige Anlage eine Sonde eingebracht, die misst, wie eingestrahltes Licht im sichtbaren und im UV-Bereich durch die Stoffe im Gärreaktor absorbiert wird. Dazu haben sie Computerprogramme entwickelt, mit denen die gemessenen Lichtspektren fortlaufend automatisch ausgewertet werden können. So entstand ein spektroskopisches Online-Messsystem.
Ihre Forschungstätigkeit können die Wissenschaftler des GECO>C nun mit Hilfe von EU-Fördermitteln aus dem Marie-Curie-Programm fortführen und ausbauen. Denn gemeinsam mit sieben Partnern aus Großbritannien, Irland, Schweden und Deutschland waren sie mit dem Projektantrag ATBEST (Advanced Technologies for Biogas Efficiency, Sustainability and Transport) erfolgreich. Projektkoordinator ist das Questor Centre Nordirland, gegründet von der Queen‘s Universität Belfast. Mit einem Budget von rund 3,9 Millionen Euro kann das ATBEST-Konsortium 14 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für drei Jahre einstellen. Ein Jungforscher hat 2014 seine Forschungsarbeit an der TH Köln aufgenommen.
"Sein Ziel wird es sein, das bestehende Online-Messverfahren zu erweitern und gleichzeitig eine neue Technologie einzusetzen, die mit Strahlung im Mittel-Infrarot-Bereich arbeitet", so Biogas-Experte Christian Wolf. Er ist überzeugt, dass sich diese Strahlung noch weit besser als UV-Licht eignet, um den Biogasprozess zu überwachen. Denn die Stoffe, die es zu beobachten gilt, absorbieren besonders gut Strahlung im Mittel-Infrarot-Bereich. Das Problem bislang: Lichtwellenleiter schwächten Mittel-Infrarot-Strahlung so erheblich, dass das Eingangssignal des Systems in der Biogasanlage nicht für Messungen ausreichte. Doch nun bietet ein industrieller Kooperationspartner von GECO>C ausreichend leistungsfähige Lichtwellenleiter an.
Entsprechend den Anforderungen des Marie-Curie-Förderprogrammes bietet das mit ATBEST entstandene Biogas-Forschungsnetzwerk seinen jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern viele Möglichkeiten an, sich strukturiert fortzubilden und sich über Ländergrenzen hinweg auszutauschen. Zum einen werden die Jungforscher jeweils einige Monate bei einer der Partnerinstitutionen verbringen und das dort vorhandene fachliche Know-how unter anderem mittels spezieller Kurse vermittelt bekommen. Zum anderen richten die Partner einmal im Jahr an wechselnden Orten eine Summer School für alle jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus.
Text: Dr. Frank Frick
September 2014