Eine App für Turteltauben

Turtel soll die erste barrierefreie Dating-App werden, die die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung berücksichtigt. Die Idee kommt aus der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften. Bei der technischen Umsetzung engagieren sich Informatikstudenten vom Campus Gummersbach.

Der Zugang zu Dating-Apps ist einfach und soll das Kennenlernen erleichtern: Herunterladen und schon kann es losgehen. Doch die Apps unterstützen oft nur die Auswahl nach oberflächlichen Kriterien und inklusiv sind sie erst recht nicht. Das möchten vier Absolventinnen der Sozialen Arbeit und eine Masterstudierende der Architektur der TH Köln ändern: Behinderung, Sexualität und Partnerschaft sollten keine Tabuthemen sein, finden die Initiatorinnen Nora Fricke, Naomi Miller, Milena Stankov, Klara Esch und Franziska Gebhardt. Die fünf Freundinnen wollen eine inklusive Dating-App anbieten, um die Online-Dating-Welt barrierefreier zu gestalten.

Keine Tabuthemen

Ihre App berücksichtigt Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung. Konkret bedeutet das, dass auf dem Profil nicht nur Fotos zu sehen sind. Das Profil kann auch Texte und Tonaufnahmen beinhalten. „Denn für viele Menschen ist die Stimme bei der Partner*innensuche sehr wichtig,“ so die Turtel-Entwicklerinnen. Damit jeder die Bedienung leicht verstehen kann, sind Erklär-Videos und eine Turteltaube geplant, die immer gute Tipps hat. Außerdem soll die App über unterschiedliche Themen informieren, wie Sexualität und Behinderung oder Tipps zum Dating.
Das Konzept und das visuelle Design stehen, jetzt muss „nur noch“ die IT realisiert werden.

Auf einem Hackathon des Innovation Hubs kam der Kontakt zwischen den Turtel-Initiatorinnen und den Studierenden Dennis Kliewer, Tobias Funk, Fabian Weil, Kirils Prihodjko, Sebastian Ley, Thole de Jonge und Noel Tekath zustande. Ein erster Prototyp wurde entwickelt, doch bis die App stabil läuft ist noch einiges zu tun: Im Frontend fehlen noch ein paar Features, auf der Applikationsebene müssen noch einige Schnittstellen gebaut werden, unter anderem zwischen der ausführenden App und dem Browser.

Was heißt „blind“ konkret?

Die App barrierefrei zu programmieren ist kein Problem. Es sind andere Herausforderungen, mit denen die Studenten sich konfrontiert sehen: „Man möchte zum Beispiel möglichst viele der Menuführungen des eigenen Smartphones auch in der App nutzen,“ sagt Thole de Jonge, der das Studierendenteam leitet. „Außerdem sollen die Nutzer*innen Texte, Videos und Sprachaufnahmen einbinden – was immer eine Designentscheidung ist. Denn wir müssen uns auch mit Fragen auseinandersetzen, die wir uns im persönlichen Alltag nicht stellen.“ Konkrete Beispiel sind: Was heißt eigentlich „blind“? Haben die User*innen keinerlei Sehkraft oder eine stark eingeschränkte? Wie selbstständig sind die User*innen, also kann jemand auch ohne Betreuung die App bedienen? Oder wie verständlich sind die Datenschutzbestimmungen, muss man hier mit leichter Sprache arbeiten?

Transparenter Matching-Algorithmus

Statt auf ein KI-basiertes Matching setzen die Studierenden auf einen transparenten Algorithmus: Die Turtel-Nutzer*innen finden sich über Parameter wie die Entfernung der Wohnorten, ähnliche Interessen oder das Alter. Daraus entsteht dann eine sogenannte "Distanz" zwischen den Nutzer*innen, nach denen diese sortieren können. Die App entwickelt daraus Vorschläge. Finden zwei Nutzer*innen sich gegenseitig interessant, entsteht ein Match - unabhängig davon, wer sein Interesse zuerst bekundet hat.

Die Umsetzung wird die Studenten die folgenden Monate noch beschäftigen. „Wir hoffen aber, bereits in diesem Sommersemester entscheidend weiter zu kommen“, sagt Thole de Jonge. Dann stehen Tests an, werden Proband*innen gesucht. Auch noch nicht geklärt ist die Frage des Servers und des Hostings.

Betreut wurde das Projekt auf Seiten der Fakultät für Informatik und Ingenieurwissenschaften durch Jörn Richter und Prof. Dr. Stefan Bente. Der erste Prototyp wurde durch das Programm KickStart@TH Köln gefördert.

Juni 2023

Ein Beitrag von

Monika Probst
Campus Gummersbach


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