Digitales Game auf den Spuren des Kalten Krieges
Die preußischen Gärten rund um die Glienicker Brücke in Berlin und Potsdam haben zahlreiche weltpolitische Ereignisse wie die Trennung Deutschlands und die Wiedervereinigung miterlebt. Um die vielschichtige Historie während des Kalten Krieges erlebbar zu machen, entwickelt das Cologne Game Lab (CGL) gemeinsam mit der Stiftung Preussische Schlösser und Gärten derzeit ein Mixed-Reality-Spiel.
„Die Kulturlandschaft der preußischen Schlösser und Gärten wurde als Ort der Einkehr und höchster Gartenkunst von den renommierten Gartenbauern und Landschaftsarchitekten Joseph von Lenné und Hermann von Pückler entworfen. Während des Kalten Krieges fiel sie dann allerdings der menschenverachtenden Architektur der Grenzschutzanlagen der DDR zum Opfer“, sagt Prof. Dr. Gundolf S. Freyermuth vom Cologne Game Lab, der das Projekt am CGL leitet. „Der Park und die nahe gelegene Glienicker Brücke wurden in der Folgezeit zum Schauplatz zahlreicher öffentlicher und persönlicher Geschichten. Mit dem Mixed-Reality-Spiel ,Border Zone‘ wollen wir diese Begebenheiten für Besucherinnen und Besucher des Parks rekonstruieren und durch kurze interaktive Geschichten erlebbar machen.“
Bildergalerie
Mit Hilfe des Mixed-Reality-Spiels "Border Zone" sollen Besucherinnen und Besucher in den preußischen Gärten künftig auf virtuelle Charaktere treffen und mit diesen interagieren können. Die Vorführszene zeigt den Ausblick auf das Schloss im Park Babelsberg. (Bild: CGL/TH Köln)
Das Spiel soll die Historie der Kulturlandschaft für Besucherinnen und Besucher erlebbar machen. Das Foto zeigt die Grenzzone in Potsdam im Jahr 1989. (Bild: SPSG/Peter Rohn)
Mixed Reality ist eine Kombination aus realer und computergenerierter Wirklichkeit. Im Gegensatz zu Virtual Reality wird dabei keine neue Welt, sondern eine Erweiterung der physischen Umgebung kreiert – im Fall von „Border Zone“ über mobile Endgeräte. „Vorgesehen ist, dass Spielerinnen und Spieler über die Anwendung verschiedene Spuren von Schuhprofilen in der realen Parklandschaft sehen“, erklärt Katharina Tillmanns, die das Projekt am CGL künstlerisch-wissenschaftlich begleitet. „Sie sollen sich dann aussuchen können, welcher Spur sie folgen möchten und stoßen irgendwann auf ein 3D-Diorama. Auf dem eigenen Handy-Bildschirm sollen in dieser Szene verschiedene Charaktere und Elemente der Grenzzeit-Architektur zu sehen sein, die in Lebensgröße in die heutige reale Umgebung eingebettet sind“, so Tillmanns.
Der Alltag an der Grenze
In den 3D-Dioramen sollen alltägliche Situationen an der deutsch-deutschen Grenze erzählt werden. „Wir möchten den Besucherinnen und Besuchern des Parks den Alltag an der Mauer näherbringen und konkrete Momente erfahrbar machen. Das kann zum Beispiel eine Situation mit einer Familie sein, die einen Ausflug im Park unternimmt, davon ein Foto machen möchte und von Grenzsoldaten angesprochen wird“, sagt Sebastian Stricker, der gemeinsam mit Rebecca Nöll und Pierre Schlömp vom CGL an der jetzt abgeschlossenen Pre-Production – also an der Erstellung eines detaillierten Konzeptes – beteiligt war.
Die Spielenden sollen aber nicht nur Zuschauerinnen und Zuschauer der Dioramen sein, wie Katharina Tillmanns betont: „Nutzende sollen die Szenen nicht nur passiv rezipieren, sondern auch räumlich in sie hineintreten können. Dazu werden wir Mechaniken entwickeln, die eine körperliche Interaktion mit den Szenen und den dargestellten Charakteren ermöglichen. Das können zum Beispiel Aufgaben wie das Übergeben von digitalen Gegenständen sein.“ Diese Spielmechaniken werden nun in den nächsten Schritten des Projektes weiterentwickelt und programmiert.
Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart
Viele Inhalte des Spiels werden aus den digitalen Sammlungen des Projektpartners, der Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, entnommen. Die Figuren und Avatare, die in den Dioramen vorkommen, sollen historisch angelehnt sein. Zudem sollen sie verschiedene soziokulturelle Hintergründe haben, um die divers geprägte Kultur- und Sozialgeschichte der Gegenwart widerzuspiegeln und Anknüpfungs- und Identifikationspunkte für heutige Nutzerinnen und Nutzer zu liefern.
Das Forschungsprojekt „Border Zone – Entwicklung eines digitalen Games auf den Spuren des Kalten Krieges in den preußischen Gärten“ wird zunächst bis Ende 2021 von der Staatsministerin für Kultur und Medien gefördert. Bis dahin sollen zwei bis drei Episoden entstehen, die Besucherinnen und Besuchern der Parkanlagen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Juli 2021