StudiCoachBot: Helfer bei Prüfungsangst

Das digitale Tool StudiCoachBot soll Studierende unterstützen, indem sie eigene Strategien im Umgang mit Prüfungsangst entwickeln. Prof. Dr. Anja Richert und die Wissenschaftliche Mitarbeiterin Vanessa Mai vom Cologne Cobots Lab & TrainING Center erläutern im Interview, welche Hilfestellungen der Bot geben kann.

Frau Richert, Frau Mai, als erster Anwendungsfall für den StudiCoachBot wurde der Umgang mit Prüfungsangst ausgewählt. Wie kann der Bot den Studierenden bei dieser Herausforderung helfen?

Richert: Wir entwickeln und programmieren unsere Lösung als digitales Selbst-Coaching-Tool. Der Bot sagt einem jedoch nicht, was der richtige oder falsche Umgang mit Prüfungsangst ist – er gibt also keine Ratschläge. Vielmehr können Studierende zum Beispiel im Gespräch mit dem Bot eigene Stärken in diesem Kontext entdecken, Auslöser erkennen und Ziele entwickeln. Zudem erhalten sie auch Hilfestellungen, Methoden und weitere Informationen. Mit dem Bot versuchen wir eine Mischung aus offenen Fragen und Hinweisen anzubieten, die Selbstreflexion und Selbsterkundung anregen sollen.

Mai: Unser Angebot ist niedrigschwellig konzipiert und soll eine erste Möglichkeit sein, sich anonym und bewertungsfrei dem Thema anzunähern. Der Bot kann und soll kein Mensch-zu-Mensch-Coaching ersetzen, aber er kann eine wertvolle Ergänzung im Coaching-Prozess sein. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber statischen Webseiten oder Angeboten von Mental Health Coaches in sozialen Medien ist die Interaktivität: Durch offene Reflexionsfragen ermöglicht der Bot eine individuelle Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten. An unserem Bot arbeiten zudem zertifizierte Coaches und Supervisoren sowie Psycholog*innen mit, so dass wir die Qualität des Angebots gewährleisten können. Wir kooperieren außerdem mit der Zentralen Studienberatung der TH Köln, so dass der StudiCoachBot die Studierenden bei Bedarf an menschliche Kolleg*innen verweist.

 Prof. Dr. Anja Richert, der StudiCoachBot und Vanessa Mai (Bild: privat/Marion Koell)

Wie funktioniert der Bot in technischer Hinsicht? Welche Prozesse laufen im Hintergrund ab?

Richert: Der StudiCoachBot ist in der Conversational AI „Rasa“ entwickelt. Das ist ein regel- und intent-basiertes System, das um KI-basierte Komponenten erweitert ist, um das Gespräch mit dem Bot in einer möglichst natürlichen Sprache zu gestalten. Wir strukturieren den Dialog vorab und haben im Prinzip einen Entscheidungsbaum. Das ist ein großer Unterschied zu generativen Sprachmodellen wie ChatGPT. Vorteil unseres Systems ist, dass wir die Qualität des Gesprächs stärker sichern können und mehr Kontrolle über die Gesprächsverläufe haben. Nachteil ist, dass das Gespräch dadurch etwas weniger flexibel und „menschlich“ wirkt und der Bot zum aktuellen Entwicklungsstand (noch) in eher geringem Grad individuell auf die Antworten der User*innen eingehen kann. Daher erarbeiten wir gerade im Rahmen einer Masterarbeit, wie wir generative KI-Modelle verantwortungsvoll in unseren Bot integrieren können.

Wie stellen Sie Datenschutz sicher?

Mai: Wir haben uns für „Rasa“ entschieden, weil es sich hier um eine Open Source Entwicklungsumgebung handelt. Ein Vorteil dabei ist, dass die Sicherheit der User*innen-Daten höchste Priorität hat. Rasa schützt die Informationen dadurch, dass sie nicht an einen Drittanbieter zur Nachrichtenverarbeitung geschickt werden. Sämtliche durch den StudiCoachBot erfassten Angaben werden auf Servern an der TH Köln – oder von der TH Köln in Deutschland angemieteten Servern – gespeichert und verarbeitet.

Auf der Webseite werden die User*innen außerdem darauf hingewiesen, dass die Gesprächsverläufe zur Weiterentwicklung des Chatbots – in anonymisierter Form – genutzt werden. Sowohl auf der Webseite als auch im Gesprächsverlauf mit dem Bot versichern wir, dass User*innen anonym bleiben und keine personenbezogenen Daten erhoben werden.

Sind weitere Anwendungsfälle geplant?

Richert: Ja, auf jeden Fall! Prüfungsangst ist erst der Anfang. Unser StudiCoachBot soll perspektivisch Selbstreflexion für verschiedene Arbeits- und Lernprozesse im Studium anregen und als eine Art KI-Assistent Studierende in verschiedenen Phasen begleiten. Wir entwickeln beispielsweise derzeit einen Prototyp, der die interdisziplinäre Teamarbeit im Rahmen der Hochschulweiten Interdisziplinären Projektwoche mit den Studierenden reflektiert.

Mit anderen Chatbots an der TH Köln kann man heute schon ein Online Self Assessement für das Maschinenbaustudium in Deutz durchführen oder – wie mit dem Campus Guide – Räume am Campus Deutz finden.

Einblicke in das Projekt

Forschungsprojekt: StudiCoachBot - Reflexionsprozesse KI-basiert begleiten

Der StudiCoachBot wird am CologneCobotsLab & TrainINGCenter der Fakultät für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme der TH Köln entwickelt. Im Rahmen eines Promotionsprojekts an der TH Köln arbeitet ein interdisziplinäres Team von Studierenden, Lehrenden und Coaches unter der Leitung von Prof. Dr. Anja Richert und Vanessa Mai M.A. an dem Tool und erhebt Daten über die Nutzung. Die Fördermittel werden von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre im Rahmen des TH-weiten Projekts REDiEE bereitgestellt.

Hinweis: Das Tool befindet sich in der Erprobung. Auch nach Fertigstellung soll die Interaktion mit dem Bot keine menschlichen Beratungsgespräche ersetzen. Bei Prüfungsangst können sich Studierende an die Beratungsstelle der TH Köln wenden.

Juni 2023

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