Die Synthese neuer Dopaminwiederaufnahmehemmer und ihre Wirkung
Seit fast drei Jahren arbeitet die InnovAGe Promovendin Yuliya Richert an ihrer Promotion und steht damit kurz vor ihrem Abschluss. In ihrem Projekt fokussiert sie sich darauf, neue Dopaminwiederaufnahmehemmer zu synthetisieren und den Zusammenhang zwischen der Struktur des Wirkstoffs Methylphenidat und seiner Wirkung zu verstehen.
In ihrem Projekt, welches sie in der Arbeitsgruppe „Medizinische Chemie“ von Prof. Dr. Sherif El Sheikh durchführt, beschäftigt sich Yuliya Richert mit dem Thema „Synthese und Struktur-Wirkungs-Beziehungen von Dopamin-Wiederaufnahmehemmern“. Die Arbeitsgruppe synthetisiert hierfür neuartige Dopamin-Wiederaufnahmehemmer, die aufgrund ihrer molekularen Struktur auch bei Missbrauch (nasale Applikation, Injektion) einen deutlich verzögerten Wirkungseintritt bei gleichzeitig verlängerter Wirkungsdauer haben sollten. Dies bedingt ein erheblich reduziertes Sucht- und Missbrauchspotenzial.
Methylphenidat, allgemein unter dem Handelsnamen Ritalin bekannt, gehört zur Arzneistoffgruppe der Phenylethylamine und wirkt als Stimulanz im zentralen Nervensystem. Durch die Einnahme von Ritalin kommt es zu einer leistungssteigernden Wirkung, indem die Dopamin-Wiederaufnahme blockiert und damit der Dopamin-Spiegel im synaptischen Spalt erhöht wird. Es resultiert eine erhöhte Konzentrationsfähigkeit, eine fokussierte Wahrnehmung und eine gesteigerte Lernfähigkeit. Dieser Effekt wird vor allem bei der Behandlung von Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) genutzt, um den Symptomen dieser Erkrankung entgegenzuwirken. Ein weiteres Einsatzgebiet von Methylphenidat ist die Behandlung von Narkolepsie, der „Schlummersucht“. Aufgrund seiner stimulierenden Wirkung auf das zentrale Nervensystem unterliegt der Wirkstoff Methylphenidat in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetzt. Dies hindert viele Jugendliche, Studenten und Akademiker jedoch nicht daran, den Wirkstoff als „Gehirndoping“ zu missbrauchen, um ihre Leistung zu steigern. Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit und Depressionen werden dabei in Kauf genommen.
Nicht nur deshalb sieht die Nachwuchsforscherin Yuliya Richert schwerwiegende Probleme beim Einsatz und dem Missbrauch von Methylphenidat: „Ritalin ist keine optimale Lösung. Durch das schnelle und einfache Passieren der Blut-Hirn-Schranke hat es bei missbräuchlicher Anwendung durch Gesunde ein hohes Suchtpotential. Zudem wird Ritalin im Körper schnell metabolisiert, zur unwirksamen Ritalinsäure abgebaut und dann vom Körper wieder ausgeschieden. Die Wirkung des Wirkstoffs ist also sehr kurz. Hier kommen damit zwei äußerst nachteilige Faktoren zusammen. “ Ein noch viel größeres Manko liegt laut Yuliya Richert jedoch in dem bislang nicht geklärten Einfluss der einzelnen „Molekülbausteine“ auf die Wirkung von Ritalin. „Das Molekül besitzt zwei Stereozentren; welches dieser Zentren für die Wirkung notwendig ist, ist bis heute nicht geklärt.“ Yuliya Richert hat es sich deshalb in ihrer Promotion zur Aufgabe gemacht, eine Sammlung von Methylphenidat-Derivaten zu synthetisieren, um diese dann auf ihre Potenz zu testen. „Ich hoffe, dass wir durch die Synthese der Methylphenidat-Derivate Erkenntnisse über ihre Wirkungsweise erhalten können. Wenn wir Gemeinsamkeiten finden, kann uns dies einen neuen Einblick in die Struktur-Wirkbeziehungen geben. Außerdem können wir durch den Vergleich der Substanzen untereinander ebenfalls Rückschlüsse auf ihre Funktion ziehen.“
Um die Wirksamkeit und Potenz der von Yuliya Richert synthetisierten Methylphenidat-Derivate auch in vitro im Zellsystem zu testen, arbeitet die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Sherif El Sheikh mit Prof. Dr. Dirk Gründemann vom Zentrum für Pharmakologie der Uniklinik Köln zusammen.
Fragt man die Promovendin, was sie an ihrem Projekt begeistert, erhält man eine klare Aussage: „Mein Projekt ist wie ein Puzzle und hat etwas von Detektivarbeit. Es ist unglaublich spannend, über die Strukturmodifikation von Methylphenidat etwas über seine Funktion im Körper herauszufinden. Außerdem kann ich mit meiner Forschung dabei helfen, Derivate zu synthetisieren und zu charakterisieren, die potenter sind, weniger Suchtpotential haben und optimalerweise auch länger im Körper verbleiben. Dies sind wichtige Arbeiten, um ein bereits auf dem Markt befindliches Medikament zu verbessern.“
Juni 2019