Detox Identity - Wie spricht man mit Männern über Feminismus, die keine Lust darauf haben?
Seit 2019 befassen sich die Gründer von „Detox Identity“, Tobias Spiegelberg und Fabian Ceska, mit kritischer Männlichkeit und Feminismus und geben Workshops zu den Themen. 2023 hieß es dann: Ab in die Vollzeit-Forschung. Im Auftrag der Bundeszentrale für Politische Bildung und mit der Projektkoordinatorin Maike Stemmler legen sie ein Methodenkonzept vor: „Männer im Feminismus – Warum und wie?“
Ganz grob: Was ist der Inhalt Ihrer Veröffentlichung?
Spiegelberg: Das Methodenkonzept hilft Pädagog*innen dabei, mit Gruppen über Feminismus zu sprechen, in denen Männer* sind, die keine Lust darauf haben. Es ist für alle gedacht, die feministische Inhalte vermitteln möchten und dabei auf Widerstand stoßen, der mit männlicher Sozialisation zusammenhängt. Wir nähern uns empathisch diesen Widerständen an und zeigen Methoden auf, konstruktiv mit ihnen umzugehen.
Jungen*/ Männer*, Mädchen*/Frauen*
Die Begriffe weisen darauf hin, dass die binäre Zuordnung eines Geschlechts von der*dem Betrachter*in ausgeht und nicht mit der Lebensrealität des Gegenübers übereinstimmen muss.
Spiegelberg: Sobald Männer* ihr eigenes Leid in den Mittelpunkt stellen, nehmen sie Raum auf Kosten der FLINTA*-Themen ein. Wir arbeiten dann oft mit der Methode, den Raum zu trennen. Das bedeutet, wir richten einen Raum ein, in dem Personen zusammenkommen, die strukturell vom Patriarchat betroffen sind und einen anderen Raum für Personen, die eher privilegiert sind. In Letzterem haben Männer* dann Platz dafür, dieses „Mann, mir geht's doch auch schlecht!“ auszudrücken. In diesen Räumen kann erst einmal alles raus platzen, „was ich die ganze Zeit schon sagen wollte“. So kann das Emotionslevel abseits der Ohren von Frauen* abschwellen. Das hilft dabei, das Gespräch danach wieder auf das Thema zu lenken, was für Folgen unser Verhalten für Frauen* hat und was daran kritisch zu reflektieren ist.
Ceska: Viele der Männer* gehen in unsere Workshops mit der Erwartung rein, bei uns dürften sie nichts falsch machen. Sie warten eigentlich nur darauf, uns ihren Widerstand entgegenzubringen. Das haben wir zum Beispiel bei einem Workshop bei einer größeren Organisation schon gemerkt, bevor wir überhaupt ein Wort gesagt haben. Deshalb haben wir dann damit angefangen, dass wir eine „Fuck up“-Story von uns erzählt haben, also eine Geschichte, in der wir uns auch selbst als relativ traditionelle Männer* falsch verhalten haben. Und wir haben auch erzählt, was das für uns, aber vor allem für die Frauen* bedeutet hat. Während wir darüber geredet haben, haben wir gemerkt, wie sich die Männer* entspannt haben und ihre Widerstände gebrochen sind. Wenn diese Schwelle einmal erreicht ist, entsteht erfahrungsgemäß eine große Offenheit bei den Workshop-Teilnehmern, Veränderungsprozesse bei sich selbst anzuregen.
Welche der Methoden aus Ihrem Konzept könnten einem auch als Privatperson im Alltag helfen, auf anti-feministische Positionen zu reagieren?
FLINTA*
FLINTA* steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen. Das Sternchen (Asterisk) am Ende bezieht zusätzliche Variationen der Geschlechtervielfalt ein.
Mai 2024