Das Phänomen Black Friday
Mittlerweile nimmt auch in Deutschland der Großteil der Unternehmen am Black Friday teil. Prof. Dr. Christian Rennert vom Schmalenbach Institut für Wirtschaftswissenschaften erklärt, was die Rabattaktion für Unternehmen sowie für Konsumentinnen und Konsumenten bedeutet.
Prof. Rennert, welche Gründe bewegen Unternehmen in Deutschland zum Black Friday?
Der Black Friday ist ein Phänomen, das Anfang der 2000er aus den USA zu uns herübergekommen ist. Das ist immer der Freitag nach Thanksgiving, an dem die Preise sehr stark abgesenkt werden. Wenn so etwas einmal in der Welt ist, dann müssen die Unternehmen nachziehen, ob sie wollen oder nicht. Denn wer verzichtet schon gerne auf Kundinnen und Kunden? Niedrige Preise locken immer an.
Können die Verbraucherinnen und Verbraucher tatsächlich sparen?
Natürlich werden die Preise abgesenkt und auch durchaus in einem beachtlichen zweistelligen Ausmaß. Insofern können Kundinnen und Kunden sparen. Aber egal, ob Kundinnen und Kunden in Preissenkungsaktionen oder zu ganz normalen Zeiten einkaufen, sie sollten immer darauf achten, wie die Preise vorher waren, damit sie sich nicht über den Tisch ziehen lassen. Also, es liegt letztendlich an uns, herauszukriegen, ob vorher die Preise erhöht worden sind, um sie dann am Black Friday zum Beispiel um 40 Prozent abzusenken.
Kann der Black Friday dem stationären Einzelhandel nach den Auswirkungen der Corona-Pandemie helfen?
Preissenkungen – vor allem, wenn sie drastischer Natur sind wie jetzt – können nie helfen, den Einzelhandel oder auch Onlineshops systematisch zu retten. Wenn man mit dem Preisinstrument spielt, hat man sonst nichts zu bieten. Und das ist problematisch. Mit solchen Rabattaktionen werden Verbraucherinnen und Verbraucher jedoch auch wieder in den Handel gezogen und wieder ans Einkaufen gewöhnt. Das ergibt durchaus Sinn im Zuge der Corona-Pandemie. Aber letztlich sind solche Aktionen kein Mittel, um das eigene Geschäft besser aufzustellen.
Profitieren vor allem große Unternehmen vom Black Friday?
Der Black Friday wird in Deutschland insbesondere von den Internetanbietern stark genutzt. Ich würde aber dieses Phänomen nicht überbewerten. Der stationäre Einzelhandel ist sowieso herausgefordert durch das Internetgeschäft. Wenn ich stationärer Einzelhändler wäre, würde ich mir eher überlegen, wie ich so etwas wie den Black Friday in eine interessante Aktion verpacken könnte, um Kundinnen und Kunden in meinen Laden zu ziehen.
Wie bewerten Sie den Black Friday für Unternehmen?
Aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten ist der Black Friday eine feine Sache, auch alle Verlängerungen davon wie der Cyber Monday. Sie kommen so in den Genuss von stark abgesenkten Preisen. Der Handel muss jedoch eigentlich alles versuchen, um solchen Preissenkungen aus dem Weg zu gehen, denn sie schmälern letztlich den Gewinn. Durch diese Rabattaktion werden Kundinnen und Kunden daran gewöhnt, wertvolle Waren zu sehr günstigen Preisen zu bekommen. Aber aus der Perspektive des Handels kann es nicht sinnvoll sein, solche Discount-Strategien zu pushen. Der Handel muss versuchen, wertvolle Produkte zu hohen Preisen zu verkaufen. Funktionierende Märkte sorgen sowieso dafür, dass Preise sinken. Funktionierende Märkte sind gut für die, die kaufen. Aber nicht gut für die, die verkaufen.
Bestimmt der Black Friday das Weihnachtsgeschäft?
In Amerika geht traditionell mit dem Black Friday die Weihnachtseinkäufe-Saison los. Bei uns ist das nicht ganz der Fall. Hier beginnt das Weihnachtsgeschäft richtig, wenn die Weihnachtsmärkte aufmachen und die Menschen vermehrt an den Wochenenden in die Fußgängerzonen gehen. Es ist mehr ein amerikanisches Phänomen. Aber es wird hier kopiert und man muss sehen, wohin sich der Trend entwickelt. Das ändert aber nichts daran, dass Discountstrategien immer ein Indikator für mangelnde unternehmerische Kreativität sind.
November 2021