Das Liebesschlösser-Experiment
Wie weit transportiert der Rhein die Schüssel der Liebesschlösser, die an der Hohenzollernbrücke hängen? Für den WDR haben Wissenschaftler des Labor für Wasser und Umwelt (LWU) ein kleines Experiment gemacht. Nicht wissenschaftlich exakt, aber anschaulich zeigten sie, wie weit der Rhein einen Schlüssel trägt, der in den Fluss geworfen wird.
Im Wasserbaulabor kann der Rhein ausschnittsweise im Maßstab 1:5 „nachgebaut“ bzw. simuliert werden, d.h. der Wasserstand ist hier um den Faktor 5 niedriger und Fließgeschwindigkeit um den Faktor √5 langsamer. Hat der Rhein eine durchschnittliche Fließgeschwindigkeit von bis zu zwei Metern pro Sekunde, ist es im Labor nur ein halber Meter. Auch spielen Größe, Form, Gewicht und Material des Schlüssels eine Rolle. Mario Axler, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im LWU, fertigte für den Versuch auch einen Schlüssel aus PVC an, der aufgrund seines geringeren Gewichts gegenüber den Messingschlüsseln die schnellere Fließgeschwindigkeit des Rheins im Vergleich zur Kipprinne im Labor ausgleicht.
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Während im Versuch ein kleiner Messingschlüssel bis zu 80 cm weit getragen wird, schafft der PVC-Schüssel zwei Meter, bevor er den mit Sand und Gestein ausgelegten Boden erreicht. Umgerechnet auf den Maßstab 1:5 sind das rund zehn Meter. Mario Axler schätzt, dass in der Realität ein klassischer Liebesschloss-Schlüssel im Rhein zwischen 50 Meter und 100 Meter weit getragen werden kann, bevor er auf dem Flussgrund landet. Präziser lasse sich das nicht sagen, da es einfach zu viele verschiedene Faktoren gäbe, die das Ergebnis beeinflussen, darunter der variierende Wasserpegel und die Verwirbelungen der Schiffe. Und bei jedem Hochwasser werden die Sand- und Gesteinsablagerungen auf dem Rheingrund noch einmal kräftig durchmischt und weiter flussabwärts transportiert. Dadurch landen nach und nach alle Schlüssel schlussendlich im Meer – diese Reise kann aber einige Jahrzehnte, sogar bis über hundert Jahre dauern.
Oktober 2019