"Damoklesschwert Datenschutz" – wissen, was in Online-Marketing-Kampagnen wirklich wichtig ist!
Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung hängen oft wie ein Damoklesschwert über der Erstellung von Online-Kampagnen. Damit der Content auch wirklich datenschutzkonform ist, gibt es einiges zu beachten. In der Weiterbildung „Online Kampagnen Manager*in“ klärt Dozentin Stefanie Wojak Fragen in den Bereichen Recht und Datenschutz.
Die Juristin hat zahlreiche internationale Konzerngruppen zu Themen der Datenschutzcompliance beraten und verfügt über mehrjährige Erfahrung als Senior Privacy Counsel. Heute arbeitet Stefanie Wojak im Bereich Legal Affairs der Bundesdruckerei GmbH, die als IT-Sicherheitsunternehmen des Bundes sichere Hightech-Lösungen für Staaten, Behörden und Unternehmen entwickelt. 2019 ließ sich Stefanie Wojak an der Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung der TH Köln zur Social Media Managerin weiterbilden.
Liebe Frau Wojak, warum haben Sie sich für die Weiterbildung zur Social Media Managerin entschieden und wie sind Sie Dozentin geworden?
Bereits während meines Rechtsstudiums habe ich mich mit sozialen Netzwerken, Algorithmen und Datenschutz beschäftigt. Um die Schnittstelle Recht und Technik bzw. soziale Netzwerke tiefgreifender zu verstehen, bot sich ein vollständiger Perspektivwechsel an. Ich habe mich nach etwas Recherche für die Weiterbildung an der 300 Kilometer entfernten TH Köln entschlossen, um über den Tellerrand zu blicken. Mein Ziel: komplexe Rechtsthemen besser „übersetzen“ und die zum Teil starren rechtlichen Anforderungen begreifbarer machen zu können. Das didaktische Konzept der TH Köln entsprach genau meinen hohen Erwartungen und zum Teil besteht noch heute Kontakt zu anderen Teilnehmenden.
Im Rahmen des Alumni-Newsletters haben die Weiterbildungskoordinator*innen zum zehnjährigen Jubiläum der Weiterbildung um Themenvorschläge für Weiterbildungsinhalte gebeten. Nachdem ich bereits Datenschutz-Schulungen für Student*innen, betriebliche Datenschutzbeauftragte und die Geschäftsführung in verschiedenen Unternehmen angeboten hatte, konnte ich mit meinem Vorschlag zum vermeintlich trockenen Thema Datenschutz überzeugen. Nach weiteren Gesprächen mit dem Team der Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung hat sich meine Tätigkeit als Dozentin für das Modul „Recht und Datenschutz“ des Lehrgangs „Online Kampagnen Manager*in“ ergeben.
Sie sagten ja bereits, das Thema Datenschutz sei nur „vermeintlich trocken“. Was finden Sie persönlich besonders spannend daran?
Ich habe die Zeit vor Smartphone und Internet noch ganz bewusst erlebt und mich im Laufe der Digitalisierung immer wieder gefragt, welche personenbezogenen Daten wo und wie hinterlegt werden. Diese Auskunft steht mir nun dank meiner Kenntnisse des Datenschutzrechtes zur Verfügung. Wenn man über das entsprechende Wissen verfügt, kann man sich ganz bewusst entscheiden, ob und wie man die eigene digitale Identität schützen möchte. Daneben beobachte ich seit Jahren die Herausforderungen für technologieneutrale Gesetzgebungsverfahren, die vorausschauend einen Rechtsrahmen zu Themen wie dem Web 3.0 und künstlicher Intelligenz schaffen. Dieser rechtliche Wandel und das Verschmelzen von Recht und Technik interessieren mich.
Es bedarf (Datenschutz-)Jurist*innen, die zum einen technisch bewerten können, ob etwas rechtskonform ist, und die zum anderen auch innovative umsetzbare rechtliche Empfehlungen abgeben können.
Welche Entwicklungen im Bereich des Datenschutzes beobachten Sie in den vergangenen Jahren?
Die Webseite ist ein wichtiges Instrument der Außendarstellung für Organisationen und Personen sowie ein gutes Beispiel für klassische Datenschutzthemen wie Cookies und Tracking. Früher gab es viel weniger Cookie-Banner; und deren Gestaltung wurde eher stiefmütterlich behandelt, dabei hat sich der Rechtsrahmen der ePrivacy-Verordnung mit nationaler Umsetzungspflicht der EU-Länder kaum nennenswert geändert. Seit einigen Jahren beobachte ich eine Professionalisierung des Bereichs Cookies und Tracking: Unternehmen beachten die aufsichtsbehördlichen Stellungnahmen aufgrund empfindlicher Strafen, sodass die rechtlichen Anforderungen nun nach und nach technisch korrekt umgesetzt werden.
Die größere Bedeutung des Datenschutzrechtes ist zudem vermehrt in Ländern zu beobachten, die eigene Gesetze verabschieden: Beispielsweise orientiert sich das Datenschutzgesetz in Brasilien an der europäischen Perspektive sowie bestimmten sektoralen Datenschutzgesetzen in den USA.
Was raten Sie für Online-Kampagnen zuständigen Manager*innen, die bezüglich Datenschutz-Themen bzw. bestimmter rechtlicher Themen unsicher sind?
Die Datenschutz-Aufsichtsbehörden veröffentlichen regelmäßig Stellungnahmen für unterschiedliche Zielgruppen (etwa Selbstständige, Vereine, KMUs) und Jahresberichte mit Hinweisen auf die kommenden Fokusthemen der jeweiligen Aufsichtsbehörde. Zum Teil werden auch kostenfreie Screenshots und Schritt-für-Schritt-Anleitungen publiziert. Da kann sich etwas Recherche durchaus lohnen. Einige Aufsichtsbehörden sind sehr kreativ. Sie veröffentlichen kurze Videosequenzen oder veranstalten sogar Wettbewerbe zu Datenschutzthemen, damit ein Einstieg in rechtliche Themen leichter gelingt.
Welche (datenschutz-) rechtlichen Fehler passieren in den Bereichen Online-Marketing und Advertising am häufigsten und wie lassen sie sich vermeiden?
Die häufigsten Fehler resultieren meiner Meinung aus fehlendem Wissen. Zum Beispiel das fehlende Wissen darüber, dass personenbezogene Daten verarbeitet werden. Oft sind die Prinzipien des Datenschutzes nicht bekannt und es kommt zu einer unzureichenden Ausgestaltung von Einwilligungen oder der fehlenden Beachtung von Betroffenenrechten. Auch was datenschutzrechtliche Vereinbarungen und Verträge angeht, sind oft zu wenige Kenntnisse vorhanden. Ich habe häufiger gehört, dass es für Nichtjurist*innen – und manche Jurist*innen ebenso – schwierig ist, die Bedeutung dieser datenschutzrechtlichen Basics zu verstehen. Ein Überblicksworkshop oder ein Tagesseminar kann hier gut weiterhelfen und den Einstieg ermöglichen. Das Angebot für solche Workshops und Seminare ist sehr vielfältig.
Welche Rolle spielen beim Datenschutz Inhalt und Gestaltung einer Kampagne?
Bei der Kampagnenplanung sollte von Anfang an darauf geachtet werden, dass die rechtlichen Eckpfeiler mitgedacht werden. Dies betrifft unter anderem die Einbindung von Call-to-Actions und die damit verbundene Wahl der korrekten Rechtsgrundlage, die sorgfältige Auswahl geeigneter Agenturen sowie die Überlegung, welche Daten für welche Zwecke rechtlich gesehen nach der Erhebung als Leads verwendet werden dürfen. Auch die Verständlichkeit der Inhalte für die jeweilige Zielgruppe stellt eine rechtliche Anforderung dar, die für die Gestaltung der Datenschutzbedingungen zu beachten ist: Angenommen, eine Zielgruppe umfasst beispielsweise Ärzt*innen, so ist in der Datenschutzerklärung ein anderer rechtlicher Sprachduktus gefordert als bei saisonalen Gewinnspielen. An dieser und weiteren Stellen besteht also eine Schnittstelle zwischen den Anforderungen an eine Kampagne und den rechtlichen Bestimmungen. Leider wird diese Schnittstelle noch nicht bei jeder Kampagne erkannt. Ein möglichst früher Austausch zwischen Fachbereichen, fähigen Dienstleister*innen und/oder datenschutzrechtlich sensibilisierten Beschäftigten wäre erforderlich und wünschenswert.
Herzlichen Dank für das Interview an Stefanie Wojak.
März 2022