Bessere Produktqualität bei der Duroplastverarbeitung
Duroplaste eignen sich besonders gut, um Elektronikkomponenten zu ummanteln. Da die Eigenschaften des Materials aber schwer berechenbar sind, hat das Labor für Fertigungssysteme der TH Köln im Rahmen des abgeschlossenen Forschungsprojektes „Duro:Net“ ein künstliches neuronales Netz entwickelt. Dieses prüft die Beschaffenheit der Duroplaste und optimiert die Produktion selbstständig.
Duroplaste sind Kunststoffe, die sich nach dem Aushärten, dem sogenannten Vernetzen, nicht wieder verformen lassen. Da sie sehr widerstandsfähig sind, werden sie genutzt, um Elektrobauteile etwa von Elektroautos zu umhüllen. Das gebräuchlichste Verfahren dafür ist das Transfer Moulding (Spritzpressen). Dabei wird zunächst ein Vorformling (Puppe) vorplastifiziert, also weich und geschmeidig gemacht, und anschließend in einer Presse verarbeitet. Dort ummantelt das halbflüssige Material das Elektrobauteil und vernetzt sich, sodass eine formstabile Hülle entsteht.
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Selbstlernendes Analyseverfahren
„Bei der Verarbeitung von Duroplasten bestehen sehr komplexe physikalische Zusammenhänge. Zudem ist das Material schwer berechenbar und geringe Änderungen etwa der Luftfeuchtigkeit führen zu anderen Ergebnissen in der Produktqualität. Härtet das Duroplast zu früh aus, zerstört es in der Presse die Elektrobauteile. Um optimale Produktionsbedingungen zu schaffen, sind bislang also viele Testläufe erforderlich, die Energie, Personal und Material kosten“, erklärt Prof. Dr. Ulf Müller vom Labor für Fertigungssysteme die Ausgangslage.
Deshalb hat das Labor ein künstliches neuronales Netz entwickelt, das auf die Maschinen des Projektpartners Boyke Technology GmbH angepasst ist. „Unser Netzwerk erfasst 23 verschiedene Produktionsparameter wie Temperatur, Druck oder eingesetzte Energie. Daraus kann es automatisch die Vorhersage zur Viskosität der Puppe treffen und zwar mit einer Genauigkeit von 97,8 Prozent. So wird permanent sichergestellt, dass das Material verarbeitbar ist. Notwendige Prozessanpassungen soll das System künftig selbstständig vornehmen“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter Daniel Caspar.
Folgeprojekt „Duro:Press“
Um die Eigenschaften der Duroplaste, bei denen die Chargen stark schwanken und von der Umgebungsatmosphäre abhängig sind, bereits vor der Produktion sicher zu ermitteln, hat das Labor für Fertigungssysteme das Folgeprojekt „Duro:Press“ aufgesetzt. In einem vorgelagerten Prozess soll eine kleine Station mit KI-gestützter Auswertungssoftware eine Probe des Granulats aufnehmen, erhitzen und pressen. „So ermitteln wir den exakten Zeitpunkt, an dem die Duroplaste ihre Eigenschaften verändern und beispielsweise vernetzen, ohne den gesamten Herstellungsprozess in Gang bringen zu müssen“, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter Tilmann Spitz. Das Messsystem soll die benötigte Energie, die zur Vernetzung von Materialien führt, sowie die Fließeigenschaften des Materials bestimmen. Die Ziele sind die Verbesserung der Produktqualität sowie die Verringerung der Einrichtzeit der Maschinen und der Materialkosten.
Das Forschungsprojekt „Duro:Net – Transfer Moulding von Duroplasten mit Hilfe künstlicher neuronaler Netze“ wurde bis April 2020 durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert. An der TH Köln wurde es vom Labor für Fertigungssysteme von Prof. Dr. Ulf Müller an der Fakultät für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme durchgeführt. Das ebenfalls dort angesiedelte Nachfolgeprojekt „Duro:Press – Bestimmen der Materialeigenschaften von Duroplasten mit KI-gestützter Auswertesoftware“ wird bis Juli 2022 durch das ZIM gefördert. Projektpartner ist in beiden Fällen die Boyke Technology GmbH.
Februar 2021