Bedrohte Stempeldrucke

Die Kirche des katholischen Klosters Beit Jamal, etwa 40 Kilometer entfernt von Jerusalem, ist geschmückt mit prächtigen Werken des in Düren geborenen Künstlers Emil Ritz. Die rund 90 Jahre alten Malereien drohen zu verfallen; ein israelisch-deutsches Konservierungsprojekt unter Beteiligung des Instituts für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft hat sich ihre Rettung zur Aufgabe gemacht.

Wer die unscheinbare Klosterkirche betritt, braucht eine Weile, um sich von dem Kontrast zu erholen. Während draußen hellgelber Sandstein dominiert, beherrschen kräftige Farben das Innere. Opulente Darstellungen biblischer Szenen sind auf den Längsseiten des Kirchenschiffs zu sehen. Jeder Winkel ist kunstvoll verziert und auch das Gebälk erstrahlt in braun und blau mit grünen Highlights. Im scharfen Gegensatz dazu steht die von dunklen Tönen dominierte Kreuzigungsszene im Stil des Expressionismus über dem Altar.

Anfang der 1930er Jahre reiste Ritz mit einem Künstler aus Maria Laach in das damalige Palästina und schmückte bis zu seiner Rückkehr 1957 zahlreiche Klöster und Kirchen im heutigen Israel aus. In Beit Jamal schuf er eine vermutlich weltweit einzigartige Mischung aus Malereien, Fresken, Stichen und der historischen Putztechnik Sgraffiti. Und er verwendete eine Maltechnik, bei der er mittels tausender Stempeldrucke an Wänden, Decken und Säulen den Eindruck großflächiger Mosaike erzeugte.

„Viele der Wandmalereien sind heute leider in einem gefährlich schlechten Zustand: Der Untergrund bröckelt an vielen Stellen und droht mitsamt der aufgebrachten Farbe herunterzufallen“, erläutert Prof. Adrian Heritage, der am Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft in der Studienrichtung Wandmalerei und Kulturgut aus Stein lehrt. Gemeinsam mit Fachlehrer Jacky Beumling und 13 Studierenden reiste er im November 2021 für erste Untersuchungen nach Israel.

Zusammen mit dem Team von Shay Farkasch, Israels bekanntem Experten für die Restaurierung und Rekonstruktion von Architekturdekorationen, und der Kunsthistorikerin Dr. Nirit Shalev-Khalifa nahmen die Studierenden die Kunstwerke in Augenschein und ließen sich die bisher durchgeführten Arbeiten erläutern. „Mit unserem Besuch wollten wir uns einen ersten Eindruck vom Gebäude und den vorhandenen Schäden machen. Es war wichtig, die israelischen Restauratorinnen und Restauratoren und ihre Arbeitsweisen kennenzulernen. Jetzt können wir überlegen, wo und auf welche Weise wir einen wissenschaftlichen Beitrag leisten können“, sagt Studentin Simona Weiland.

Neben der Begutachtung der Schäden spiele auch das Umfeld eine große Rolle, ergänzt ihre Kommilitonin Celina Leiss. „Die klimatischen Verhältnisse können einen großen Einfluss auf den Zustand der Kunstwerke haben, genauso wie die Nutzung des Gebäudes etwa für Führungen. Hier sind weitere Untersuchungen notwendig, zum Beispiel Messungen der Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Tagesverlauf über einen längeren Zeitraum“, so Leiss.

Nicht nur die Einzigartigkeit der Untersuchungsobjekte und der Austausch mit den israelischen Kolleginnen und Kollegen machten die Reise für die Studierenden zu etwas Besonderen: Corona-bedingt war es für alle Teilnehmenden die erste Felduntersuchung. „Als Studierende mit dem Schwerpunkt Wandmalerei treffen uns die Reisebeschränkungen hart. Wir können unsere Objekte nur bearbeiten, wenn wir hinfahren; Abbildungen sind einfach nicht das Gleiche. Denn alle Malereien sind immer in ein Gesamtambiente eingebunden. Ihr Zustand steht in direktem Zusammenhang zur Gebäudehülle“, erklärt Camilla Scharf.

Nach den ersten Untersuchungen entscheiden die Projektpartner jetzt, wie die weitere Kooperation gestaltet werden kann. Weitere Reisen sind angedacht und vermutlich werden Studierende aus der Gruppe ihre Bachelorarbeiten zu den Werken von Emil Ritz schreiben. Das Vorhaben wird gefördert durch das Büro des Landes Nordrhein-Westfalen für Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Jugend und Kultur in Israel unter der Leitung von Dr. Gil Yaron und dem Verein der Freunde und Förderer des Instituts für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft (CICS) der Fachhochschule Köln e.V.

Januar 2022

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