"Ich war zwar schon etwas berufserfahrener, aber man lernt immer dazu."
Der berufsbegleitende Masterstudiengang „Versicherungsrecht“ qualifiziert für spezialisierte Aufgabenstellungen und Führungsaufgaben in allen Branchen mit versicherungsrechtlichem Bezug. Wir haben Alumni gefragt, wie sie die Zeit des Studiums erlebt haben und was sie angehenden Versicherungsrechts-Student*innen empfehlen. Den Auftakt macht Rechtsanwalt Christian Bonn.
Herr Bonn, Sie sind zugelassener Rechtsanwalt in Neuss und als Syndikusanwalt in der Sparte Financial Lines bei Axa Corporate Solutions in Köln beschäftig. Was machen Sie in dieser Funktion?
Ich bin als Underwriter tätig, d.h., dass ich für die Ausgestaltung und das Pricing von Versicherungsverträgen zuständig bin. Dabei handelt es sich vor allem um D&O-Verträge, auch Managerhaftpflicht genannt, aber auch um Vertrauensschaden- und Prospekthaftpflichtversicherungsverträge. Neben der eigentlichen Arbeit an Klauseln und Bedingungen obliegt mir auch die Pflege der Beziehungen zu den Kunden. Beides geht Hand in Hand.
Wie sind Sie in die Branche gekommen? Was reizt Sie an dem Thema „Versicherungsrecht“?
Das war wie so oft im Leben Zufall. Ich arbeitete bereits im Referendariat für eine Kanzlei und man bot mir dort später an, ein eigenes Dezernat mit einem neuen Rechtsgebiet aufzubauen. Versicherungsrecht interessierte mich, weil es vielfältig ist: Vertragsrecht, Haftungsrecht, Deliktsrecht, Gesellschaftsrecht. Man hat mit vielen Rechtsgebieten zu tun. Deshalb habe ich noch im Referendariat einen der ersten Fachanwaltskurse für Versicherungsrecht absolviert, die überhaupt angeboten wurden. Der Fachanwalt Versicherungsrecht war damals noch ganz neu. Die Einsatzmöglichkeiten sind breit. Als Jurist kann man nicht nur in Kanzleien arbeiten, sondern auch bei Brokern, Unternehmen und Versicherern oder auch in Behörden. Ich habe auf verschiedenen Seiten gearbeitet und jede Aufgabe hat ihre ganz eigenen Herausforderungen.
Warum haben Sie sich als Volljurist für ein Masterstudium an der TH Köln entschieden?
Mastertitel sind ja auch bei Volljuristen als Zusatzqualifikation sehr beliebt. Insofern ist das nicht ungewöhnlich. Als die TH Köln den Studiengang ins Leben rief, war ich natürlich interessiert. Ich war zwar schon etwas berufserfahrener, aber man lernt immer dazu. Viele Referenten waren erstklassig und ich habe nicht nur vorhandenes Wissen auffrischen können, sondern vor allem auch wieder viel Neues gelernt. Über die Jahre vergisst man manches Grundlegende. Diese Dinge wieder zu hören, sorgt oft für einen klareren und ungetrübten Blick. Und für mich persönlich war natürlich die Nähe zur TH Köln ein ausschlaggebender Faktor.
Der Masterstudiengang Versicherungsrecht an der TH Köln ist berufsbegleitend. Wie stressig haben Sie das Studium neben dem Beruf erlebt? Was war Ihre Strategie, um Familie, Beruf und Studium unter einen Hut zu bringen?
Es war eine sehr große Erleichterung, dass wir einen wesentlichen Teil des Studienganges online absolvieren konnten. So gab es eine Art Skype-Vorlesungen, mit denen die Referenten auf die Klausuren vorbereitet haben und viele Aufgaben konnte man von zu Hause bearbeiten. Diese Flexibilität, selbst zu entscheiden, wann und wo man arbeitet, war enorm hilfreich. Man darf sich dadurch aber auch nicht verleiten lassen, die Dinge zu sehr zu verschieben, denn teilweise häuften sich die Hausaufgaben und die Abgabefristen drängten. Die Präsenzveranstaltungen selbst habe ich meist nicht als stressig erlebt, was der positiven Atmosphäre innerhalb des Studienganges zu verdanken war. Die Professoren und Dozenten hatten daran einen wesentlichen Anteil. Es war ein sehr offenes und kollegiales Miteinander.
Welche Fähigkeiten oder Kenntnisse, die Sie im Masterstudiengang erworben haben, helfen Ihnen in Ihrer Berufspraxis am meisten?
Mir sind sehr viele ausgiebige Diskussionen in Erinnerung geblieben, die insbesondere von den Kommilitoninnen und Kommilitonen geführt wurden, die Nicht-Juristen waren und vieles aus einer ganz anderen Perspektive sahen. Da gab es sehr kluge Fragen, die wir mit den Dozenten erörtert haben. Den Blickwinkel zu verändern, sich von den gelernten juristischen Schemata zu lösen und sich auf seinen Verstand zu verlassen ist oft sehr hilfreich. Das gilt nicht nur für die Berufspraxis wie für das richtige Leben. Nicht zuletzt knüpft man auch ein Netzwerk mit Personen aus den unterschiedlichen Bereichen der Versicherungswirtschaft.
Wo sehen Sie in Ihrem Beruf die spannendsten Herausforderungen?
Die Versicherungsbranche ändert sich rasant. Die Versicherer haben einen immensen Nachholbedarf, was Digitalisierung und die damit einhergehende Vereinfachung von Prozessen angeht. Auch die Produkte müssen an veränderte Bedürfnisse angepasst werden. Ich glaube aber auch, dass darin die Chance liegt, die Arbeit von einfachen, immer wiederkehrenden und lästigen Aufgaben zu befreien und so mehr Raum für wertschöpfendere Tätigkeiten zu erhalten.
Welche Fähigkeiten sollte man als Jurist mit dem Schwerpunkt Versicherungsrecht auf jeden Fall mitbringen?
Vertritt man als Anwalt Versicherungsnehmer, so befinden sich diese nicht selten in einer wirtschaftlich und persönlich schwierigen Lage. Stellen Sie sich beispielsweise jemanden vor, der schwer erkrankt ist und deshalb nicht mehr arbeiten kann und der BU-Versicherer zahlt nicht. Dann ist es wichtig, solchen Menschen auch zuhören zu können und ihre besonderen Nöte und Sorgen zu verstehen und sie ernst zu nehmen. Man sollte also gut mit Menschen umgehen können.
Daneben muss man die Fähigkeit haben, sich schnell in komplexe Sachverhalte einzudenken. Neben der Deckungsfrage ist oft auch die Haftungsfrage zu beachten, so dass man es durchaus auch mit unterschiedlichen Interessenlagen zu tun haben kann. Diese in einen gerechten Ausgleich zu bringen, erfordert ein gewisses Verhandlungsgeschick und Mut zur Gestaltung.
Was raten Sie Kolleginnen und Kollegen, die über ein Masterstudium oder die Teilnahme an einem Fachanwaltskurs nachdenken?
Manchmal besteht eine gewisse Fehlvorstellung, was Versicherungsrecht inhaltlich überhaupt ist. Nicht allen ist klar, dass es hier ausschließlich um das private Vertragsversicherungsrecht geht. Ich würde empfehlen, sich zunächst mit den Inhalten des Studienganges auseinander zu setzen. Das ist beim Fachanwaltskurs und beim Masterstudium sehr ähnlich. Beide Wege vermitteln aber ein sehr solides Wissen, mit dem man die meisten Versicherungsrechtsfälle beurteilen und lösen kann. Ich kann das Versicherungsrecht sehr empfehlen. Die Probleme, mit denen man zu tun hat, schreibt das Leben. Eine trockene Materie ist das Versicherungsrecht jedenfalls nicht.
Vielen Dank für das Interview, Herr Bonn!
Fragen zum Masterstudiengang Versicherungsrecht und zur Bewerbung beantwortet die Studiengangskoordinatorin Nannette Fabian unter 0221 8275-3621 oder per E-Mail: nannette.fabian@th-koeln.de.
Juli 2018