Versicherungsrecht-Alumni online
Im Rahmen des 4. Alumnitreffens des Masterstudiengangs Versicherungsrecht (Betriebsorganisation in der Assekuranz) der TH Köln am 19. Jan. 2023 kommen die Referenten Jürgen Wulf und Prof. Dr. Torsten Oletzky zu dem Schluss: Die etablierten Versicherungsunternehmen sollten die Potenziale der InsurTechs nutzen, um die Aufgaben, die aus der Digitalisierung entstehen, besser und schneller umzusetzen.
Die fortschreitende Digitalisierung beschert Versicherungsunternehmen im Bereich der Betriebsorganisation eine überbordende Fülle von Daten. Neben den Personalkosten ist die EDV ein immenser Kostenblock, zugleich ist die EDV aber dank Digitalisierung ein Instrument zur Effizienzsteigerung, Prozessoptimierung und Senkung der Verwaltungskosten bei einer deutlich schnelleren Bearbeitungsgeschwindigkeit. Darüber hinaus bietet die Digitalisierung die Chance der Nutzung anderer Kommunikationskanäle mit den Kunden.
Zwei Referenten mit großer Expertise beleuchteten die Thematik bei der 4. Veranstaltung des Masterstudiengang Versicherungsrecht ivwKöln Alumni e.V. am 19. Januar 2023: Dr. Torsten Oletzky, Professor im Lehr- und Forschungsgebiet Unternehmensstrategie und Prozessmanagement der TH Köln, der in seiner früheren Tätigkeit u.a. als Vorstandsvorsitzender der ERGO-Versicherungsgruppe viele Umstrukturierungsprozesse begleitet hat. Zweiter Referent war Jürgen Wulf, geschäftsführender Gesellschafter der hnw-Consulting GmbH. Er berät und begleitet seit mehr als 26 Jahren Versicherungsunternehmen bei der Anpassung der Geschäftsmodelle speziell im Bereich der Kompositversicherung, sowie bei Organisations- und Prozessentwicklungen und Erneuerung von Anwendungslandschaften.
Prof. Dr. Torsten Oletzky zeigte auf, vor welchen großen Herausforderungen Versicherungsunternehmen stehen. Es besteht Veränderungsdruck, die Versicherungswirtschaft muss sich erneuern, was vielen traditionsreichen Unternehmen schwerfällt. Ein großer Markt sogenannter InsurTechs versucht, diese Wandlung im Versicherungsmarkt zu nutzen. Die meisten der InsurTechs sind Dienstleister für Versicherungsunternehmen. Zudem gibt es mittlerweile auch einige neue digitale Versicherer am Markt, die direkt die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen können, ohne schwierige und langwierige Veränderungsprozesse durchlaufen zu müssen.
Im Moment sehen die etablierten Versicherer noch keine Gefahr durch die Digitalisierung. Prof. Dr. Oletzky zeigt sich aber überzeugt, dass es beim Wettbewerb um zukünftigen Kunden wichtig ist, die "Schlacht um die Kundenschnittstelle" nicht zu verlieren. Ein Schritt hierfür wäre, intelligente Kooperationen mit Startups aus dem InsurTech-Bereich einzugehen. Mit der richtigen Strategie können Versicherer und InsurTechs gemeinsam den erforderlichen Entwicklungsprozess beschleunigen.
Jürgen Wulf warb darum, mit dem Ansatz "Clever & Smart" das Geschäftsmodell der etablierten Versicherer tragfähig und effektiv in die nächste Dekade zu führen. Er hob hervor, dass die etablierten Unternehmen über viele Stärken in den bestehenden Geschäftsmodellen verfügen und zugleich brachliegende Potenziale nutzen könnten. Die Stärken müssten erkannt und die Potenziale gehoben werden, gleichzeitig müssen die Versicherer die erforderlichen Weichenstellungen vornehmen, um in einem digitalisierten Markt bestehen zu können. Dabei geht es um digitalen Vertrieb, digitale Produkte und digitale Interaktion und die Erweiterung der strategischen Ziele um Innovation und Nachhaltigkeit. Wichtig ist die Ausrichtung auf den Kunden, der heute nicht mehr nur den klassischen Vertrieb wünscht. Der neue Kunde ist hybrid - wünscht sich viele Kanäle und Kontaktpunkte, die Versicherungsunternehmen in ihre Systeme integrieren müssen. Die Zukunft fordert "strategische und operative Exzellenz" von den Unternehmen. Die Geschäftsmodelle der Versicherungsunternehmen müssen sich evolutionär weiterentwickeln, in dem sinnvolle, ertragreiche Ergänzungen des vorhandenen Angebots vorgenommen werden,
Auch wenn die Herangehensweisen der Referenten an das Thema durchaus unterschiedlich waren, kommen Herr Wulf und Prof. Dr. Oletzky zu einem ähnlichen Schluss: Die etablierten Versicherungsunternehmen sollten die Potenziale der InsurTechs nutzen, um die Aufgaben, die aus der Digitalisierung heraus entstehen, besser und schneller umzusetzen und die Erweiterung der Geschäftsmodelle voranzutreiben. Die Versicherungsunternehmen verfügen über Kunden und Daten, die InsurTechs verfügen über Ideen und technisches KnowHow.
Im Anschluss an die Vorträge standen die Referenten für die Diskussion mit den Teilnehmer*innen zur Verfügung, an der auch Prof. Dr. Peter Schimikowski regen Anteil hatte. Nach dem offiziellen Teil blieben einige Teilnehmer im Videokonferenzraum, um alte Kontakte zu pflegen und neue zu knüpfen.
Februar 2023