Symposium Künstliche Intelligenz in der Justiz
Am Montag den 2. Mai 2022 fand das hybride Symposium des Justizministeriums NRW und der Forschungsstelle für Medienrecht der TH Köln unter dem Titel „Künstliche Intelligenz in der Justiz – Impulse aus Nordrhein-Westfalen“ via Zoom und in Präsenz statt.
Die Zuhörer folgten der gemeinsamen Einladung des Justizministeriums NRW und der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht der TH und konnten sich ein Bild dazu machen, wo die Justiz im Mai 2022 beim Einsatz künstlicher Intelligent steht und welche zukünftigen Entwicklungen zu erwarten sind.
In ihren Impulsvorträgen betonten der Justizminister Biesenbach, Dr. Bernd Scheiff, Präsident des OLG Köln, Prof. Dr. Rolf Schwartmann, Leiter der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht an der Technischen Hochschule Köln, Axel Voss, MdEP, und Markus Hartmann, Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime (ZAC NRW), zunächst alle die Bedeutung des Einsatzes künstlicher Intelligenz in der heutigen Zeit. Das gelte, so Biesenbach, insb. seit auch Straftäter den digitalen Raum für sich entdeckt hätten. Es sei daher von enormer Bedeutung, dem Entstehen eines rechtfreien digitalen Raums vorzubeugen. Das ginge nur durch den Einsatz künstlicher Intelligenz. Denn die Masse an Daten, die gesichtet und bearbeitet werden müssten, um Straftaten im digitalen Raum aufzudecken, seien schlicht zu enorm, um dies hinreichend durch Menschenhand zu erledigen.
Das betonte auch Hartmann in seinem Vortrag. So brauche es, um des Handys eines Verdächtigten händisch auszuwerten, je nach Fall 1-2 Tage. Denselben Prozess erledige eine KI in 1-2 Stunden. Gerechtigkeit habe auch eine zeitliche Dimension. Erst der Einsatz von KI befähige die Strafjustiz in der heutigen Zeit ihren Auftrag, Straftaten im großen Umfang aufzuklären, auch zu erfüllen. Dasselbe gilt, das berichtete Dr. Bernd Scheiff, für das zivilgerichtliche Verfahren. Eine Digitalisierung der Gerichtsprozesse im Bagatellbereich oder der Abgabe von Dokumenten, würde bzw. wird eine enorme Arbeitserleichterung bringen und die Justiz so handlungsfähig halten.
Doch auch die Digitalisierung kenne Grenzen. Scheiff betonte, dass sich längst nicht alle juristischen Sachverhalte in standardisierten Formaten abbilden ließen. Ein Verfahren sei ein sozialer Prozess, in dem Rechtfrieden durch Gespräch hergestellt wird. Die Fragen, die sich nun auch ein Think-Tank zu den Zukunftsfeldern der Justiz stellt, lauten daher: Was ist möglich? Was ist rechtlich/ethisch zulässig? Was ist gewollt?
Der ethischen Frage widmete sich Rolf Schwartmann aus einer abstrakten Perspektive und grenzte die Möglichkeiten eines Menschen gegenüber einer KI ab. Der Mensch, so Rolf Schwartmann, behält die Freiheit das Richtige zu tun, auch wenn es der Regel nach das Falsche ist. Künstliche Intelligenz dürfe daher nie mehr als ein Hilfsmittel des Menschen sein. Der Mensch müsse immer die Möglichkeit zur Kontrolle und zur Intervention behalten.
Bei den rechtlichen Grenzen spielt nicht nur der Datenschutz, sondern auch die geplante KI-Verordnung der EU eine wesentliche Rolle. Hierzu berichtete Axel Voss. Er befürchte eine Überregulierung auf Kosten der Kreativität der Entwickler und damit der Möglichkeit Europas in den digitalen Märkten wettbewerbsfähig zu werden. Zurzeit gingen europäische Unternehmen teils nach Afrika, um dort ihre KI zu trainieren. Das könne nicht sein. Wir sollten uns daher gezielt fragen, vor welchen Risiken wir uns eigentlich schützen wollen und wie wir akzeptable Standards etablieren könnten.
Diese wie auch die übrigen aufgeworfenen Fragen diskutierten die Teilnehmer in der anschließenden Podiumsdiskussion unter Leitung von Dr. Martin Kessen, Richter am BGH. Abschließende Antworten konnten erwartungsgemäß keine gefunden werden, es konnten aber Impulse ausgetauscht und Grenzen festgesteckt werden. In jedem Fall sei es wichtig, das betonten alle Teilnehmer, jetzt zu handeln und den Prozess der Digitalisierung der Justiz aktiv zu gestalten.
Eine Aufzeichnung der Veranstaltung sind hier als Podcasts abrufbar: Podcast Teil 1 und Podcast Teil 2.
August 2023