»Othello & Desdemona« - eine bewegende Tragödie über Zeit und Verfall
Im Rahmen ihres Master-Projektes widmet sich Cora Lisbach der kinetischen Skulptur »Othello & Desdemona« (1990/91) von Eva Aeppli und Jean Tinguely mit dem Ziel, ein Konzept zur Erhaltung und Präsentation der textilen Figuren zu entwickeln. Das Projekt wird durch die Fondazione "Hic Terminus Haeret - Il Giardino di Daniel Spoerri“ unterstützt.
Studienprojekt auf einen Blick
Kategorie | Beschreibung |
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Projekt | Die kinetische Skulptur „Othello & Desdemona“ (1990/91) von Eva Aeppli und Jean Tinguely. Entwicklung eines Konzeptes zur Konservierung und Präsentation der textilen Figuren. |
Leitung | Prof. Dr. Gunnar Heydenreich |
Studienrichtungen | Gemälde, Skulptur, Moderne Kunst |
Textilien und Archäologische Fasern | |
Beteiligte | Cora Lisbach |
Projektpartner | HIC TERMINUS HAERET - Il Giardino di Daniel Spoerri, Seggiano/Italien |
Laufzeit | Bis Ende Januar 2022 |
Standort | CICS / TH-Köln |
Maße | Insgesamt 236 x 367 x 116 cm |
Impressionen vom Masterprojekt
Kopf der Textilfigur „Desdemona“. Die Blütenverzierung aus Metalldraht und Glasperlen wurden nachträglich hinzugefügt. (Zustand 2021) (Bild: TH Köln – Philip Lehmann)
Hand von „Desdemona“. Die Baumwollfüllung tritt durch die Fehlstellen im Seidengewebe hervor. (Zustand 2020) (Bild: TH – Köln Cora Lisbach)
Textiler Kopf „Othello“. An den Schläfen sind rosarote und rote Federn angebracht, die durch die mittlerweile versprödete, gelbliche Verklebung des über der Stirn verlaufenden Seils fixiert werden. Am Hals ist eine Metallstange sichtbar die im Inneren des Kopfes verläuft und diesen am Apparat fixieren lässt. (Zustand 2021) (Bild: TH - Köln Hanna Freres)
Was zerstörte Desdemona und Othello? Shakespeare würde diese Frage vermutlich mit Intrigen und Eifersucht beantworten. Cora Lisbach aber widmet sich dieser Fragestellung in ihrem Master-Projekt aus Sicht der Konservierungswissenschaft. Die kinetische Skulptur »Othello & Desdemona« entstand 1990/91 in Zusammenarbeit von Eva Aeppli und Jean Tinguely. Anlass der Kollaboration war der Wunsch beider, Aepplis Figuren „fliegen zu lassen“. Aeppli fertigte die Figur der Desdemona (Abb.1) und den Kopf von Othello (Abb. 4), die Tinguely an einer Maschine befestigte und in Bewegung versetzte (Abb.2).
Die Figuren sind aus Seidengewebeteilen über einer Baumwoll- bzw. Kapokfüllung vernäht. Desdemona trägt auf älteren Fotografien ein mittlerweile nurmehr fragmentarisch erhaltenes Gewand, das die überdimensional langen Gliedmaßen bedeckt. Darunter schauen die für Aeppli so charakteristischen, langgliedrigen Seidenhände hervor. Die schwarzen Mund- und Augenhöhlen beider Gesichter erwecken den Eindruck von Totenköpfen, an deren Schläfen blütenartiger Kopfschmuck und rote Federn angebracht sind.
Seit 1997 wird die kinetische Skulptur in einer ehemaligen Garage der Fondazione Il Giardino di Daniel Spoerri nahe Seggiano in Italien präsentiert. Ein motorisierter Antrieb versetzt die textilen Figuren in zappelnde Bewegung, lässt sie „lebendig werden“.
Gravierende Zustandsveränderungen führten dazu, dass die Maschine außer Betrieb genommen werden musste. Derzeitig befinden sich die Figuren am CICS in Köln. Ziel des Masterprojektes ist, den Zustand der textilen Figuren zu erfassen und ein Konzept zur langfristigen Erhaltung und künftigen Präsentation zu entwickeln. Dafür werden in einem ersten Schritt Materialien, Werkprozess und Objekthistorie unter Einsatz naturwissenschaftlicher und kunsthistorischer Methoden analysiert. Beide Textilfiguren weisen Auflagerungen, Verfärbungen und Fehlstellen im Seidengewebe auf (Abb. 1 & Abb. 3). Des Weiteren ist anhand von historischen Aufnahmen zu erkennen, dass Bestandteile der Kleidung der Figur „Desdemona“ in jüngerer Zeit ausgetauscht wurden.
In einem Interview mit Daniel Spoerri, einem nahen Freund von Aeppli und Tinguely konnten bereits neue Informationen zu künstlerischer Intention und Objekthistorie von »Othello & Desdemona« gewonnen werden (Abb. 5). Das Restaurierungskonzept wird unter Berücksichtigung des Decision-Making Model for Contemporary Art Conservation and Presentation entwickelt. Mögliche Methoden zu näh- und klebetechnischen Sicherungsmaßnahmen sollen zunächst an Probekörpern systematisch getestet werden, bevor eine Umsetzung an den Objekten in Form von Musterachsen erfolgt. Neben der Konservierung gehört auch die Entwicklung eines Konzeptes zur künftigen Präsentation der Figuren zu den Projektzielen sowie die eventuelle Rekonstruktion verschollener Bestandteile, die zur besseren Lesbarkeit der Objekte beitragen.
Mai 2021