Consortium for the Research of Artists‘ Materials Archives (CAMA)
Archive von Künstlerfarbenherstellern bewahren wichtige Quellen zur Materialität von Kunstwerken. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Netzwerk will die Zusammenarbeit zwischen Unternehmens- und Forschungspartnern fördern, um die Basis für eine multiperspektivische Erforschung der Geschichte der modernen europäischen Künstlerfarbenherstellung zu legen.
Forschungslücken und Projektgründung
Die moderne und zeitgenössische Malerei birgt aufgrund ihrer Materialität zahlreiche neue Herausforderungen hinsichtlich ihrer Erhaltung, Präsentation und Vermittlung. Entscheidende Leerstellen in der kunsttechnologischen und konservierungswissenschaftlichen Forschung waren bislang sowohl der eingeschränkte Zugang zu den Archiven der europäischen Künstlerfarbenhersteller als auch die Vernetzung zwischen den relevanten Forschungsdisziplinen. Im Jahr 2022 gründeten das Restaurierungszentrum Düsseldorf, die Technische Hochschule Köln, die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und der Cultural Heritage Agency of the Netherlands deshalb das Konsortium für die Erforschung von Archiven für Künstlermaterialien (CAMA) und zur Entwicklung multidisziplinärer Forschungsinitiativen und Forschungsstrategien. [1] Seit 2024 fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) das Projekt als wissenschaftliches Netzwerk (Projektnummer 537724692, Laufzeit 2024–2027).
In den Archiven der Künstlerfarbenhersteller liegen umfangreiche und entscheidende Informationen für die Erforschung europäischer Künstlerfarben verborgen. Dazu gehören u.a. Rezeptbücher, Rückstellproben von Produkten, Kataloge und Schriftverkehr mit KünstlerInnen. Sie sind ein wichtiger Schlüssel für das Verständnis der Materialität der modernen Malerei. Mehrheitlich unterlagen diese Archive bisher Firmengeheimnissen und standen der Forschung nur eingeschränkt zur Verfügung. Den Netzwerkpartnern ist es nun erstmals in der Geschichte der industriellen, europäischen Farbherstellung gelungen, die Basis für eine umfassende und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit insgesamt elf Künstlerfarbenherstellern zu legen, die seit ihrer Gründung im 18. bzw. 19. Jahrhundert zu den europäischen Marktführern gehören: die drei deutschen Firmen Schoenfeld / LUKAS (Düsseldorf, ab 2018 Bracknell (GB), gegr. 1829), Schmincke (Erkrath, gegr. 1881) und Pelikan (Hannover, gegr. 1838), die niederländische Firma Royal Talens (Apeldoorn, gegr. 1899), die zwei britischen Firmen Winsor & Newton (gegr. 1832 in London) und Roberson & Co. (1820–1985), die französische Fa. Lefranc & Bourgeois (gegr. 1720), die italienische Fa. Maimeri (gegr. 1923) , die belgische Fa. Jacques BLOCKX fils s.a. (gegr. 1865) und die beiden norwegischen Firmen Alf Bjercke und Blåfarveværket.
Ziele des Netzwerks
Das Netzwerk bündelt bereits vorhandene und neue Forschungsinitiativen und ermöglicht die Zusammenarbeit zwischen führenden kunsttechnologischen und konservierungswissenschaftlichen Forschungsinstitutionen, Archiven renommierter Künstlerfarbenhersteller, VertreterInnen der Archiv- und Informationswissenschaften sowie der Digital Humanities. Angestrebt ist weiterhin die Konzeptionierung einer archivübergreifenden Forschungsinfrastruktur und die Entwicklung einer gemeinsamen, multidisziplinären Forschungsstrategie, die es ermöglichen wird, die Geschichte der europäischen Künstlerfarbenherstellung aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven zu beleuchten. Weitere Forschungsimpulse werden aus den Disziplinen der Kunstgeschichte, der Wirtschafts-, Unternehmens- und Sozialgeschichte, der Wissenschafts- und Stoffgeschichte, der Technik- und Industriegeschichte und der Digital Humanities einfließen. Das Netzwerk verfolgt dabei sowohl einen Erkenntnis generierenden als auch einen anwendungsorientierten Ansatz, u.a. im Hinblick auf Datierungsfragen, die Fälschungs- und Provenienzforschung und die Entwicklung neuer Restaurierungsverfahren.
Netzwerkpartner
ABK Stuttgart, Prof. Dr. Wibke Neugebauer, Prof. Dr. Christoph Krekel
Centre de recherche des Musées de France, Paris, Nathalie Balcar, Dr. Elisabeth Ravaud
Doerner Institut der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München, Dr. Patrick Dietemann, Dr. Heike Stege
Fachhochschule Potsdam, Prof. Dr. Felix Schäfer, Prof. Dr. Karin Schwarz
Gesellschaft für Unternehmensgeschichte, Frankfurt, Dr. Kai Balazs-Bartesch
Hamilton Kerr Institute at the Fitzwilliam Museum, Prof. Dr. Erma Hermens, Dr. Sally Woodcock
H. Schmincke & Co. GmbH & Co. KG, Heiko Alzer
Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Kunstgeschichte, Prof. Dr. Matthias Krüger
Museum of Cultural History, University of Science, Oslo, Dr. Hartmut Kutzke
NOVA School of Science and Technology Lisbon, Dr. Vanessa Otero
Paris Lodron Universität Salzburg, Prof. Dr. Sebastian Haumann
Pelikan Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG, Dr. Detmar Schäfer, Wilfried Leuthold
Restaurierungszentrum Düsseldorf, Inken Maria Holubec
Royal Talens, Daphne van Mansom
Tate Modern London, Dr. Bronwyn Ormsby, Dr. Judith Lee
Technische Hochschule Köln, Cologne Institute of Conservation Sciences, Prof. Dr. Gunnar Heydenreich, Dr. Doris Oltrogge, Prof. Dr. Ester Ferreira, Sarah Critchley
The Cultural Heritage Agency of the Netherlands und University of Amsterdam, Prof. Dr. Klaas Jan van den Berg, Fahed Ibrahim, Dr. Rika Pause
The Norwegian Institute for Cultural Heritage Research, Barbro Wedvik
Universität Köln, Prof. Dr. Øyvind Eide
Université de Liège und Musées Royaux des Beaux-Arts Belgique, Prof. Dr. David Strivay, Dr. Catherine Defeyt
University of Pisa, Dr. Ilaria Bonaduce
Prof. Em. Dr. Leslie Carlyle
Dr. Wolfgang Müller (ehem. Laborleiter der Fa. Schmincke und LUKAS)
Ingo Sprenger (ehem. Laborleiter der Fa. LUKAS)
Das Netzwerk umfasst neben den aufgeführten ständigen Netzwerkpartnern auch NachwuchswissenschafterInnen (MA und PhD students).
Projektorganisation
Prof. Dr. Wibke Neugebauer, ABK Stuttgart
Prof. Dr. Gunnar Heydenreich, CICS, TH Köln
Inken Maria Holubec, RED Restaurierungszentrum Düsseldorf
Prof. Dr. Klaas Jan van den Berg, Cultural Heritage Agency of the Netherlands, University of Amsterdam
Netzwerktreffen
Geplant sind zwischen 2024–2027 insgesamt sechs Netzwerktreffen, u.a. in Düsseldorf, Köln und Cambridge. Die Ergebnisse werden projektbegleitend auf den Webseiten der Partner kommuniziert und voraussichtlich 2027 in einem öffentlichen Abschluss-Symposium an der ABK Stuttgart präsentiert.
LUKAS Archiv im Restaurierungszentrum Düsseldorf (RED), 13.–14. Juni 2024
Das Auftakttreffen fand am 13. und 14. Juni 2024 am Restaurierungszentrum Düsseldorf (RED) statt, wo seit 2018 das Firmenarchiv des traditionsreichen Künstlerfarbenherstellers LUKAS beheimatet ist. 33 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus acht europäischen Ländern tauschten sich über den Status quo in den beteiligten Archiven, die Vorarbeiten der einzelnen Netzwerkmitglieder und mögliche nächste Schritte bei der Erarbeitung einer Forschungsstrategie und einer dafür geeigneten Forschungsinfrastruktur aus.
Besonders bereichernd waren die Führungen durch das LUKAS-Archiv und die damit verknüpften Erfahrungen und Eindrücke aus der Praxis der Farbherstellung, die von ehemaligen und aktuellen Mitarbeitenden in die Diskussionen eingebracht wurden. Wir bedanken uns bei Direktorin Joanna Phillips und dem Team des Restaurierungszentrums – allen voran Inken Maria Holubec – für die ausgezeichnete Organisation!
Das nächste Netzwerktreffen ist im März 2025 an der TH Köln geplant.
Das Netzwerk ist offen für eine Erweiterung um weitere Firmenarchive europäischer Künstlerfarbenhersteller und ihre Forschungspartner.
Kontakt
Wibke.Neugebauer@abk-stuttgart.de
Gunnar.Heydenreich@th-koeln.de
[1] Schwaderlapp, Vanessa; Holubec, Inken M; Heydenreich, Gunnar: Unlocking histories: The Schoenfeld/LUKAS archive and its potential for art technological research. In: J. Bridgland, International Council of Museums (Hrsg.) Transcending Boundaries: Integrated Approaches to Conservation. ICOM-CC 19th Triennial Conference Preprints, Beijing, 17–21 May 2021. Paris (2021).
Van den Berg, Klaas Jan; Ferreira, Ester; Heydenreich, Gunnar; Holubec, Inken; Neugebauer, Wibke; Pause, Rika; Schwaderlapp, Vanessa; The Consortium for the Research of Artists’ Materials Archives (CAMA). In: J. Bridgland, International Council of Museums. Working Towards a Sustainable Past. ICOM-CC 20th Triennial Conference Preprints, Valencia, 18–22 September 2023. Paris (2023)
Bildergalerie
li.: Farbkasten mit Ölfarben, LUKAS - Dr. Fr. Schoenfeld & Co. Düsseldorf, 1962 -1980; o.: Rezept für Petroleumfarben, Großes Rezeptbuch, Dr. Fr. Schoenfeld & Co. Düsseldorf, 1881 – 1920; u.: Farbaufstriche aus dem Labor, LUKAS - Dr. Fr. Schoenfeld & Co. Düsseldorf, vor 1962 (RED / LUKAS-Archiv) (Bild: © LUKAS, © Fotos: RED Restaurierungszentrum Düsseldorf)
Rezept für Petroleumfarben, Großes Rezeptbuch, Dr. Fr. Schoenfeld & Co. Düsseldorf, 1881 – 1920 (RED / LUKAS-Archiv) (Bild: © LUKAS, © Foto: RED Restaurierungszentrum Düsseldorf)
Cover Produktkatalog, Dr. Fr. Schoenfeld & Co. Düsseldorf, 1903/04 (RED / LUKAS-Archiv) (Bild: © LUKAS © Foto: RED Restaurierungszentrum Düsseldorf)
Bindemittel, LUKAS - Dr. Fr. Schoenfeld & Co. Düsseldorf (RED / LUKAS-Archiv) (Bild: © LUKAS © Foto: RED Restaurierungszentrum Düsseldorf)
Flasche Ludwig´sche Petroleummalmittel (li.: in sichtbarem Licht, re.: unter UV-Licht), Dr. Fr. Schoenfeld & Co. Düsseldorf, 1890 - 1920 (RED / LUKAS-Archiv) (Bild: © LUKAS, © Foto: RED Restaurierungszentrum Düsseldorf)
Farbtuben, LUKAS - Dr. Fr. Schoenfeld & Co. Düsseldorf (RED / LUKAS-Archiv) (Bild: © LUKAS, © Foto: RED Restaurierungszentrum Düsseldorf)
Farbaufstriche mit Ölfarben aus dem Labor, LUKAS, 28.10.2010 (RED / LUKAS-Archiv) (Bild: © LUKAS, © Foto: RED Restaurierungszentrum Düsseldorf)