Restaurierung einer islamischen Handschrift
Das Zusammenfügen der Buchteile unter Berücksichtigung der europäischen Objektgeschichte
Studienprojekt auf einen Blick
Kategorie | Beschreibung |
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Projekt | BA-Thesis 2019: Restaurierung einer islamischen Handschrift |
Leitung | Prof. Dr. Andrea Pataki-Hundt |
Studienrichtung | Schriftgut, Grafik, Fotografie und Buchmalerei |
Beteiligte | Lilian Samland, B.A. |
Betreuung | 1. Betreuerin: Prof. Dr. Andrea Pataki-Hundt |
2. Betreuerin: Dr. Doris Oltrogge | |
Projektpartner | Max-Freiherr-von-Oppenheim-Stiftung, Köln |
Daniel Budke, M.A. | |
Laufzeit | 2019 |
Impressionen vom Studienprojekt
Der Einband vor der Restaurierung. Die beiden Deckel mit dem typisch islamischen Dekor liegen in drei Teilen vor. (Bild: TH Koeln - CICS - Lilian Samland)
Bei dem Objekt handelt es sich um einen handgeschriebenen Koran in arabischer Sprache, der vermutlich im 16. Jahrhundert im Iran angefertigt wurde. Das Erscheinungsbild des Ganzlederbandes, der der Studienrichtung von der Max-Freiherr-von-Oppenheim-Stiftung zur Restaurierung übergeben wurde, ist durch zahlreiche, europäisch beeinflusste Reparaturmaßnahmen des 19. und 20. Jahrhunderts geprägt.
Merkmale islamischer Handschriften
Islamische Handschriften weisen zahlreiche charakteristische Merkmale auf, wodurch sie sich von ihren europäischen Gegenstücken unterscheiden. Dazu gehören beispielsweise die linksläufige Schrift, die Art der Heftung, das Kapital, die fehlende Rundung des Rückens, die Verbindung zwischen Buchblock und Einband, die Einbandgestaltung und vieles mehr. Besonders auffällig ist die charakteristische, zweiteilige Vorderklappe, die in geschlossenem Zustand unter den Vorderdeckel gelegt wird (Abb. 2).
Die Maßnahmen
Das zuvor auseinandergenommene Objekt wurde unter kodikologischen und restauratorischen Gesichtspunkten untersucht. Bei den restauratorischen Maßnahmen stand das Zusammenfügen der getrennt vorliegenden Buchteile mit dem Ziel der Sicherung der geschädigten Materialien und der Wiederherstellung der Funktion des Einbandes im Vordergrund, um einen gefahrlosen Zugang zu Text- und Bildinformationen zu ermöglichen.
Bei der Entwicklung des Restaurierungskonzeptes mussten die islamisch geprägten Buchbindetechniken berücksichtigt werden. Gleichzeitig durften die zahlreichen Überarbeitungs- und Reparaturspuren, die Ausdruck der teilweise europäischen Objektgeschichte sind, nicht vernachlässigt werden. Diese Spuren zeigen sich beispielsweise an den zahlreichen Klebestreifen an Buchblock und Einband sowie der ungewöhnlichen Rundung des Rückens.
Die Kombination islamischer und europäischer Einbandtechnik stellte die besondere Schwierigkeit bei der Konzeptentwicklung dar. Die Wiederherstellung der ursprünglichen, islamischen Technik ohne Berücksichtigung der europäischen Objektgeschichte würde einen Originalcharakter vortäuschen, der nicht mehr existiert. Aus diesem Grund wurde eine neu entwickelte Hefttechnik angewandt, welche die Eigenschaften der islamischen Kettenstichheftung mit den Vorteilen europäischen Wechselstichheftung kombiniert. Die Hefttechnik ermöglichte eine leichte Rundung des Rückens wie sie vor dem Auseinandernehmen bestand und gleichzeitig eine stabile Verbindung der Lagen bei geringer Belastung des Papiers ohne die Verwendung von Bünden. Das Kapital wurde wieder am Buchblock angeheftet. Die Verbindung zwischen Buchblock und Einband wurde wie im islamischen Raum üblich über eine Papierhinterklebung mit Ansatzflügeln hergestellt, sie ist durch die Wahl des Materials aber deutlich als Ergänzung zu erkennen. Am Einband wurden lediglich mechanische Schäden, die zu weiterem Substanzverlust führen könnten, behandelt. Die Klappe wurde am Falz etwas verbreitert und so ihrer ursprünglichen Funktion zum Schutz des Buchblocks wieder zugeführt. Alle Restaurierungen sind deutlich als solche zu erkennen und fügen sich nach außen hin in das Aussehen eines islamischen Buches mit teilweise europäischer Objektgeschichte ein.
Literatur
Karin Scheper: The Technique of Islamic Bookbinding. Methods, Materials and Regional Varieties. (Islamic Manuscripts and Books, Bd. 8). Leiden 2015.
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Juni 2019