Konservierung von Regenmänteln aus gummiertem Gewebe und Weich-Polyvinylchlorid (PVC)
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Studienprojekt auf einen Blick
Kategorie | Beschreibung |
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Abschlussarbeit | Masterarbeit 2022: Polyvinylchlorid und Gummi in der Mode - Konservierung von Regenmänteln des 20. Jahrhunders aus gummiertem Gewebe und Weich-Polyvinylchlorid |
Studienrichtungen | Objekte aus Holz und Werkstoffen der Moderne |
Textilien und Archäologische Fasern | |
Masterstudentin | Deborah Heinrich |
Partner | Deutsches Kunststoff Museum |
Caroline Lerch, Textilrestauratorin am LVR-Industriemuseum Oberhausen
LVR-Industriemuseum Oberhausen |
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Betreuung | 1. Betreuerin: Prof. Dr. Friederike Waentig |
2. Betreuerin: Dr. Anne Sicken | |
Zeitraum | Wintersemester 2021/22 |
Objekte
Untersucht wurden insgesamt fünf Mäntel. Davon stellte das LVR-Industriemuseum zwei Mäntel aus gummiertem Gewebe und das Deutsche Kunststoff Museum drei Mäntel aus Weich-PVC-Folie zur Verfügung. Alle Mäntel wurden schnitt- und nähtechnisch untersucht. Die Kunststoffmaterialien wurden mittels FTIR-Spektroskopie und vorhandene Fasermaterialien mittels Durchlichtmikroskopie bestimmt.
Die gummierten Mäntel konnten jeweils einem Hersteller zugeordnet werden. Einer der beiden stammt von der auch für ihre Faltboote bekannten Firma Klepper und kann dank eines Herstellervermerks auf März 1955 datiert werden. Der zweite gummierte Mantel, dessen Gummierung verhärtet und versprödet ist, wurde von der Firma Eiselt hergestellt, welche lediglich über einen kurzen Zeitraum um die 1930er Jahre produzierte.
Von den PVC-Mänteln konnte lediglich einem der entsprechende Hersteller zugeordnet werden. Dieser Mantel, dessen Folie weißlich-transparent ist, stammt von der niederländischen Firma anuy® und wird um 2000 datiert.
Einer der beiden Mäntel ohne Herstellerzuordnung ist aus transparenter, der andere aus schwarzer Weich-PVC-Folie gefertigt. Der transparente Mantel in A-Linie hat einen Flachkragen mit kurzer Spitze, die Taille wird durch horizontale Nähte unter aufgesetzten Ziertaschen betont und die Weite der Ärmel ist in Manschetten zusammengerafft. Der Mantel ist zum Saum hin ausgestellt, wobei zusätzliche Weite durch eingefügte Schnittteile im Rock erreicht wird. Das Besondere an diesem Mantel sind die vollständig mit Seidenfäden genähten Nähte. Dieser Mantel wird aufgrund seiner Herstellungsweise und seines Schnittes in die späten 1940er bis 1950er Jahre datiert.
Der schwarze PVC-Mantel ist glänzend, hat einen spitz zulaufenden Flachkragen und einen Schultersattel, welcher runde Belüftungslöcher im Schulterbereich verdeckt. Abgesehen von diesen Details ist der Mantel schlicht gehalten und seine Taschen sind als Eingriffe ohne Taschenbeutel gearbeitet. Alle Nähte des Mantels sind geschweißt und/oder geklebt. Lediglich die Knopflöcher und Knöpfe sind genäht. Dieser Mantel wird nach seiner Herstellungsweise und seinem Schnitt in die 1960er bis frühen 1970er Jahre datiert.
Bildergalerie
Regenmantel aus gummiertem Gewebe von der Firma Klepper. Hergestellt im März 1955. Aus dem Bestand des LVR-Industriemuseums (Inventarnummer: rz 19/844). (Bild: TH Köln - CICS - Deborah Heinrich)
Regenmantel aus gummiertem Gewebe von der Firma Eiselt. Hergestellt in den 1930er Jahren. Die Gummierung ist verhärtet und spröde. Aus dem Bestand des LVR-Industriemuseums (Inventarnummer: rz 19/845). (Bild: TH Köln - CICS - Deborah Heinrich)
Regenmantel aus Weich-PVC-Folie von der Firma anuy®. Der Mantel wird um 2000 datiert und ist in einem neuwertigen Zustand. Aus dem Bestand des Deutschen Kunststoffmueseums e.V. (Inventarnummer: K-2016-00816). (Bild: TH Köln - CICS - Deborah Heinrich)
Regenmantel aus schwarzer Weich-PVC-Folie ohne Herstellerzuordnung, der in die 1960er bis in die frühen 1970er Jahre datiert wird. Der Mantel ist flächig verschmutzt. Aus dem Bestand des Deutschen Kunststoffmuseums e.V. (Inventarnummer: K-2015-00022). (Bild: TH Köln - CICS - Deborah Heinrich)
Detail des Schultersattels des schwarzen PVC-Mantels vor der Reinigung mit weißlichen Rückständen von Löschwasser und Rostflecken. (Inventarnummer: K-2015-00022). (Bild: TH Köln - CICS - Deborah Heinrich)
Detail des Schultersattels des schwarzen PVC-Mantels nach der Reinigung. Die weißlichen Rückstände konnten entfernt und die Rostflecken reduziert werden. Stellenweise haben die Löschwasserrückstände und anhaftender Schmutz bereits das PVC angegriffen und dessen Oberfläche verändert. (Inventarnummer: K-2015-00022). (Bild: TH Köln - CICS - Deborah Heinrich)
Regenmantel aus transparenter Weich-PVC-Folie ohne Herstellerzuordnung, der in die 1940er bis 50er Jahre datiert wird. Der Mantel ist flächig verschmutzt. Aus dem Bestand des Deutschen Kunststoffmuseums e.V. (Inventarnummer: K-2015-00021). (Bild: TH Köln - CICS - Deborah Heinrich)
Restaurierung
Der Schwerpunkt des Projekts lag auf der Reinigung der beiden PVC-Mäntel ohne Herstellerzuordnung. Die Objekte wurden bei einem Depotbrand 2016 mit Löschwasser verschmutzt, was zur vermehrten Anhaftung von weiterem Schmutz führte. Durch eine schonende Reinigung sollte der fest anhaftende Schmutz entfernt werden, da sich dieser negativ auf die Stabilität des Materials auswirken sowie Alterungsprozesse beschleunigen kann.
Weil die Forschung im Bereich der Kunststoffkonservierung noch vergleichsweise jung ist, ist es wichtig Methoden und ihre möglichen negativen Folgen gut zu recherchieren und ihre Anwendbarkeit auf die individuelle Fragestellung und das Objekt zu prüfen. In diesem Fall bedeutete dies, eine Reinigungsmethode zu entwickeln, welche den anhaftenden Schmutz bestehend aus aufgetrocknetem Kalk und Schmutzpartikeln entfernt, ohne kurz- oder langfristig die PVC-Oberfläche zu beschädigen. Schon kleine Kratzer in der Oberfläche können die Alterung beschleunigen, da sie reaktiver als umliegende Bereiche sind und somit Ausgangspunkte für Kettenspaltungen des Polymers bilden. Die Anwendung nasser Reinigungsmittel ist problematisch, da Moleküle in den Polymerverbund diffundieren und so zu chemischen und physikalischen Veränderungen durch Quellung des Kunststoffs führen können. Die geringe Materialstärke der Mäntel erhöht zusätzlich die Gefahr, die Folien durch eine ungeeignete Reinigungsmethode zu beschädigen.
Aufgrund dessen wurde eine Versuchsreihe entwickelt, in welcher verschiedene aus der Recherche und der Praxis bekannte trockene Reinigungsmaterialien und verschiedene nasse Reinigungsmittel zunächst separat und anschließend kombiniert an einer als Referenz herangezogenen, natürlich gealterten Weich-PVC-Folie getestet wurden. Durch verschiedene Messmethoden wurden die verwendeten Materialien bezüglich ihrer Auswirkungen auf die PVC-Folie verglichen. Über FTIR-Messungen wurde der Weichmacherverlust berechnet, Dickenmessungen wurden zum Nachweis möglicher Quellungen herangezogen und um Aussagen über Oberflächenveränderungen zu treffen wurden Glanzmessungen durchgeführt und Mikroskopaufnahmen der Oberfläche gemacht.
Die Versuche ergaben, dass Evolon®-Vlies in Verbindung mit einem 0,02 %igen Ansatz des Tensids Hostapon T das beste Ergebnis erzielten. Dabei ist zu beachten, dass das Vlies nur nebelfeucht sein darf, um möglichst wenig Rückstände des Nassreinigungsmittels auf der Oberfläche des PVCs zu erhalten. Das Nassreinigungsmittel dient zudem auch als Schmiermittel, wodurch das Trockenreinigungsmittel mit weniger Kraftaufwand über die Oberfläche gleiten kann und dessen kratzende Wirkung verringert sowie eine statische Aufladung der PVC-Oberfläche verhindert wird. Eine direkte Nachreinigung durch sanftes Tupfen mit einem trockenen Evolon®-Vlies ist notwendig, um Rückstände des Nassreinigungsmittels von der Oberfläche abzunehmen. Die mit Messungen begleitete probeweise Anwendung dieses Reinigungskonzeptes in einem kleinen randständigen Bereich der Mäntel zeigte gute Ergebnisse, so dass die Methode für beide Mäntel erfolgreich angewendet werden konnte.
Konservierung
Abschließend wurden Konzepte zur Aufbewahrung aller fünf Mäntel entwickelt, durch welche die fortschreitende Degradation der Kunststoffmaterialien möglichst stark gehemmt wird.
So sollen die gummierten Mäntel in transparenten Folien möglichst luftdicht verschlossen und separat in Schubladen liegend aufbewahrt werden. So ist eine gute Einsehbarkeit für das Monitoring der Sammlung gewährleistet während das Material vor den besonders schädigenden Einflüssen durch Sauerstoff und Licht geschützt ist. Die PVC-Mäntel sind dagegen hängend und mit möglichst wenig Berührungspunkten zu anderem Material (sowohl anderen Objekten als auch der Verpackung) aufzubewahren, so dass dem Anhaften und einer fleckigen Verfärbung der Folie durch austretenden Weichmacher entgegengewirkt wird.
Um für PVC schädliche Luftzirkulation und Lichtzufuhr zu verringen, sind sie in separaten Hussen aufzubewahren. Alle fünf Mäntel sind durch formgerechte Polsterungen zu unterstützen, um die dreidimensionale Form der Mäntel zu erhalten. Die präventive Konservierung durch eine dem Kunststoff angepasste geeignete Lagerung ist zentral zur Erhaltung von Kulturgut aus Kunststoff, denn aktive Maßnahmen zur Restaurierung moderner Materialien sind (noch) kaum erforscht.