„Schreiben auf Wachs im Alten Rom“.
Wachstafeln waren im Alten Rom gängige Beschreibmaterialien für den Alltag, aber auch für veränderliche Gesetzestexte. In einem Forschungsprojekt wurde erstmals mit technischen und chemischen Untersuchungen an ausgewählten Tafeln aus Pompeji und Herculaneum die Praxis der Herstellung von Wachstafeln und der Technik des Wachstafelschreibens systematisch erforscht.
Auf einen Blick
Kategorie | Beschreibung |
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Forschungsprojekt | Schreiben auf Wachs im Alten Rom |
Leitung | Prof. (em.) Dr. Robert Fuchs |
Fakultät | Fakultät für Kulturwissenschaften |
Institut |
CICS - Cologne Institute of Conservation Sciences Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft Mehr |
Beteiligte |
Prof. Dr. Michele Cammarosano, Università di Napoli ‘L’Orientale’ Prof. Dr. Ester Ferreira, CICS |
Projektpartner |
Università di Napoli ‘L’Orientale’ |
Fördermittelgeber | Gerda Henkel Stiftung Düsseldorf |
Wachstafeln wurden für mehr als drei Jahrtausende kontinuierlich in verschiedenen Kulturen und für eine Vielzahl von Schriftarten verwendet. Damit repräsentieren sie das am längsten genutzte Schreibmedium in der Geschichte der Menschheit. Das Erfolgsrezept der Wachstafel liegt darin, dass sie eine Schreibtechnik anbietet, welche einerseits die Verwendung von Tinte/Tusche erübrigt und andererseits erlaubt, den geschriebenen Text nach Belieben zu löschen, zu verändern und neu zu gestalten. Bei Wachstafeln wird dies dadurch erreicht, dass die Zeichen mittels eines Schreibgriffels (stylus) in eine bienenwachsbasierte Schicht eingeritzt (oder im Falle von Keilschrift eingedrückt) werden.
Auf dem antiken Landgut Cascone in Murecine bei Pompeji wurde 1959 im Schlamm des Sarnus-Flusses in einem verschütteten Haus zwei Weidenkörbe mit Wachstafeln gefunden. Vor allem der zweite Korb, der im Sommer 1959 geborgen wurde, enthielt sauber geordnete und gestapelte Wachstafeln, die wohl nach Pompeji geliefert werden sollten und durch den Vulkanausbruch 79 AD auf halbem Wege im Flusssand versank. Die Ausgräber berichteten, dass die Wachstafeln durch die Lage im feuchten Sand hervorragend erhalten seien. Relativ bald danach wurden Fotografien davon angefertigt, deren Negative noch im Archiv erhalten sind. Heute sind sie durch Austrocknung stark geschrumpft und die Wachsschicht ist abgeplatzt.
Andere Wachstafeln, die in Pompeji und Herculaneum gefunden wurden, sind durch den Vulkanausbruch völlig verkohlt. Die Wachsschicht ist teilweise verdampft und nur dort, wo sich vereinzelt sich durch den Druck des Stylus die Schrift in die Oberfläche der Holztafel eingedrückt hat, sind noch Reste der Beschriftung zu erkennen. An einigen wenigen Beispielen sind auch Schriftzüge in der noch vorhandenen Wachsschicht erhalten.
Im Oktober 2022 wurden innerhalb von zwei Wochen im insgesamt 46 Wachstafeln und Fragmente in Pompeji und im Archäologischen Museum von Neapel mit einem Videomikroskop vermessen. Zudem wurden 43 aus Knochen gefertigte Styli, die in Pompeji gefunden wurden, metrisch analysiert.
Im Labor des CICS werden winzige abgefallene Proben der Wachsschicht naturwissenschaftlich auf ihre Zusammensetzung hin untersucht.
Erste Ergebnisse zeigen, dass es in römischer Zeit eine industrielle Produktion standardisierter Wachstafeln gab, bei denen das Wachs nicht in die ausgehobene Vertiefung der Holztafel eingegossen wurde, sondern in Form einer vorgefertigten Wachsfolie aufgebracht wurden. Diese wurde links und rechts abgeschnitten und dann in die Vertiefung eingedrückt. Die erstmalige systematische Untersuchung zum Gebrauch von Styli und Tafeln erlaubte es auch, Haarnadeln und Spindeln von Styli eindeutig zu unterscheiden. Sie sind oft in ihrer Ausgestaltung und Form sehr ähnlich. Somit ist die Basis geschaffen für eine typologische Trennung dieser Artefakte.