Cologne Institute of Conservation Sciences

Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft

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Prof. Dr. Peter Kozub

Prof. Dr. Peter Kozub

Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft (CICS)

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Barockes Grabkreuz aus Schiefer - eine seltene Materialwahl

Seit 1994 befindet sich ein detailliert bearbeitetes barockes Schiefergrabkreuz in der TH Köln. Die Größe der Schieferplatte, ihre bildhauerische Bearbeitung und die erstmalige Verwendung von Schiefer als Material für Grabkreuze im Kölner Raum (17. Jh.) steigern den Seltenheitswert und schreiben dem Kreuz für die Geschichte Kölns einen hohen historischen Wert zu.

Das Projekt: Von der Erfassung bis hin zur Konzeptumsetzung

Entscheidend für die Entwicklung und Umsetzung eines an das Objekt angepasstes Restaurierungs- und Konservierungskonzeptes, war die zuvor erarbeitete Informationslage.
Zur Gewinnung dieser Informationen kamen verschiedene Methoden zum Einsatz. Diese umfassten eine Lietreatur- und Quellenrecherche, eine Erfassung des Be- und Zustandes, die Durchführung verschiedener Untersuchungen, das Anlegen und Auswerten von Probeflächen und die parallel dazu verlaufende schriftliche und fotografische Dokumentation.
Daraus konnten zum einen wichtige Informationen über den Standort, die Ikonografie, die Nutzung, Funktion und Werte des Objektes, sowie Informationen über die Objekt-, Restaurierungs- und Konservierungsgeschichte gewonnen werden.
Zum anderen erbrachten Untersuchungen grundlegende gesteinsbetreffende Ergebnisse (Entstehung, Zusammensetzung). Diese waren wichtig, um die petrographischen und chemischen Gefügeeigenschaften zu ermitteln und die Veränderungen der Gesteinseigenschaften bei verschiedenen Verwitterungsprozessen nachzuvollziehen zu können.
Durch die vertiefte Ausarbeitung von Informationen, konnte ein zielgerichtetes adäquates Konzept ethisch diskutiert, entwickelt und umgesetzt werden.

Verlaufsplan des Projektes

Eine 1994 begonnene Studienarbeit zu dem Schiefergrabkreuz wurde im September 2013 erneut aufgenommen, mit dem Ziel die historische Substanz zu sichern, sowie den wertereichen Bestand zu erhalten und in adäquater Form zu präsentieren.
Seither wurden im Laufe des Projektes folgende Methoden und Arbeitsschritte durchgeführt und sind für das Jahr 2016 vorgesehen.

2013 Beginnen der Dokumentation, Objektidentifikation, Erfassen der Konservierungs- und Restaurierungsgeschichte und Erfassen des Bestandes
2014 Erfassen des Zustandes und Entwickeln von Schadensursachenmodellen
2015 Anlegen von Probelflächen und Konzeptentwicklung
2016 Durchführen der Konservierung und Restaurierung und Präsentation, Abschließen der Dokumentation

Hintergrundinformationen: Zerstörung durch Vandalismus

Das Schiefergrabkreuz befand sich ehemals auf dem Friedhof am Krieler Dom in Köln Lindenthal und wurde 1994 von Frauke Hoffmann, einer Studentin des Cologne Institutes of Conservation Sciences, im Rahmen einer Semesterarbeit in die Technische Hochschule Köln am Ubierring 40, 50678 Köln geborgen, in welcher es sich seither befindet. Unter der Leitung von Herrn Senior Prof. H. Leisen und in Absprache mit dem Rheinischen Amt für Denkmalpflege, dem Pfarramt und dem damals amtierenden Stadtkonservator Ulrich Krings, erfolgte die Bergung, da das Kreuz mutwillig umgestoßen wurde und entzweibrach.1 Hoffmann behandelte das Schieferkreuz in ihrer Praxiszeit 1994/95. Seit dem Wintersemester 2013/14 wurden die Untersuchungen am Grabkreuz unter der Leitung von Herrn Professor P. Kozub und N. Underwood in Absprache mit Herrn Dr. J. Maus, Kirchenvorstand der Gemeinde Lindenthal, durch A. Hesse und R. Tehrani wieder aufgenommen.

Am 16. März 1945 wurde Würzburg und somit auch die Residenz durch einen Bombenangriff stark beschädigt. Während Wiederherstellungsmaßnahmen in den 80er Jahren erfolgte eine partielle Abnahme der Balustrade an der Nord- und Westfassade, welche durch Abgüsse ersetzt wurden. Nach einem Umdenken in dem Umgang mit historischer Substanz wurde das Maßnahmenkonzept überarbeitet, sodass nicht mehr nur der ästhetische Wert der dekorativen Form eine Rolle spielte, sondern auch der Wert der originalen Substanz. Nun sah man von einer Abnahme der Balustraden an der Süd- und Ostfassade ab. Die bereits abgenommenen Fragmente wurden in einem Depot der Fa. Pressbau in Oberhausen eingelagert. Im Zuge der Auflösung des Depots 1999 wurden sie in die Steinwerkstatt des Institutes für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft der FH Köln gebracht.
Ab dem Wintersemester 2013/14 befassten sich Studenten umfassend mit der Konservierung und Restaurierung der Fragmente als Praxisprojekt. Im Juli 2016 wurde das Gesamtprojekt vollendet.

Aufbau und Werktechnik

Es handelt sich um ein in Tonschiefer gehauenes Grabkreuz (H:135cm, B: 55cm, T: 7cm) mit verbreitertem Fußteil, welches ursprünglich ca. 45cm in den Boden eingegraben und vertikal auf Spalt aufgestellt war. Zu den Seiten laufen Vorder- und Rückseite beider Teile satteldachförmig zusammen. Ursprünglich diente diese Form zur Ableitung des Regenwassers. Sowohl an den Seitenflächen als auch auf der gesamten Rückseite beider Teile sind einfache Steinmetzbearbeitungsspuren zu sehen.
Dagegen ist die Vorderseite des Kreuzes aufwändiger gestaltet. Eine Sonne, vier viertelzylindrische Winkelstützen2 und eine Inschrift, zusammengesetzt aus Gedenkspruch und Namen der Verstorbenen,3 schmücken die glatte Vorderseite. Die vier Winkelstützen, Einfachvoluten4 in Form von stilisierten Lilien, sind laut FISCHER 1956 Zierformen, die „vom Beginn des 17. Jh.“ an Grabkreuzen auftauchen. Die Lilie ist ein Attribut Christi und kann als Symbol der Reinheit und Erlösung interpretiert werden. Zudem ist sie als Blume der Geburt aber auch als Todesblume „für die Auferstehung reiner Seelen“ zu verstehen.5
Die Sonne ist elipsenförmig ausgearbeitet (H:12cm, B:18cm) und wird aus 34 Punkten und über 40 noch sichtbaren wellig und gradlinig alternierenden Strahlen gebildet. Reste einer Inschrift in der Mitte der Sonne deuten auf ein früher dagewesenes Christusmonogramm hin, das den von Christus ausgehenden Glanz symbolisiert.
Die von einem Kerbstrichband gerahmte "fein gearbeitete, gotische und Antiqua-Elemente mischende Inschrift"6 erstreckt sich bis in den Querbalken des Kreuzes. Wie Recherchen ergaben wurde der Grabstein einst für die am 01. Mai1960 verstorbene Veronica Bart, geborene Storck aufgestellt.7 Heutzutage sind vier Zeilen noch zu erkennen und werden durch die in { } gesetzten Bereiche wie folgt interpretiert:

Ao 1690: 1 May ist in g{ott}
{ent}schlafe{n} die e{h}r und {tug}e{nd}
same f{rau} vronica {bart}
{gen}ant s{torck}

Tonschiefer als Werkstück

Das überwiegend grau-hellgrüne Grabkreuz besitzt an den intakten Bereichen eine glatte und dichten Oberfläche. Dagegen zeigt es in den verwitterten Bereichen sowie in den Bereichen des Ab- und Ausbruches eine aufgeschieferte Struktur. Die Paralleltextur des Gesteines wird Schieferung genannt. Gesteine mit einer schiefrigen Textur, sprich einer Plattenteilbarkeit von 2mm-1cm, als Schiefer bezeichnet werden.8 Dieses, für ein Schiefergestein typische Erscheinungsbild,9 verläuft parallel zur Inschriftseite des Kreuzes und ist mit bloßem Auge zu erkennen. An tieferen Schieferungsplatten ist das Gestein anthrazitfarben und gibt einen Eindruck der originalen unverwitterten Farbigkeit. Nach ersten optischen Untersuchung der petrographischen Eigenschaften mittels Rasterelektronenmikroskops (REM) könnte es um Schevenhüttener oder Fredeburger Tonschiefer handeln. Heutzutage wirkt das Schiefergestein ausgewaschen und hellgrau. Die optische Qualität des bruchfrischen Schiefergesteins ist längst verloren. Dem Zeigeschmack entsprechend, konnte im 17. Jahrhundert mit der dunklen glatten glänzenden Oberfläche10 ein besonders hochwertiges Material illusioniert werden.
Wie die Ergebnisse der Schadenserfassung zeigten, eignet sich das Schiefergestein nur bedingt für den Außenbereich. Durch die Genese ist die Spaltbarkeit des Schiefers bedingt. Anders als bei Sedimentgesteinen, ist Schiefer nicht abhängig von den Schichtflächen spaltbar, sondern nach den Schieferungsflächen die nach der Faltung eines Gebirges entstehen.11 Auf Spalt aufgestellt und der freien Bewitterung ausgesetzt, kommt es zu unwiderruflichen Schäden im Gestein. Durch den Wassereintrag quellen die Tonminerale und das Gefüge wird zunehmend instabiler. Der Abstand zwischen den Schieferplatten vergrößert sich und es kommt zur Ablösung einzelner Platten. Dies hat zur Folge, dass heutzutage große Bereiche der aufwändig gestalteten Oberfläche (Schriftbild und Ornamentik) fehlen und nur durch Mutmaßungen rekonstruiert werden könne.
Besonders in der bodennahen Zone wurde das Gestein von den Witterungseinflüssen (Bodenfeuchte, Regen und Spritzwasser) stark angegriffen. Durch mutwillige Einwirkung von außen (Vandalismus) brach das anfällige Gestein an dieser Stelle entzwei und erneut gingen Bereiche der originalen Oberfläche verloren.
Einen idealen Lebensraum für Pflanzen und Tiere stellte das feuchte Milieu zwischen den Schieferplatten dar. Durch Pflanzen, Wurzeln und Tiere wurde der Plattenabstand stetig vergrößert. In den aufgeschieferten Bereichen besonders an der Bruchstelle sind Erdreste, Wurzel- und Pflanzenwerk zu verzeichnen.

Konzeptumsetzung: Konservierung - Restaurierung - Präsentation

Konservierung
Es wurde eine leichte trockene Reinigung, zur Verbesserung der Lesbarkeit von Inschrift und Ornamentik, durchgeführt, bei der Flechten und Moose vom oberen Teil entfernt wurden. Um eine erfolgreiche Klebung zu gewährleisten, wurde der Plattenzwischenraum ebenso von Pflanzen, Wurzelwerk und Erdresten befreit. Um die losen Schieferbruchstücke zu sichern, und einen Zusammenhalt zwischen den aufgeschieferten Platten zu erhalten, wurden diese durch eine punktuelle Verklebung fixiert. Anschließend wurden die Schieferplattenzwischenräume hinterfüllt. Um die Bruchkanten der Schieferplatten zu sichern, wurden diese angeböscht. Somit konnte gleichzeitig das Erscheinungsbild durch die Reduzierung der Schattenfugen beruhigt werden. Eine Schlämmung der aufgewitterten Oberfläche war nicht notwendig, da die Präsentation des Kreuzes keine freie Bewitterung vorsah. Außerdem blieb so auch der Alterswert des Grabkreuzes erkennbar.

Restaurierung
Eine Hypothese des ehemaligen Bestandes wurde vermieden, da es keine Vorlage bzw. Vergleichsobjekte gibt. Somit blieben Fehlstellen im Schriftbild, in der Ornamentik und in der Form belassen. Ebenso blieb die Gesteinsoberfläche hingehend ihrer Verfärbung unbehandelt. Ein Erhalt der vermutlich ursprünglich glatten dunklen Oberfläche wäre möglicherweise nur durch eine erneute Oberflächenbearbeitung zu erzielen gewesen. Da die Wiederherstellung des ehemaligen ästhetischen Anspruchs den Verlust der Originalsubstanz bedeuteten würde und somit dem Anspruch der Konservierung widerspräche, wurde von einer Restaurierung in diesem Sinne abgesehen.

für 2016: Präsentation
Für die Ausstellung des Schiefergrabkreuzes Ende 2016 in der Technischen Hochschule Köln wurde eine Metallkonstruktion entworfen, die die Präsentation beider Teile in senkrechter Position ermöglicht. Mit diesem Präsentationsmodell ist es sowohl möglich den Auseinanderbruch als auch die Zugehörigkeit der beiden Teile darzustellen.
Hierzu wird das Kreuz in sechs Metallwinkeln an einer Wand eingehängt und von der Inschriftseite präsentiert. Die Winkel werden auf ihrer Innenseite mit einem polsternden Material ausgekleidet und in einem unauffälligen hellen Metall mit einer matten Oberfläche angefertigt. Idealerweise soll das Grabkreuz im Streiflicht von links in einem individuell gewählten Winkel beleuchtet werden. So ist die fragmentarisch erhaltene Inschrift am besten lesbar. Über eine Informationstafel wird der Betrachter über die Geschichte des Objektes, über die Verstorbene und den möglichen Gedenkspruch, sowie über die erfolgten Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen aufgeklärt.

Endnoten
1 Freundliche Mitteilung Frauke HOFFMANN 1995.
2 FISCHER 1956, S. 59.
3 FISCHER 1956, S. 99.
4 vgl. KOCH 2009, S. 491 „Schneckenförmige eingerolltes Bauglied. In Renaissance und Barock zur Vermittlung zwischen senkrechten und waagerechten Bauteilen angewandt.“.
5 KRETSCHMER 2008, S. 263 ff.
6 SCHOLZ 1993, S. 59.
7 BORISCH 2014, S. 86 f..
8 REINSCH 1991, S. 176 f..
9 REINSCH 1991, S. 176 f..
10 REINSCH 191, S. 177. Seine glänzende Oberfläche ist auf den hohen Gesteinsbestandteil der Glimmerminerale zurückzuführen.
11 REINSCH 1991, S. 176 f..

Literatur

BORISCH 2014 Borisch, Monika: Ortsfamilienbuch der Herrlichkeit Kriel (mit Deckstein und Lind). Die Familien bis circa 1800. Köln 2014.
FISCHER 1956 Fischer, Karlheinz: Die alten steinernen Grabkreuze im Kölner Raum. Eine Typenuntersuchung. Diss. Darmstadt 1956.
KOCH 2009 Koch, Wilfried: Baustilkunde. Das Standartwerk zur europäischen Baukunst von Antike bis zur
KRETSCHMER 2008 Kretschmer, Hildegard: Reclams Lexikon der Symbole und Attribute in der Kunst. Stuttgart 2008.
REINSCH 1991 Reinsch, Dietmar: Natursteinkunde. Eine Einführung für Bauingenieure, Architekten, Denkmalpfleger und Steinmetze. Stuttgart 1991.
SCHOLZ 1993 Scholz, Gertrud: Der Kirchenhof in Kriel. In: Colonia Romanica, Jahrbuch des Fördervereins Romanische Kirchen Köln e.V. Köln 1993. S. 55-64.
SIMPER 1990 Simper, Marek: Naturwerksteine aus Nordrhein-Westfalen. In: Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine der Bundesrepublik Deutschland. Hrg. Wolf-Dieter Grimm. München 1990. S.191-202.

April 2016

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